100 Jahre TBR
Turnerbund Rielingshausen – Längst wird nicht mehr nur geturnt
Marbacher Zeitung, Ingo Nicolay 30.01.2023
Mit Fliege, Charme und Melone erinnern die Protagonisten der Theatergruppe an die Gründung im Jahr 1923. Foto: Werner Kuhnle
Mit einer Auftaktveranstaltung bereitet sich der 100 Jahre junge Turnerbund Rielingshausen auf seine Jubiläumsfeier vor. Der Verein war bereits der zweite seiner Art. Die Altvorderen wollten sich mit der Gründung im Jahr 1923 von den kommunistisch infiltrierten Turnern abgrenzen.
Wir schreiben den 23. Januar 1923. Im Gasthof Rössle haben sich engagierte Rielingshäuser Bürger getroffen und wollen einen Verein zur Förderung der Leibesübungen gründen, kurz auch Turnverein genannt. Die Mitglieder der Theatergruppe spielten jetzt diese Gründungsveranstaltung so gut und überzeugend nach, dass man sich in einer Zeitreise an einen kalten Tag im Januar 1923 zurückversetzt fühlte. Und erst mit dem langen Applaus endete im Saal der ehemaligen Traditionsgaststätte Rössle die Illusion der Zuschauer, man wäre tatsächlich mit dabei gewesen.
Doch wie kam es zur Gründung eines weiteren Turnvereins in Rielingshausen? Man wolle nichts mit diesen kommunistischen Turnern zu tun haben, erläuterte Reinhard Giebel als Sprecher für die Theatergruppe die damaligen Hintergründe. Also musste flugs ein alternativer Turnverein ins Leben gerufen werden. Beachtlich, denn damals habe Rielingshausen zwar nur 750 Einwohner, doch dafür fünf Wirtschaften gehabt, liest Giebel weiter aus der Vereinschronik vor. Ein Vertreter aus Steinheim stand den Gründungsmitgliedern mit Rat und Tat zur Seite, und so konnte Rielingshausen auf den Erfahrungen des etwas zuvor gegründeten Clubs in Steinheim aufbauen. Die Gründungsurkunde scheint stark von den Familienmitgliedern der Familien Holzwarth und Wildermuth dominiert worden zu sein.
Finanzielle Sorgen zum Auftakt
Anfänglich erschwerten noch finanzielle Sorgen den Kauf von wichtigen Turngeräten für den Start mit den Leibesübungen. Doch eine erste Spendensammlung erbrachte 4305 Mark. Kurze Zeit später klingelten dann 25000 weitere Spenden-Märker in der Sammelkasse.
Beim damaligen Mitgliedsbeitrag stellte manch einer im Raum Parallelen zu unserer heutigen Inflation her. Kostete eine Mitgliedschaft im TBR im Februar 1923 noch 50 Mark, war es im Oktober schon der schier unvorstellbare Betrag von einer Milliarde Inflationsmark. Abgehalten hat das jedoch keinen, und die Mitgliederzahl wuchs in den folgenden Jahren und Jahrzehnten bis heute beständig. Und noch eine Parallele gab es zum Ende der damaligen Gründungsveranstaltung wie zur heutigen Feierstunde. Am Ende wurde wieder das Volkslied „Turner auf zum Streite, tretet in die Bahn, Kraft und Mut geleite uns zum Sieg hinan“ gesungen, fast so etwas wie die inoffizielle Nationalhymne der Turner.
Der Rest ist Geschichte und lebendige Gegenwart. Bei 675 Vereinsmitgliedern und rund 2600 Einwohnern ist heute fast jeder vierte Rielingshäuser dem Verein als Mitglied verbunden. Damit ist der TBR der größte Verein in Rielingshausen, und der zweitgrößte im Stadtgebiet Marbachs, betont man stolz. Längst wird nicht nur geturnt, sondern Hand- und Volleyball gespielt, gesungen, Theater aufgeführt oder sich in Karatekunst geübt. Selbst „Bauch-Beine-Po“, Zumba oder „Männer-Fit“ steht auf dem Programm. Und wer noch nicht Mitglied ist, kann Kurse buchen – und endet dann meist am Ende doch im Verein, weil Mitmachen und Gemeinschaft in einer Gruppe eben einfach so viel schöner ist.
Die ältesten Mitglieder sitzen ganz vorn
Und überhaupt vermittelt einem der TBR den Eindruck, es wäre wichtiger die Glut der Tradition in die Zukunft zu tragen, als tote, erstarrte Asche zu konservieren. Einmütig und harmonisch saßen die ältesten Mitglieder ganz vorne im Saal und lauschten dem jungen Trio des Vereinsvorstands.
Der frühere Ortsvorsteher Eberhard Ruoff gab dann nach den Grußworten vom heutigen TBR-Vorstand Marc Beerwart und dem amtierenden Ortsvorsteher Jens Knittel noch etwas tiefer Einblick in die Vereinsseele und plauderte aus dem Nähkästchen. Die Zuhörer im Rössle-Saal goutieren das mit kräftigen Lachern, wie beispielsweise sein damaliger Trainer nahezu vergeblich versucht habe, ihn zu einem Talent am Reck zu machen.
Und so ein starker Verein in einem so kleinen Ort bestimmt dann ja oft auch über die späteren Sportlerkarieren junger Menschen. Ein schon etwas ergrauter Vater erzählte am Rande der Veranstaltung, er hätte seine Kinder gern zum Fußball herangeführt. Doch durch das Angebot des TBR vor Ort seien sie eben Turner geworden, schilderte er ohne Wehmut und auf die sportliche Entwicklung seiner Kinder zurückblickend.
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Turnverein als Perfekte Männerwelt
Ludwigsburger Kreiszeitung, Frank Klein 30.01.2023
Wie vor hundert Jahren:
Die Gründung des TBR im „Rößle“
Exakt 100 Jahre nach der Gründung des Turnerbunds wurde am Samstag, den 28.01.2023, an gleicher Stelle und fast zur gleichen Stunde mit einer symbolischen Feier im Saal des ehemaligen Gasthauses „Rößle“ das Jubiläumsjahr des TBR eingeläutet. Ein stimmungsvoller Festakt, der seinen Höhepunkt im famos vorgetragenen Schauspiel der TBR-Theatergruppe erlebte. Ein wirklichkeitsnaher Zeitsprung in den Januar 1923. Die jetzigen Eigentümer des Anwesens in der Hauptstraße 48, Thalja und Uli Pickering, stellten dem Verein dankenswerterweise den heute noch existierenden ehemaligen „Rößle-Saal“ zur Verfügung. Schon aus Platzgründen kamen nur geladene Gäste in den Genuss der Festlichkeit, an der Spitze Bürgermeister Jan Trost und Ortsvorsteher Jens Knittel. Ehemalige erste Vorsitzende des TBR waren zugegen, Vertreter der sechs Abteilungen, Ehrenmitglieder, Zeitzeugen, Abgesandte des TV Marbach sowie die lokale Presse. TBR-Vorstand Marc Beerwart, stellvertretend für seine beiden Kollegen Klaus Weber und Simon Holzwarth, begrüßte die Mitglieder, Gäste und Gönner des Vereins sehr herzlich und eröffnete damit offiziell das Jubiläumsjahr zum hundertjährigen Bestehen des Vereins.
TBR-Vorstand Marc Beerwart begrüßt die Gäste zur historischen Stunde im Rößle-Saal
Ortsvorsteher Knittel lobte in seinem Gruß und Glückwunsch die prächtige Entwicklung des TBR zum größten Verein in Rielingshausen, dem zweitgrößten im Stadtgebiet, mit aktuell 675 Mitgliedern: „Ein nicht wegzudenkender Teil einer lebendigen Gemeinschaft im Ort.“ Auch er erinnerte sich an die obligatorischen Turnstunden im Verein. Ein jeder Schüler von Rielingshausen war irgendwann einmal beim Turnen, die meisten davon beim anwesenden „Guru“ aller TBR-Turnübungsleiter, Wolfgang Binder. Der Ortsvorsteher stellte aber sein turnerisches Engagement etwas zurückhaltend dar. Selbst der bald 85-jährige Binder habe ihn nicht bei der Reckstange halten können.
Ganz anders der ehemalige Ortsvorsteher von Rielingshausen, Eberhard Ruoff. Dieser blickte in einem humorvollen Vortrag auf eine inzwischen 70-jährige Mitgliedschaft im Verein zurück. Er war beim Turnen (auch am Reck), beim Handball und in der Leichtathletik aktiv. Seine „sportlichen“ Anekdoten haben Bezug sowohl zum „Rößle“ als auch zur anderen historischen Stätte des TBR, der Kelter. Er erzählte, dass am Ende jeder Weihnachts- oder Jahresfeier im „Rößle-Saal“ eine Turnpyramide der Jugendlichen obligatorisch war. Dabei durfte er zumeist als „linker Außenpfosten“ fungieren. Besonders lehrreich waren die Übungsabende beim Handball in der Kelter. Der Stützpfosten in der Mitte des Gebäudes stand beim Spiel nicht selten als unbequemer Trainingspartner im Weg. Manch einer holte sich eine Platzwunde am Kopf.
Die ältesten TBR-Ehrenmitglieder in der ersten Reihe
Und dann begann die Zeitreise 100 Jahre zurück. Das vom leider verstorbenen Rainer Holzwarth vorhandene Theatermanuskript über die Gründungsversammlung von damals wurde von der Theatergruppe unter der Leitung von Reinhardt Giebel bestens ergänzt und verfeinert. Mit Fliege, Weste, Hosenträger, Charme und Zylinder wurde das staunende Publikum in das „Rößle“ von vor hundert Jahren versetzt. Prickelnd weinselige Dialoge führten bei den Burschen aus Rielingshausen zur Erkenntnis, doch einen Verein für Leibesübungen zu gründen. Befreundete Turnkameraden vom TV Steinheim standen Pate bei der Gründung. Sie erläuterten vielversprechend Sinn und Zweck einer Turngemeinschaft in Rielingshausen. Bei der schwierigen Beschaffung von notwendigen Turngeräten – auch finanziell – hatte der Steinheimer „Geburtshelfer“ Eugen Storz gleich einen praxisnahen Umsetzungsvorschlag parat. Hier sein wortgetreuer Ratschlag: „Liebe Anwäsende, von meira Seide aus koh I Eich no dr Tipp gäbba, dass mr am Ofang ohne groaße finanzielle Uffwendonga Turngeräte au erschdmol selber macha koh. Mir zom Beischbiel hen onsern erschda Barra selber bäschdeld. Mir hen zwoi alde Wengertpfoschda uff en Gaulsohänger g´nagld. Des hot´s fir dr Ofang au dau.“
Die TBR-Gründungsväter im „Rößle“ – die Theatergruppe des TBR spielte täuschend echt
Genauso könnte es gewesen sein, als am 28.01.1923 um 16.30 Uhr feststand, dass 23 Männer und weitere sechs Zöglinge (Jugendliche) sich sofort als Vereinsmitglied eintrugen und erste Wahlen abhielten. Nicht von ungefähr kam, dass im fünfköpfigen Vorstand vier mit Namen Wildermuth Verantwortung im Verein übernahmen: Erwin Wildermuth (1. Vorsitzender), Gustav Wildermuth (2. Vorsitzender), Willi Wildermuth (Kassier) und Friedrich Wildermuth (Schriftführer). Nur der Turnwart hieß anders, nämlich Hermann Schäfer. Zum Abschluss der Veranstaltung stimmten die Vereinsgründer die Hymne der Turner an: „Turner auf zum Streite, tretet in die Bahn!“, die Gäste sangen lautstark mit und endeten im vierten Vers mit der Erkenntnis: „Großes Werk gedeiht nur durch Einigkeit“. – An Symbolik kaum zu überbieten.
Das war aber noch nicht genug. Vom „Rößle“ marschierten die Festgäste direkt in die historische Kelter, wo um 19.23 Uhr der TBR-Vorstand zu einem gemütlichen Beisammensein mit allen Mitgliedern, Freunden und Gönnern eingeladen hatte. Bei frischen Temperaturen, ähnlich wie vor 100 Jahren, erwärmtem sich die Besucher an Glühwein, Punsch und anderen geistigen Getränken und/oder einer heißen Erbsensuppe. Vor allem erfreuten viele Gespräche untereinander über gemeinsam erlebte Jahrzehnte im Verein.
Eine Vielzahl von Bildern, von Uli Lauterwasser (genannt Schemel) sorgfältig ausgewählt und beschriftet, regten zur Kommunikation sowie zum Nachdenken und Erinnern an. Die Turnabteilung zeigte unzählige Wimpel verschiedener Turnfeste, die von deren Besuchen zeugte. Und natürlich durfte die im Jahre 1953 geweihte stattliche Vereinsfahne an solch einem Ehrentag nicht fehlen.
Für die große Schar der Gäste, die am späten Nachmittag der „Vereinsgründung“ nicht beiwohnen konnte, wurde die aufgezeichnete Vorführung in der Kelter an die Leinwand projiziert. Für diesen geschichtsträchtigen Akt holten sich die „Gründungsväter“ nochmals höchstes Lob von allen Anwesenden ab. Das galt sowohl für das Original im Jahre 1923 als auch für die Nachahmung im Jahre 2023.
Premiere hatte an diesem Abend zudem der eigens aufgelegte Jubiläums-Cuvée
1923 aus der Felsengartenkellerei Besigheim. Ein trockener Rotwein „Noir et Noir“, ein kräftiger vollmundiger Tropfen für das ganze Jahr. Ein formidabler Genuss, weil vollendet gereift – so wie der Turnerbund Rielingshausen. Immer eine Versuchung wert.
Es war ein perfekter Jubiläumsauftakt, der mit dem gemeinsam gesungenen Turnerlied ausklang. Vorstand Klaus Weber war angesichts dieser Sangesfreude seiner
Mitglieder letztlich der Auffassung: „Ab der nächsten Generalversammlung wird am Schluss wieder gesungen!“ Das wäre der Freitag, 28. April 2023. Bis dahin und darüber hinaus bleibt der TBR in allerbester Jubiläums-Stimmung.
Text: mf
Bilder: Klaus Jost
Die Fortsetzungsgeschichte zum 
100-jährigen Jubiläum des TBR (2)
heute: die Jahre 1924 bis 1929
Die Geschichte der Turnbewegung inbegriffen –
frisch, fromm, fröhlich, frei!
Auch Turnvater Jahn (1778 – 1852) hat den Wahlspruch vermutlich abgekupfert, ähnliche Sprüche gab es bereits im 16. Jahrhundert. Trotzdem traf er den Zeitgeist der damaligen Turnerbewegung auf den Punkt. Die vier „f“ wurden zum sittlichen und moralischen Leitspruch der Turner. Genau in diesem Geiste konnte sich ein Turnerbund in Rielingshausen formieren und entwickeln. Die Gründungsväter standen allesamt dafür ein, das war ihre Verpflichtung.
Am 26.01.1924 war in der „Krone“ die erste ordentliche Generalversammlung nach der Gründung des Vereins. Die Neuwahlen brachten gleich eine Veränderung im Vorstandsgremium, einen Tausch der beiden Vorsitzenden. Gustav Wildermuth übernahm die Vereinsleitung, der bisherige 1. Vorsitzende Erwin Wildermuth wurde Stellvertreter. Der Monatsbeitrag für Mitglieder wurde wenige Monate nach der Geldentwertung auf 20 Pfennige für Erwachsene und 10 Pfennige für die Jugend neu festgesetzt.
Im Herbst 1924 stellte der konkurrierende Arbeiterturnverein beim TBR den Antrag, gemeinsam die Kelter zur Turnhalle auszubauen und zeitnah die beiden Vereine zusammenzuschließen. In einer außerordentlichen Versammlung des TBR am 12.11.1924 in der Kelter (da muss es ordentlich kalt gewesen sein) wurden die beiden Anträge des Arbeiterturnvereins diskutiert und danach einstimmig abgelehnt. Die zweistündige Diskussion führte zu dem Ergebnis, dass ein Bauvorhaben „Turnhalle“ nicht in Frage kommt, solange die beiden Vereine getrennt sind. Die vorgeschlagene Fusion unter der Federführung der „Arbeiter“ sei unvorstellbar. Der TBR hätte nach Willen des Arbeiterturnvereins geschlossen übertreten sollen.
Nicht nur an Sportstätten fehlte es, nur der Keltervorplatz stand zur Verfügung, sondern auch an Turngeräten. Ein finanzieller Kraftakt für den Verein war 1925 die Anschaffung eines Turnpferdes zum Preis von 250 RM. Letztlich wurde es in Winnenden bei der heute noch renommierten Turngerätefabrik Gotthilf Benz gekauft.
Am 13.03.1926 war die Geburtsstunde der TBR-Vereinsfarben. Im Gasthaus „Lamm“ wurde von der einberufenen Versammlung der Beschluss gefasst, eine Vereinstafel anzufertigen. In dem Wappen waren die Farben weiß und blau einzusetzen, ferner sollte die Jahreszahl „1923“ und der Name „Turnerbund Rielingshausen“ in goldener Farbe auf die Vereinstafel aufgetragen werden (so die Formulierung im Protokoll von damals). Der TBR bewegte sich ab diesem Zeitpunkt in weiß und blau, ein deutlich sichtbares Erkennungsmerkmal.
Die Aktivitäten der Turner nahmen stetig zu. Die erfolgreiche Ausbildung junger talentierter Turner durch den damaligen Jugendturnwart Hermann Schäfer zeigte bei Gauturnfesten und Gerätewettkämpfen erste Früchte. Urkunden und Pokale der TBR-Vereinsriege bei den Gauturnfesten in Ilsfeld und Affalterbach oder beim Sportfest in Erdmannhausen bewiesen die erfreuliche Entwicklung als feste Größe im Murr-Turngau. Daneben gab es auch Gelegenheit, sich in Leichtathletik-Disziplinen wie Wald- oder Mittelstreckenläufen zu versuchen. Alles wohlgemerkt ohne besondere Trainingsmöglichkeiten, regelmäßige Turnübungsstunden fanden fast ausschließlich rund um die Kelter statt. Wer sich waschen wollte, musste sein Wasser mitbringen.
Erfolgreiche Elfer-Riege des TBR beim Gauturnfest in Affalterbach (1928)
1928: Fünf Jahre Turnerbund Rielingshausen – das erste Jubiläum
Der Turnerbund feierte nach nicht einfachen Gründerjahren zu Recht im Zeitalter der „Goldenen Zwanziger“ sein erstes Jubiläum. Die Weimarer Republik schien sich in 1928 konsolidiert zu haben, und die Jahre davor waren durch wirtschaftlichen Aufschwung sowie gesellschafts- und sozialpolitische Fortschritte gekennzeichnet. Produktion, Konsum und Volkseinkommen nahmen in den Jahren stetig zu. Die innenpolitische Lage zeigte sich stabilisiert, während Kunst und Kultur eine Blütezeit erlebten. Berlin feierte ausgelassen das Ende der zwanziger Jahre, Rielingshausen erlebte das erste Jubiläum des TBR mit der Ausrichtung des Gaujugendtages – eine große Ehre und Anerkennung für den Verein und erfolgreich obendrein.
Auf der Einladung zu dieser Veranstaltung ist die üppige Festordnung gut erkennbar, es wurde viel Sport betrieben und noch mehr gefeiert. Alle Programmpunkte liefen reibungslos auf dem Kelter-Areal ab, einen Sportplatz gab es ja noch keinen. Und Rielingshausen wollte Berlin nicht nachstehen. Berlin, eine Millionenmetropole im Rausch und Wahn der Zwanziger, tanzte überbordend, übertrieb maßlos, teilweise in illegalen Nachtclubs. Rielingshausen, ein Dorf mit damals gut 700 Einwohnern, tobte und tanzte auch, völlig legal rund um die Dorfkelter und hielt in den Protokollen für die Nachwelt fest, dass am Jubiläumtag, dem 26.08.1928, zirka 1.500 Liter Bier getrunken wurden. Das klingt wie große weite Welt in Feierlaune: Wir erinnern uns – es war ein Jugendturntag.
Der Vereinsausschuss beschließt in seiner Sitzung vom 04.05.1929 in der „Krone“, beim letzten Punkt der Tagesordnung kurz vor Mitternacht, eine „Spieleabteilung“ einzuführen, und zwar im Handball. Ein neues sportliches Zeitalter beim TBR begann.
Über die Geschichte des Handballsports in Rielingshausen wird zu einem späteren Zeitpunkt separat berichtet.
Text: mf
Die Fortsetzungsgeschichte zum
100-jährigen Jubiläum des TBR (3)
heute: die Jahre 1929 bis 1938
Der Radfahrerverein Frisch Auf nannte sich nach dem Ersten Weltkrieg Arbeiter-Radfahrerverein Solidarität und feierte am 30.06.1929 die feierliche Weihe des neu angeschafften Banners. Sämtliche Radsportvereine aus der Umgebung beteiligten sich am Fest samt Umzug. Auch der TBR war fast mit der gesamten aktiven Turnerriege, inklusive Zöglinge und Schüler, zahlreich vertreten.
Der TBR bei der Bannerweihe des Arbeiter-Radfahrervereins Solidarität (1929)
Beendet wurden die „Goldenen Zwanziger“ dann abrupt von der Weltwirtschaftskrise im Oktober 1929, ausgehend vom Börsencrash am „Schwarzen Donnerstag“ der Wallstreet in New York. In der schon zuvor stark gebeutelten Republik brachen wieder soziale Spannungen auf. Nicht nur das Geld der „kleinen“ Leute war futsch. Demokratische Kräfte verloren zunehmend an Einfluss. Das Resultat war eine politische Radikalisierung und der Aufstieg des Nationalsozialismus. Das Dritte Reich bahnte sich an. Nichtsdestotrotz, es begann nicht nur für die Vereine im Ort eine schwierige Zeit.
Nach sechsjähriger Amtszeit kandierte der seitherige 1. Vorsitzende des TBR, Gustav Wildermuth, nicht mehr. An seiner Stelle wurde in der Generalversammlung am 08.02.1930 Eugen Wildermuth gewählt. Er wahrte damit zum dritten Mal nach der Vereinsgründung die inoffizielle Regel, dass nur Personen mit dem Nachnamen Wildermuth zum 1. Vorsitzenden gewählt werden können.
Die beiden rivalisierenden Turnvereine in Rielingshausen (Turnerbund und Arbeiterturnverein) bewegten sich jahrelang nebeneinander. An Sportstätten standen beiden gemeinsam nur der Keltervorplatz der nicht ausgebauten Kelter und ab 1931 der Sportplatz am Hardtwald je zur Hälfte zur Verfügung. Genau um diese Zeit erfolgte der Zusammenschluss der beiden Arbeitersportvereine im Ort. Der Turnverein und der Radsportverein fusionierten zum Sportverein Rielingshausen. Im Grunde eine mächtige Konkurrenz zum TBR, die aber nicht lange andauerte.
Die Wahlen im Deutschen Reich im Jahre 1932 brachten der nationalsozialistischen Bewegung starke Gewinne. Reichspräsident Hindenburg betraute am 20.01.1933 den Führer der Nationalsozialisten (NS), Adolf Hitler, mit der Regierungsbildung. Mit der Machtübernahme durch Hitler im gleichen Jahr als neuen Reichskanzler nahm das Unheil seinen geschichtlichen Anfang und seinen Lauf, was zur damaligen Zeit viele Menschen völlig anders wahrgenommen und bewertet haben.
Mit der Machtergreifung der NS und der sogenannten „Gleichschaltung“ aller Vereine, wurden die Arbeitervereine im Grundsatz verboten, deren Sportstätten sowie ihr Vereinsvermögen eingezogen und die Vereinsbanner vernichtet. Das traf auch den neuen Sportverein Rielingshausen. Kurz vor einer drohenden Beschlagnahme übernahm der TBR vom Sportverein das Turngerät aus der Kelter für 23,60 Mark und ein Tor auf dem Sportplatz zum Preis von 54 Mark. Einzelne Sportverein-Mitglieder baten um Übernahme in den TBR. Dieser politische Einschnitt bedeutete das Ende der organisierten Arbeitersportbewegung insgesamt in Deutschland. Auch nach dem Krieg ist sie nicht wieder neu auferstanden.
1933: Zehn Jahre TBR – der Verein begeht das Bestehen bescheiden still
Inzwischen bestand der TBR stolze zehn Jahre. Eine richtige Jubelfeier fand aber nicht statt, der Verein würdigte das Bestehen im Rahmen seiner schon traditionellen Jahresfeiern. Den meisten Aufwand betrieb der Turnerbund mit der Teilnahme-vorbereitung für das 15. Deutsche Turnfest in Stuttgart, welches vom 21. – 31.07.1933 ausgetragen wurde. Die Nationalsozialisten nutzten das Turnfest zu einer ihrer ersten propagandistischen Massenveranstaltungen nach der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler. So wurde unter anderem das lange vor 1933 geplante Neckarstadion (heute Mercedes-Benz-Arena) kurzum als „Adolf-Hitler-Kampfbahn“ offiziell eröffnet. Hundertausende waren in Stuttgart erschienen, ungefähr 120.000 aktive Turner bei insgesamt 600.000 Besuchern. Adolf Hitler weihte seine „Kampfbahn“ selbst ein.
Die TBR-Vereinsriege für das Deutsche Turnfest in Stuttgart (1933)
Vereinsmitglieder des TBR nahmen an dieser Veranstaltung in großer Abordnung teil, sowohl beim Festzug als auch an den Freiübungen auf der großen Festwiese. Ein Veranstaltungshöhepunkt für die TBRler war der Besuch des Endspiels um die deutsche Handballmeisterschaft im Großfeld zwischen der ATG Gera und der SV 1845 Esslingen. Das letzte Handball-Endspiel, welches in der Verantwortung der Deutschen Turnerschaft ausgetragen wurde, bevor diese Organisation kurz danach aufgelöst war. Gera gewann in einem spannenden Spiel knapp mit 4:3 Toren.
Der TBR bestand in der NS-Zeit weiter aber nur unter Beachtung der nationalsozialistischen Richtlinien, die der damalige Reichsführer für Sport, Hans von Tschammer und Osten, herausgab. Alle bestehenden Sportvereine unterlagen ab dem Jahre 1933 einer strengen staatlichen Aufsicht. Nur wer sich diesem Diktat unterordnete, konnte als Verein existieren. Der Turnerbund wollte weiterleben und befolgte die Regularien. In der Generalversammlung am 14.04.1934 wurde dementsprechend eine reichseinheitliche Satzung angenommen.
In der gleichen Versammlung im April 1934 stellte der seitherige 1. Vorsitzende Eugen Wildermuth nach vier Jahren sein Amt zur Verfügung. Das Interesse zur Neubesetzung des Vorstandspostens war gering, letztlich konnte der erst 27-jährige Gotthilf Trefz zur Geschäftsführung überredet werden. Vielleicht wusste er da schon, dass ihn sein Weg bereits acht Monate später weg von Rielingshausen führte. Wiederum war die Leitung des Vereins unerwartet vakant. Im Dezember 1934 trafen die TBR-Verantwortlichen eine zweckmäßige Wahl. Sie konnten den Besitzer des Vereinslokals „Krone“, Eugen Reinhold, als neuen Vereinsführer (so musste es fortan offiziell heißen) gewinnen. Vereinsführer Reinhold schwang das Zepter fast fünf Jahre lang bis Ende 1938. Über besondere sportliche Erfolge berichten die Protokolle für diese Zeit wenig. Oberturnwart Schäfer stellte ernüchtert fest, dass der Verein sich in letzter Zeit, sowohl daheim als auch auswärts, im Turngau wenig gezeigt habe. Kein Wunder, dass er für das anstehende 15-jährige Jubiläum des Vereins eine groß angelegte Werbeveranstaltung auf dem Sportplatz in Rielingshausen plante und akribisch vorbereitete.
Fortsetzung der TBR-Geschichte folgt.
Text: mf
Die Fortsetzungsgeschichte zum
100-jährigen Jubiläum des TBR (4)
heute: die Jahre 1938 bis 1948
1938: 15 Jahre TBR – ein Werbeturnen tut not
Das Fazit dieser einzigen Veranstaltung im Jubiläumsjahr (am 23.07.1938) fiel durchweg erfreulich aus. Die Besucher waren begeistert von den vielfältigen Darbietungen, die gesamte Palette turnerischer Möglichkeiten wurde präsentiert. Ganz bewusst wurde die Veranstaltung nicht als Wertungsturnen ausgeschrieben. 75 Turner und Turnerinnen zeigten „spielerisch“ ihr Können. Bleibende Erinnerung dabei war, dass doch tatsächlich Mädels beim „Werbeturnen“ dabei waren, obwohl erst nach dem Zweiten Weltkrieg offiziell eine Damenriege im Verein gegründet wurde. Allerdings hatten schon Anfang des Jahres zum ersten Mal Turnerinnen an einer Generalversammlung teilgenommen. Vermutlich waren die Damen ab diesem Zeitpunkt inoffiziell im Verein und in der Turngymnastik geduldet, obwohl sie wenig in Erscheinung getreten sind. Jedenfalls war der Oberturnwart mit dem Auftritt und den Ergebnissen im 16. turnerischen Arbeitsjahr des TBR mehr als zufrieden. „Das Jahr wird allen in schöner Erinnerung bleiben“ (so sein Tätigkeitsbericht).
75 Turner und Turnerinnen auf dem Sportplatz vor dem Eisenbahner (1938)
Am 01.01.1939 war wieder ein neuer Vereinsführer zu bestimmen. Die Wahl fiel auf das TBR-Gründungsmitglied Rudolf Maier. Exakt an seinem 33. Geburtstag übernahm er die Verantwortung für den Verein. Es sollte eine lange gemeinsame Zeitreise werden, geprägt vom Leitspruch des Turnvaters Jahn. Vorher aber musste die NSDAP die Berufung noch bestätigen, was auch geschah.
Die Teilnahmen an den Gauturnfesten waren üblich und quasi Pflichtprogramme. So auch im Jahre 1939, welches vom 18. bis 20.08. in Ludwigsburg stattfand. Zehn Tage später, am 01.01.1939, entfesselte Adolf Hitler den Zweiten Weltkrieg in Europa mit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg des nationalsozialistischen Deutschen Reiches gegen Polen (den sogenannten „Polenfeldzug“).
Zwangsläufig mit Auswirkungen auf fast alle Vereine, auch den TBR. Ein Stellungsbefehl folgte dem anderen, die Reihen der Aktiven und Passiven lichteten sich erschreckend. Zunehmend musste der Sportbetrieb reduziert werden, doch zum völligen Erliegen kam die turnerische beziehungsweise sportliche Betätigung nie. 25 Vereinskameraden haben im Krieg ihr Leben gelassen, sechs weitere wurden vermisst. Eine Holztafel im Foyer der Sporthalle am Hardtwald erinnert noch heute daran.
1943: 20 Jahre TBR – das Gedenken gleicht einer Trauerfeier
Da gab es nichts zu feiern. Die Generalversammlung am 13.02.1943 war die einzige Veranstaltung im 20. Jahr des TBR-Bestehens. Sie hatte aber mehr den Charakter einer Totengedenk- und Trauerfeier als eines Jubiläums. Wenige Wochen vor Kriegsende erklärte Rudolf Maier am 01.02.1945 dem Verein, dass er sein Amt als Vereinsführer abgeben müsse, weil er eine Einberufung zur Marine vorliegen habe. Adolf Wahl solle den Posten in seiner Abwesenheit übernehmen. Adolf Wahl übernahm das Amt bis zum Kriegsende im Mai 1945 kommissarisch.
Kurz danach wurden alle Vereine und Organisationen aufgelöst, der totale Zusammenbruch des Dritten Reiches war vollzogen. Erst ein Jahr später im Juni 1946 konnte nach Maßgabe der amerikanischen Militärregierung der Turnerbund offiziell wieder gegründet werden. Rudolf Maier übernahm wie schon zuvor die Vereinsleitung. Die Schrecken des Krieges waren für die meisten zu Ende, der TBR erwachte wieder zu neuem Leben.
Die erste Hauptversammlung nach dem Kriege, am 24.08.1946 in der „Krone“, wurde gleich zum historischen Datum für den Verein. Der Beschluss bei Punkt 4 der Tagesordnung lautete, ab sofort eine Damenabteilung zu gründen. Unter der Leitung von Lore Haug sollte in den kommenden Wochen der Turnbetrieb aufgenommen werden. Eine Gründung war zwar schon 1942 (also während des Krieges) angeregt worden, aber weil keine Geräte und Übungsflächen vorhanden waren, wieder verworfen. Gestartet wurde mit sieben Turnerinnen, schon kurz danach im Jahre 1947 waren es 23 Damen. Ein erfreulicher Neuanfang und Aufschwung. Die Damenriege zeigte in der Folge unter der kompetenten Anleitung von Käthe Laber (bis 1951) herausragende Darbietungen bei den heimischen Sportfesten oder auch auswärts. Auch die Turner und Handballer begannen wieder mit den Wettkämpfen und Spielrunden. Der Jugendliche Karl Schaupp holte bei den Kreismeisterschaften am 20.07.1947 in Backnang mit einem 3. Platz im Leichtathletik-Dreikampf die erste Urkunde für den TBR nach dem Kriege.
TBR-Turnerjugend, vorne kniend Karl Schaupp (1947)
1948: 25 Jahre TBR – eine Feier mit Selbstversorgung
Genug Geld aber zu wenig Lebensmittel – in dieser Zwickmühle war ein Jubiläumsfest nur schwer organisierbar. Dennoch sollte am 03.04.1948 im „Rößle-Saal“ gefeiert werden. Und so kam es auch. Und wie gelang dieses? Die notwendigen Lebensmittel wurden einfach vorher von den einzelnen Mitgliedern eingesammelt. Für Wein und Saft waren die Männer zuständig und die Frauen für Mehl, Butter, Eier und Zucker. Die zahlreich erschienenen Gäste waren somit bestens versorgt. Der Vorstand, Rudolf Maier an der Spitze, war begeistert von dieser beispiellosen Solidarität. Walter Holzwarth blickte in seinem Vortrag anschaulich auf den Werdegang und die Entwicklung des Vereins zurück. Neun TBR-Mitglieder wurden für 25 Jahre Treue zum Verein mit einer hölzernen Ehrentafel gewürdigt. Mit Kaffee, Kuchen, Saft und Wein wurde der gemütliche Teil des Abends eingeläutet. Verschiedene kleinere Aufführungen, Gedichte und freier Tanz steigerten die Stimmung und ließen den Abend zum Morgen werden. Zumindest das Protokoll von damals lässt daran keinen Zweifel: „Erst am frühen Morgen dachte man ans nach Hause gehen.“
Wegen Hunger und Mangel an sonstigen Gütern suchten die Bürger mehr und mehr den Schwarzmarkt auf, um an Lebensmittel zu gelangen, die dort zu enorm hohen Preisen angeboten wurden. Oder sie tauschten nur noch Waren mit anderen Waren, wodurch das Geld noch stärker an Bedeutung verlor. Eine Neuordnung des Geldwesens in den Westlichen Besatzungszonen war unausweichlich. Eine Währungsreform trat in Kraft und die „Deutsche Mark“ ersetzte ab dem 21.6.1948 die bis dahin gültigen Zahlungsmittel „Reichsmark“ und „Rentenmark“. Ein neuer Zeitabschnitt begann. Jeder Bürger bekam ein Startkapital von 40 neuer DM, das sogenannte „Kopfgeld“. In der Ausschuss-Sitzung des TBR vom 03.07.1948 in der „Krone“ wurden sogleich Sparmaßnahmen (ein „Sieben-Punkte-Plan“) beschlossen: Unter anderem die Neufestsetzung der Mitgliedsbeiträge nach der Währungsreform (0,30 DM für Erwachsene, 0,10 DM für Jugendliche), die Abbestellung von Zeitungen und die Verschiebung fast aller geplanten Anschaffungen auf spätere Zeiten.
Fortsetzung der TBR-Geschichte folgt
Text: mf
Die Fortsetzungsgeschichte zum
100-jährigen Jubiläum des TBR (5)
heute: die Jahre 1953 bis 1959
30 Jahre TBR – ein Festakt über drei Tage inklusive Fahnenweihe
Der erste große Höhepunkt der Nachkriegszeit wurde ausgiebig auf dem Sportplatz und im Festzelt gefeiert. Die Festtage vom 11. bis 13.07.1953 waren ein Bankett der Freude und des Dankes für den großen Zusammenhalt im Verein, auch in schwierigen Zeiten. Das Programm des ersten Jubiläumsabends stand ganz im Zeichen von Ansprachen, Ehrungen und einer vom ehemaligen stellvertretenden TBR-Vorsitzenden Gottfried Binder vorgetragenen Vereinschronik, untermalt von musikalischen Darbietungen des Musikvereins Großaspach und dem Männerchor Sängerlust aus Rielingshausen. Herausragend waren Vorführungen der Festdamen sowie der Turner und Turnerinnen. Die Backnanger Zeitung überschlug sich danach in Lobeshymnen wie folgt: „Nun waren die Festdamen, zwölf an der Zahl, weiß und geschmackvoll gewandet, schlank wie die Tannen im Wald, in einem Reigen im Walzertakt zu sehen, der entzückte. Eine erstklassige Körperschule, ans Akrobatische grenzend, zeigten die Bodenturner. Was man an Barren und Reck sah, war dieses Auftaktes würdig und fand immer wieder stürmischen Beifall. Farbig wurde es beim Volkstanz der Turnerinnen.“
Festlich stolz in Dreier-Reihen durchs Dorf
Der zweite Tag, ein Sonntag, begann mit einem stattlichen Festzug durch den geschmückten Ort bis zum Sportplatz, an der Spitze die neue Fahne. Die Fahnenweihe war der unbestrittene Höhepunkt der Jubiläumsfeier. Aber wie kam es zu dieser Fahne als Symbol im Turnerbund?
In der Vorbereitung auf das 30-jährige Vereinsjubiläum beauftragte der TBR nach einem Ausschreibungsverfahren die renommierte Fahnenfabrik Carl Neff in Biberach/Riss mit der Fertigung einer Vereinsfahne. Vorausgegangen waren heftige und strittige Diskussionen in Ausschüssen und Versammlungen über Sinn, Zweck, Ausgestaltung und Finanzierung einer solchen Investition. In der Generalversammlung am 24.01.1953 prallten die unterschiedlichen Positionen nochmals unversöhnlich aufeinander. Die offene Abstimmung blieb unübersichtlich, deswegen wurde geheim abgestimmt. Das Ergebnis danach war knapp: 20 Stimmen für eine Fahne, 17 dagegen und vier Enthaltungen. Im Nachhinein erkannte die hitzige Versammlung plötzlich, dass auch Jugendliche abgestimmt hatten. Dieses Vorgehen war eindeutig satzungswidrig. Das wollte dann aber keiner mehr rügen oder anfechten. Schließlich zeigte die Uhr in der „Krone“ bereits 1.30 Uhr. Eine wahrlich späte Geburtsstunde für die Anschaffung einer Vereinsfahne. Der Festpreis inclusive Zubehör war auf 1.030 DM vereinbart.
Aus einem Bewerberinnenkreis von 20 Damen waren zwölf Festdamen auserwählt, die die Fahne und die Weihe begleiteten. Zum Festdamenführer wurde einstimmig Albert Schmückle bestimmt, vielleicht auch deshalb, weil er oft als versierter Zieh-Harmonikaspieler bei Vorführungen der Turnerdamen glänzte. Trotz dieses Beschlusses der Vereinsoberen durfte Helmut Holzwarth die hochbegehrte Funktion beim Festzug einnehmen. Vermutlich musste er stellvertretend einspringen.
Die zwölf Festdamen mit ihrem Begleiter Helmut Holzwarth
Die Fahnenträger- von links: Hans Klingler Emil Stickel und Werner Wahl
Im Jahre 2023 wird die vor 70 Jahren geweihte Vereinsfahne zweifelsfrei mehrfach und zu Recht wehen oder flattern, als Symbol eines stolzen Turnerbundes von Rielingshausen. Das Jahrhundert dieses beständigen und ideenreichen Vereins muss gebührend gefeiert werden. Das haben sich die Verantwortlichen des Vereins bereits vorher auf die Fahne geschrieben.
Von der Fahne zurück zu den Feierlichkeiten zum 30-jährigen Jubiläum. Der dritte Tag war als Kinderfest ausgerufen. Ebenfalls mit großem Festzug, angeführt vom Musikverein Großaspach und dem Rad- und Kraftsportverein aus Rielingshausen, gefolgt von den Schülern mit Schulleiter Fritz Haible und den Kindergartenkindern mit Schwester Mina. Das fröhliche Kinderfest auf dem Sportplatz mit Gesang, Spielen und Wettkämpfen erfreute Gäste wie Teilnehmer. Dem TBR war ein großartiges Jubiläumsfest in romantischer Idylle gelungen, der Verein feierte mit Stolz sein 30-jähriges Bestehen.
Erst über drei Jahrzehnte nach der Gründung erfolgte am 23.06.1955 die Eintragung des Turnerbunds Rielingshausen in das Vereinsregister des Amtsgerichts Marbach. Vorher war der TBR ein nicht eingetragener Verein. Die Rechtslage veränderte sich nicht wesentlich, die Verpflichtungen und Haftungskriterien für die Vorstände aber waren klarer gefasst und eine eindeutige Rechtsfähigkeit sichergestellt. Mit dem „e.V.“ (eingetragener Verein) im Rücken des TBR wurden gleich verschiedene Rechtsgeschäfte erfolgreich „geübt“. Beispielsweise wurde der schon vor Jahren an den SV Burgstall ausgeliehene „alte“ Barren im Jahre 1955 an die Burgstaller Turner für 90 DM verkauft. Für dieses Geld erwarb der TBR 3,5 Meter lange Olympiaholme für den eigenen Barren. Die Leihe war beendet, ein neuer Kauf getätigt.
Der Besuch und die Teilnahme an den Turnfesten des Schwäbischen Turnerbundes war und ist für den TBR obligatorisch. So auch beim 49. Landesturnfest vom 24. bis 26.07.1959 in Heilbronn. Drei TBR-Turner haben damals einen Lorbeerkranz erkämpft: Wolfgang Binder, Albrecht Lauterwasser und Helmut Wildermuth. Und sie ruhten sich wahrlich nicht auf ihren Lorbeeren aus, sondern feierten gleich ausgelassen um die Ecke im Weingut von Karl Wiesenauer in Heilbronn. Karl Wiesenauer ist der Bruder von Hermann Wiesenauer aus Rielingshausen, 1923 Schüler der ersten Stunde im TBR. Gefeiert wurde mit einer mindestens 2-Liter-Flasche „Wiesenauer Wein“. Die Bilddokumente beweisen das ganz eindeutig.
Rauschende Siegesfeier im Unterland (1959) – ganz rechts das gastgebende
Ehepaar Karl und Gertrud Wiesenauer.
Fortsetzung der TBR-Geschichte folgt.
Text: mf
Die Fortsetzungsgeschichte zum
100-jährigen Jubiläum des TBR (6)
heute: die Jahre 1960 – 1967
Anfang 1960 erlebte der schon zuvor schwelende Machtkampf innerhalb des Vereins seinen Höhepunkt. Vereinfacht ausgedrückt: Handball gegen Turnen – oder wer bestimmt die weitere Richtung mit welchen Schwerpunkten beim TBR? Rudolf Maier wurde nach 22 Jahren erfolgreicher Vereinsleitung quasi entlassen. Kritiker trauten ihm die Zukunftsgestaltung für den TBR nicht mehr zu, weil er zu einseitig auf Turnen fokussiert war. Der designierte „Widersacher“ aus dem Handball-Lager, Werner Holzwarth, fand jedoch in der turbulenten Generalversammlung am 20.02.1960 noch keine Mehrheit, sodass eine schwierige Findung zur Nachfolge entstand. Tragfähiger Kompromiss für die anwesenden Mitglieder war letztlich der seitherige Pressewart und Schriftführer Hans Wahl, der aber von vornherein nur für ein Jahr seine Bereitschaft erklärte. Er wurde schließlich in geheimer Wahl mit einer 2/3 Mehrheit bestätigt und übernahm das Amt des 1. Vorsitzenden. Stellvertreter blieb Gerhard Holzwarth. Die Versammlung endete mit dem Vorschlag, Rudolf Maier zum Ehrenvorsitzenden zu ernennen, was einstimmig angenommen wurde. Zudem behielt er Sitz und Stimme im Vereins-Ausschuss. Verdientermaßen war er der erste Ehrenvorsitzende des TBR. Seine Bilanz in der Vereinshistorie kann sich sehen lassen.
„Vergesst die kleinen Vereine nicht!“ überschrieb Hans Wahl als 1. Vorsitzender des TBR den Gauturntag am 19.11.1960 in Rielingshausen. Der Turngau Backnang mit seinem Vorsitzenden Emil Erlenbusch samt vieler Funktionäre und sonstiger Würdenträger tagte im Gasthaus „Sonne“. Neben der üblichen Bürokratie erregten auch sehr interessante Vorträge mit Diskussionen zur Zukunft des Turnsports die Aufmerksamkeit der Teilnehmer. Der Landesjugendwart Günter Eger beispielsweise verwarf eindringlich das Festhalten überkommener Formen und warb für offene Modelle zur Ansprache der Jugend nach dem sogenannten „Coburger Programm“. Die Vereinsangebote sollten sich vielseitig (nicht nur Geräteturnen) für alle Altersgruppen und für beide Geschlechter ausrichten. Das Hauptproblem sah er in der Heranbildung geeigneter ehrenamtlicher Helfer, die damals „Vorturner“ genannt wurden. Die sehr bildhafte und passende Sprache für das ehrenamtliche Engagement in Vereinen und Organisationen wird mit diesem Begriff deutlich. Was schon 1960 als Dilemma thematisiert wurde, gilt 63 Jahre später unverändert. Auch aktuell benötigt das Vereinsleben viele ausgebildete und freiwillige „Vorturner“ – erst dann kann Spiel, Bewegung, Sport, Gemeinschaft und Kultur erlebbar werden.
Die Zeit von Hans Wahl als 1. Vorsitzender des TBR endete wie angekündigt nach einem Jahr. Seine letzte Amtshandlung war ein schriftlicher Aufruf: „Alle Mitglieder des Vereins werden gebeten am kommenden Samstag, 11.03.1961 nachmittags um 13.30 Uhr, bei der alten Pflanzschule beim Sportplatz zu erscheinen. Wir wollen das Stangenlos aufbereiten. Bitte Axt und Räppeleisen mitbringen. Mit Turn- und Sportgruß.“ Der Nachsatz beinhaltete das Wichtigste: „Anschließend gibt es Freibier.“
Nach dem Übergangsjahr 1960 wurde in der Hauptversammlung am 04.03.1961, wie zu erwarten, Werner Holzwarth fast einstimmig zum 1. Vorsitzenden des TBR gewählt. Gerhard Holzwarth blieb wiederum Stellvertreter. Dadurch war er jetzt bereits bei drei verschiedenen Vorsitzenden der unersetzliche Mann in der „zweiten“ Reihe. Ein neuer Zeitabschnitt im Vereinsleben begann. Und das nächste Jubiläum stand schon vor der Tür.
1963: 40 Jahre Turnerbund
Am 15./16.06.1963 wurde in Rielingshausen ein dreifaches Fest gefeiert. Der Turnerbund beging sein 40-jähriges Vereinsjubiläum, der Turngau Backnang feierte sein erstes Gauturnfest, dessen Ausrichtung er dem Jubelverein übertrug und gleichzeitig wurde das Gaubanner des Turngaus geweiht.
Wie üblich war der Auftakt ein Festabend im Zelt. Im Fokus standen 40 Jahre TBR bei den Ansprachen, den Ehrungen und der ausführlichen Vereinschronik, wiederum vorgetragen von TBR-Urgestein Gottfried Binder. Der Spielmannszug Backnang, der Musikverein Kirchberg und der heimische Gesangverein sorgten für Unterhaltung und gute Stimmung. TBR-Turnerinnen und Turner glänzen mit Reigen und Geräteübungen.
Der zweite Tag war das Fest des Turngaus. Zwölf Vereine mit 150 Aktiven, Musik-Kapellen und Gästen bewegten sich von der Schulstraße durch den Ort zum Festgelände. Nach der geschichtlichen Betrachtung über die Entwicklung des Turngaus wurde das Banner durch den Vorsitzenden des Schwäbischen Turnerbundes, Gottlob Schneider, feierlich mit den Worten „Nehmt hin euer Banner und haltet es fest, keiner sei hier, der das Banner verlässt!“ geweiht. – Das Gaubanner als Symbol der Einigkeit und des Miteinanders.
Das Banner der Turngaus wird durch Rielingshausen zur Weihe getragen (1963)
Gleich danach wurde ausgiebig bei Mehrkämpfen im Turnen, bei Leichtathletik, Tischtennis, Handball, Faustball, Gymnastik und Trampolinspringen gemeinsam Sport betrieben. Herausragende Ergebnisse aus TBR-Sicht waren die Platzierungen von Wolfgang Binder im gemischten Achtkampf als Dritter, Eberhard Ruoff als Zweiter im 1000 Meter-Lauf und der 2. Platz von Hans Göttel im Tischtennis-Einzel. Überragend zeigte sich im leichtathletischen Dreikampf der Jugend B das Sporttalent Rolf Holzwarth (genannt Buddy), der den Wettbewerb souverän und überlegen für sich entschied. Ein Ausnahmeathlet, der bestimmt ein guter Zehnkämpfer hätte werden können, er entschied sich aber später für Handball. Dort fürchteten sich die Gegner ob seiner robusten Körperlichkeit und seiner unberechenbar angesetzten Torwürfe mit Höchstgeschwindigkeit. Die Festlichkeiten an den zwei Tagen in Rielingshausen endeten nach der Siegerehrung mit dem gemeinsamen Lied: „Kein schöner Land, Verse 1 + 4“.
Erstmals beteiligte sich am 22.05.1965 eine fünf Mann starke Turnriege des TBR an den Meisterschaften des Turngaus Backnang und erzielte achtbare Ergebnisse, sowohl in den Einzeldisziplinen wie auch in den Mannschaftswettbewerben. Der Turngauvorsitzende Adolf Weiß lobte bei der Siegerehrung den TBR als Musterbeispiel für leistungsfähiges Vorankommen durch kameradschaftliches Turnen in der Gemeinschaft. Turnwart Hans Klingler konnte stolz auf die Leistungen seiner Riege sein, insbesondere das saubere Turnen am Seitpferd und die hohen Anflüge beim Pferdsprung fanden Beachtung.
„Where are the horses?“ soll angeblich zwei Tage später, am 24.05.1965, Queen Elizabeth II. in Marbach beim Verlassen der Stadt gefragt haben, als sich die Königin und ihr Gatte Prinz Philip im Mercedes 600 Pullman bei offenem Verdeck in Richtung Rielingshausen bewegten. Dort schwenkten Kinder, Schüler, Bürger und sicher auch TBRler begeistert Fähnchen und winkten den königlichen Hoheiten zu. Hat die Königin die Schillerstadt mit dem Gestüt Marbach auf der Schwäbischen Alb verwechselt?
Ohne Pferde auf die Schwäbische Alb zum 51. Landesturnfest nach Ebingen (heute Albstadt) – die TBR-Riege (1967)
Fortsetzung der TBR-Geschichte folgt
Text: mf
Die Fortsetzungsgeschichte zum
100-jährigen Jubiläum des TBR (7)
heute: die Jahre 1968 – 1979
Nach sieben Jahren Vereinsvorsitz stellte sich Werner Holzwarth in der Generalversammlung 1968 nicht mehr zu Wahl. Er wollte sich stattdessen verstärkt der Entwicklung im Handball widmen und übernahm folgerichtig von Kurt Sperlich die Abteilungsleitung Handball. Der seitherige Technische Leiter des Vereins, Albert Mattheis, kandidierte und wurde mit großer Mehrheit gewählt. Albert Mattheis, damals 42 Jahre alt, stattliche Gestalt, eher ruhig und besonnen, Zigarrenraucher und Ortschaftsrat, führte in den Folgejahren den Verein mit Sachkenntnis, Geschick, hoher Akzeptanz und ohne Proteste durch die Nach-Zeit der 68-er-Bewegung. Er selbst bewegte sich zu dieser Zeit im „Jedermann-Sport“ gerne mit dem Ball – die Wegebereitung für die Etablierung einer neuen Sportart beim TBR (Volleyball ist gemeint – die Berichte der Abteilungen erscheinen aber separat).
Mit der Eingliederung von Rielingshausen in die Stadt Marbach im Jahre 1972 wechselte auch der zuständige Landkreis von Backnang nach Ludwigsburg. Und demnach auch der Sportkreis. Die ersten 50 Jahre waren die Turner dem Murrturngau beziehungsweise Turngau Backnang zugeordnet, die zweiten 50 Jahre bis heute dem Turngau Neckar-Enz.
Die Generalversammlung am 31.03.1973 erlebte neben dem üblichen Ablauf und Procedere eine einmalige Antragsstellung, die in der Vereinsgeschichte nie wieder vorkam. Der offizielle Antrag lautete, innerhalb des Vereins eine Fußballabteilung zu gründen. Die Versammlung reagierte empört und rastete aus. Im Handballdorf Rielingshausen banales Ballspiel mit dem Fuß? Das war quasi eine Majestätsbeleidigung. Über den Antrag wurde erst gar nicht abgestimmt, der Versammlungsleiter ließ den Antrag überhaupt nicht zu. Damit war auch dieses Kapitel ein für alle Mal abgeschlossen. Der mutige Antragssteller war übrigens der Kulturwart des TBR, Albert Baust. Eine solche Funktion gab es damals berechtigterweise noch im Verein. Ein Kulturwart darf auch mal ungestraft querdenken. 13 Jahre später wurde das TBR-Kulturamt abgeschafft. Der verwegene Antrag von 1973 war nicht ausschlaggebend.
1973: 50 Jahre TBR – Pfingsten wurde zum Festwochenende
Das Fest- und Sportwochenende vom 08. bis 11.06.1973 anlässlich des 50-jährigen Bestehens des TBR ist in die Annalen des Vereins eingegangen. Ein großartiger Erfolg in sportlicher sowie in gesellschaftlicher Hinsicht. Der festliche Auftakt fand in der Gemeindehalle statt, zahlreiche Vertreter des öffentlichen Lebens wurden von Vorstand Albert Mattheis und Bürgermeister Heinz Keppler begrüßt, den Festvortrag hielt der langjährige Sportkreisvorsitzende Emil Erlenbusch. Dieser Sportkamerad unterstützte mehrmals die Initiativen des TBR jeweils tatkräftig. Die Festgäste erlebten eine gelungene und unterhaltsame Veranstaltung. Die folgenden drei Tage bis Pfingstmontag standen ganz im Zeichen sportlicher Wettkämpfe beim Handball, Volleyball oder Turnen. Insgesamt waren zum „Halben Jahrhundert“ des Vereins fast 50 Mannschaften aus dem In- und Ausland am Start. Feier, Spiel und Sport als Stätte der gemeinsamen Begegnungen, alles passte wunderbar.
Die große TBR-Familie beim 50-jährigen Jubiläum
Die Chronik der Festschrift zum Jubiläum gestaltete der Kulturwart des TBR, Albert Baust. Das Heft im DIN A5-Format mit braunem Umschlag ist 50 Jahre später eher eine Rarität. Viele Exemplare davon sind nicht mehr im Umlauf. Sein Gedicht zum Jubiläum als Prolog der Festschrift verdient Erwähnung auch für die Nachwelt. Ein Vers mag dafür stellvertretend stehen: „Möge unsre Sportler-Jugend der Fortsetzung verpflichtet sein, und Sportlergeist und Sportlertugend sollte ihr Vermächtnis sein.“ Diese Zeilen passen auch fünfzig Jahre später genauso.
Die Turnerriege war 1974 wie üblich beim Schwäbischen Turnfest in Biberach am Start. Das Besondere daran war: Alle Teilnehmer erzielten vordere Platzierungen, sodass keiner ohne Siegerurkunde wieder heimkehrte.
Der erneute Vorstandswechsel in 1975 erweckte den Eindruck, dass spätestes nach sieben Jahren eine Amtsmüdigkeit als 1. Vorsitzender eintritt. Das war bei der ersten Amtszeit von Werner Holzwarth (1961 – 1968) und bei seinem Nachfolger Albert Mattheis (1968 – 1975) identisch. Albert Mattheis kandidierte nicht mehr, sein Vorgänger dafür erneut. Der Stabwechsel bei der Generalversammlung am 22.03.1975 hatte einen gebührenden Rahmen, das Vereinsheim war mit 126 Mitgliedern bis auf den letzten Platz besetzt. Die Versammlung dankte dem scheidenden und sprach dem neuen Vorsitzenden mit großer Mehrheit das Vertrauen aus. Und bevor die Frage nach der geplanten Amtszeit gestellt wird: Werner Holzwarth beschränkte seine Amtszeit keineswegs auf sieben Jahre, nein – es wurden 3 mal 7, also 21 Jahre. Werner Holzwarth (der „Boss“) prägte den TBR nicht nur wegen der längsten Verweildauer aller Vereinsvorsitzenden, auch die inhaltliche Entwicklung ist gemeint.
Das über 1.200 Jahre alte Dorf Rielingshausen sorgte ab 1979 dafür, dass die Stadt Marbach sich weiter vergrößerte. Was war der Grund? Das erste Haus im Baugebiet „Egelsee“ war an Weihnachten 1978 fast fertig. Natürlich mit Auswirkungen für den Turnerbund. Die Mitgliederzahlen stiegen erfreulicherweise.
Über die Hälfte der TBR-Zeitgeschichte ist erzählt, die Fortsetzung wird unterbrochen. Stattdessen erscheinen in den nächsten Wochen Themen aus der Rubrik „Sport, Spiel & Spaß“ wie beispielsweise über die Vereinslokale, Sportfeste beim TBR, Jahresfeiern, Himmelfahrtswanderungen, Pfingstturniere und Sonnwendfeuer. Lassen Sie sich überraschen.
Text: mf
Das 100-jährige Jubiläum
Die Vereinslokale des TBR
Sieben Häuser im Flecken (heute zwei davon)
Einen Sportverein zu betreiben bedeutet: Satzungen, Sitzungen, Organisation, Verwaltung und leider immer mehr Bürokratie. Dazu bedarf es Verantwortliche, Funktionäre und Mitglieder, die in gemeinsamer Abstimmung und Beschlussfassung die Geschicke des Vereins steuern. Selten hat ein Verein eigene Lokalitäten für Sitzungen und Versammlungen, daher werden gerne die heimischen Gasthäuser aufgesucht. Zum einen gab oder gibt es dort entsprechend geeignete Räume, zum anderen eine wichtige und ausreichende Getränke- und Essensversorgung, weil früher meistens entweder mit Metzgerei oder Bäckerei parallel betrieben. So wurden auch beim TBR über Jahrzehnte die Gaststätten für Vereinstreffen genutzt. Erst als das eigene Vereinsheim im Jahre 1966 erbaut war, verlagerte sich das Geschehen schwerpunktmäßig dorthin. Begeben wir uns daher auf die Reise zu den Rielingshäuser Plätzen, die Vereinsgeschichte geschrieben haben. Sie werden staunen, wieviel Lokale mit TBR-Bezug es einmal im Dorf gab. In 100 Jahren waren es sieben an der Zahl, aber wahrlich kein Buch mit sieben Siegeln. Wir öffnen es der Reihe nach:
Gasthaus zum „Rößle“
Das historisch bedeutendste Lokal des TBR überhaupt. Das Gebäude in der Haupt-straße 48 wurde im Jahre 1842 vom Amtmann Carl Pfuderer erbaut, danach war es im Besitz von Schultheiß Schwaderer, der 1888 an den Bäckermeister Carl Wildermuth verkaufte. Dessen Sohn Otto übernahm 1922 das Geschäft. Bekanntlich fand dann am 28.01.1923 im „Rößle“ die Gründung des Turnerbunds Rielingshausen statt. Der Gründungsort mitsamt Saal steht heute noch, aber natürlich nicht mehr in der ursprünglichen Nutzung und Ausgestaltung und in neuen Eigentumsverhältnissen. Otto Wildermuth betrieb die Gastwirtschaft noch lange Jahre, richtete zwischendurch einen Laden ein und ab dem Jahre 1937 zusätzlich eine Tankstelle. Nach ihm führten seine Töchter Lore und Ruth die Kneipe gar bis ins Jahr 2013 weiter. Dann war Schluss.
Die Lokalität war vor der Errichtung der Gemeindehalle 1964 der einzige größere Saal im Ort und berühmt für seine legendären Feierlichkeiten der örtlichen Vereine. Der Schützenverein von Rielingshausen hat dort sogar sein erstes Saalschießen durchgeführt. So scharf schoss der Turnerbund im „Rößle-Saal“ nie. Auch nicht bei den Theateraufführungen in den über viele Jahrzehnte regelmäßig stattgefundenen Weihnachtsfeiern oder Kameradschaftsabenden. Die erste Veranstaltung dieser Art war gleich am 23.12. im Gründungsjahr. Vorstand und Gäste waren von der Feier und den Darbietungen auf der kleinen Bühne derart begeistert, dass der Vereins-Ausschuss sodann am 12.01.1924 verfügte, dass den fünf Theaterspielern ein Geschenk im Wert von 1 Mark zu übergeben sei. In späteren Jahren wurden die Weihnachtsfeiern oft zweimal hintereinander veranstaltet, weil der Platz für den riesengroßen Andrang der Vereinsmitglieder nicht ausreichte.
Genau zum 50-jährigen TBR-Jubiläum am 28.01.1973 trafen sich die damals noch lebenden Gründungsmitglieder des Vereins im geschichtsträchtigen „Rößle“ und feierten kameradschaftlich. Der Ehrenvorsitzende Rudolf Maier hatte eingeladen und mit Stolz und Recht auf das Geschaffene beim TBR hingewiesen und zudem seiner Freude Ausdruck gegeben, dass nach 50 Jahren dort immer noch ein Funke in der Asche glühet. Er wünschte dem Verein, dass sich auch in Zukunft Männer finden würden, die diesen Funken nie erlöschen lassen. Von Frauen war an dieser Stelle keine Rede.
TBR-Gründer (inklusive zwei Zöglingen, vier Schülern und
einem „Geburtshelfer“ vom TV Steinheim) beim 50-jährigen
Jubiläums des Vereins vor dem „Rößle“
Ehrenvorstand Rudolf Maier bei seiner Ansprache im „Rößle“
Einen symbolträchtigen Höhepunkt erlebte die Lokalität am 28.01.2023. Genau 100 Jahre nach der Vereinsgründung wurde dort der interne Auftakt für das Jubiläumsjahr des TBR festlich und feierlich begangen. Erneut eine wahrlich historische Stunde.
Gasthaus zur „Krone“
Nicht unweit vom Gasthaus „Rößle“ und ebenfalls in der Hauptstraße (Ecke Lange Straße) steht heute noch eines der schönsten Fachwerkhäuser im Ort. Ein Wunderwerk der Statik alter Zeiten, welches die Familie Grettenberger im Jahre 1778 erbauen ließ. Schon von Anfang an wurde es als Gasthaus, Metzgerei, Stallung und Wohnhaus genutzt. Der Kronenwirt hat im Laufe der Jahrhunderte auffallend oft gewechselt. Ende des 19. Jahrhunderts kaufte schließlich Christian Wahl aus Marbach das gesamte Anwesen für 15.200 Mark. Christian verheirate sich im Übrigen zu dieser Zeit mit der Sonnenwirtstochter Emilie Wildermuth. Ab 1938 übernahm deren Tochter Maria Reinhold, und weitere 20 Jahre später der Metzgermeister Fritz Runft den Gaststättenbetrieb. Das Wirtshaus wurde noch einige Jahre weitergeführt, danach nur noch die Metzgerei. Heute ist der gesamte Gebäudekomplex als privater Wohnraum genutzt.
Bereits eine Woche nach der Gründung des Vereins im „Rößle“ wurde das Gasthaus zur „Krone“ offiziell als Vereinslokal bestimmt. Die Wahl fiel mit 9:8 Stimmen denkbar knapp aus. Viele Versammlungen und Sitzungen fanden danach über Jahrzehnte dort statt, wenn auch nicht ausschließlich.
Wie üblich lag das Gasthaus in markanter Verkehrslage in der Hauptachse des Ortes. Die Fuhrleute freuten sich in früheren Zeiten, wenn sie nach langer Fahrt endlich das Gold des Kronenschildes aufblitzen sahen. Die Pferde konnten am schweren Eisenring des Sandsteinpflocks angehalftert werden. Die Freitreppe führte dann die Gäste in die Innenräume der Schänke. Nicht jeder Kneipengast brachte genügend Zeit und Anstand mit. Gut informierte Kreise sprechen davon, dass im vorigen Jahrhundert manch alkoholseliger Gast mit seiner „Horex“ (mit mehr als einer Pferdestärke) den Eingang der Wirtschaft direkt und unfallfrei über die Treppen ansteuerte. Der Durst muss riesig groß gewesen sein. Wahrscheinlich hatte er einen in der „Krone“.
Die „Krone“ war Ende der 1950er, Anfang der 1960er-Jahre nicht nur Vereinslokal, sondern Dorfkino-Ersatz für die erlebnishungrige Jugend. Damals gab es in den Haushalten des Ortes kaum Fernsehgeräte. Also bot die „Krone“ in einem separaten Raum (links neben dem Ladeneingang) an Sonntagen die Möglichkeit, „schwarz/weiß“ zu gucken. Für einen kleinen Obolus von 10 oder 20 Pfennige konnten die berüchtigten Kinder- und Jugendserien wie „Die kleinen Strolche“, „Fury“, „Lassie“, „Rin Tin Tin“ oder „Flipper“ bestaunt werden. Jeden Sonntag ein Erlebnis für die jugendlichen Besucher und ein Höhepunkt in der Woche, neben Training und Spiel beim Turnerbund. Der Flecken Rielingshausen bot schon immer viel Kultur. Notfalls Fernsehunterhaltung neben dem Schlachthaus der Metzgerei.
Fortsetzung folgt nächste Woche, dann die Vereinslokale drei, vier und fünf. Es bleibt spannend!
Text: mf
Das 100-jährige Jubiläum
Die Vereinslokale des TBR
Sieben Häuser im Flecken
(heute die Häuser drei, vier und fünf)
Gasthaus zur „Sonne“
Bis 1991 wurde das weitbekannte Gasthaus mit Metzgerei zur „Sonne“ von den Ehe-leuten Gerhard und Lydia Laitenberger geführt. Insgesamt ungefähr 130 Jahre in langer und bewährter Tradition der Familien Laitenberger/Wildermuth. Das stattliche Anwesen ist inzwischen, ebenso wie die „Krone“, ausschließlich privater Wohnraum.
Im Gasthaus war der TBR über Jahre immer wieder und immer gerne als Gast willkommen. Alle Varianten von Vereinsfeierlichkeiten haben dort stattgefunden. Zu Anfang nur im Festsaal des Obergeschosses, später erfolgten im Laufe der Jahre weitere Anbauten, die für die Beherbergung der Gäste dienten. Platz genug für Weihnachtsfeiern, Kameradschaftsabende oder Versammlungen jeglicher Art.
Gerhard Laitenberger und seine Familie servierte als Metzger deftig gute Hausmannskost, die weit über die Kreisgrenzen hinweg zu großer Beliebtheit und Nachfrage führten. Mit den Bestellungen der Besucher nahm er es nicht immer ganz genau. Wenn gerade Suppe ausgeteilt wurde, hatte der nichts ahnende Gast, unversehens und unbestellt, auch einen Teller Suppe am Tisch vor sich stehen. Natürlich mit Daumenabdruck vom Wirt am Tellerrand oder direkt in der Suppe.
Nach Trainingsabenden oder Wettkämpfen der TBR-Sportler wurde oft in der „Sonne“ eingekehrt. Das konnte am Stammtisch sehr spät werden. Gerhard war zu dieser Zeit schon müde, weil er als Metzger seit den frühen Morgenstunden auf den Beinen war. Dennoch begleitete er seine Gäste hochkonzentriert mit geschlossenen Augen auf seiner Wirtshausbank. Sein „Holz-Schüssele“, durch Gebrauchsspuren stark gezeichnet, lag zum Kassieren auf seinem Schoß. Zwischendurch ging der eine oder andere und wollte seine Zeche begleichen. Der Gast fragte: „Wieviel?“ Gerhard, halb wach, halb missgelaunt, hatte alles im Schlaf hochgerechnet und gespeichert: „7,80! Schmeiß‘ des Geld in d‘ Schüssel.“ – Solche besonderen Typen und Charaktere, wie ein Gerhard Laitenberger es war, sind heutzutage nicht mehr zu finden. Genannt wurde er übrigens „Släpp“, weil er mit seinen zu großen Schlappen – ohne die Füße zu heben – schleichend, schlurfend und trotzdem stolz sein Sonnenreich durchquerte.
Gasthaus zum „Lamm“
Die Bäckerei und der Gasthof „Lamm“ in der Langen Straße beziehungsweise Blumenstraße, seit 1890 im Besitz der Familie Wilhelm Trefz, wurde 1929 vom Sohn und Bäckermeister Otto Trefz übernommen und jahrzehntelang weitergeführt. Das „Lamm“ wurde, sowohl vor als auch nach dem Zweiten Weltkrieg, bis Mitte der 1960er-Jahre oft als Lokal für interne Sitzungen oder auch Versammlungen der TBR-Vereinsmitglieder belegt.
Gerne wurde das gastfreundliche Wirtshaus von den Turnern oder Handballern des TBR einfach so zum Umtrunk aufgesucht. Überliefert sind sagenumwobene Trinkgelage, an denen die geschäftige und an Atemnot leidende Wirtin Emma zum Wein-Nachschank in den kühlen Gewölbekeller geschickt wurde, währenddessen die Gäste oben am Tresen das Bier in Selbstbedienung zapften. Wahrlich atemberaubend. Dies könnte als Straftatbestand des sogenannten Mundraubes ausgelegt werden, wurde aber nie geahndet.
Hochgelobt im Lokal waren die ofenfrischen Brezeln. Und neben dem schwäbischen Wurstsalat war seltsamerweise auch der Hering sehr beliebt. Die Gräten des Fisches mitsamt Schwanz, so erzählt man sich, blieben aber nicht im Teller zurück, sondern wurden von manchen Trinkbrüdern schwungvoll und dekorativ an die Kneipendecke befördert. Da fällt einem nur noch der Anfang eines Kinderliedes ein: Ein Rollmops und ein Hering, die schwammen einst im See. Der Rollmops der ging unter, der Hering in die Höh‘.
Gasthaus zur „Linde“
Viele kennen das Gebäude und das Anwesen in der Königstraße 5 ausschließlich als Bäckerei und Laden von Adolf und Iris Staiger. Aber bis zirka Mitte der 1950er-Jahre ist dort von Eugen Staiger das Gasthaus zur „Linde“ betrieben worden, in Kombination mit seiner Bäckerei. Erst später, im Jahre 1961, hat es dann der Neffe Adolf, der im Betrieb seines Onkels gelernt hatte, noch viele Jahrzehnte lang als Bäckerei und Lebensmittelgeschäft weitergeführt. Vor der Ära Staiger war der Betrieb, jeweils schon mit Schankwirtschaft, von den Familien Weller und Gstrein geführt. Wilhelm Gstrein erwarb das Anwesen 1920 und verkaufte es 1938 weiter an Eugen Staiger.
Zu Zeiten der Familie Weller, so um 1875, lebte im oberen Stock des Anwesens der letzte „Wundarzt“ von Rielingshausen namens Rößler. Der Beruf des Wundarztes oder die Berufung dazu war früher weitverbreitet. Die Herrschaften traten meist als behelfsmäßige Heilpraktiker im Volk auf. Die Qualifizierung dafür war wenig medizinisch geprägt, oft waren es Handwerker, bevorzugt Barbiere Aus dieser Zeit stammen auch die nicht löblichen Bezeichnungen wie Quacksalber oder Kurpfuscher.
Jedenfalls war das Gasthaus zur „Linde“ seit der Vereinsgründung bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges immer wieder Anlaufstation der TBR-Vereinsführer, vor allem für Ausschuss-Sitzungen und für sonstige Abstimmungen des Vorstandes. Besonders auffallend war, dass dort während der Kriegsjahre regelmäßig Treffen stattfanden.
Die TBR-Vereinsverantwortlichen trafen sich in der „Linde“ letztmals am 16.01.1954 zu einer internen Sitzung. Der finale Beschluss des Vorstandes kurz vor 24 Uhr lautete: Das Essen für das „Theaterkränzle“ besteht aus Koteletts und Kartoffelsalat mit Nudeln. – Kurz darauf war Schluss mit der „Linde“.
Das Kneipensterben im Ort begann.
Fortsetzung folgt nächste Woche, dann die Vereinslokale sechs und sieben.
Text: mf
Das 100-jährige Jubiläum
Die Vereinslokale des TBR
Sieben Häuser im Flecken
(heute die Häuser sechs und sieben)
Gastwirtschaft „Gemeindehalle“
Die lang ersehnte Gemeindehalle für Rielingshausen stand endlich im Jahre 1964. Damit war die Voraussetzung für mehr Sportbetrieb und Begegnung geschaffen. Ein wichtiger Meilenstein für die weitere positive Entwicklung im Vereinsangebot. Zudem wurde zeitnah auch eine Restauration geschaffen, der TBR nutzte ab diesem Zeitpunkt Halle und Gastwirtschaft sofort. Der erste Wirt war Otto Weber, es folgten immer wieder neue Pächter. Viele Wechsel in fast 60 Jahren, fast zu viele.
Weihnachts- beziehungsweise Jahresfeiern, Kameradschaftsabende, rauschende Siegesfeiern oder Generalversammlungen des Vereins fanden in den Folgejahren verstärkt in der neuen und modernen Gemeindehalle statt.
Der Verein erlebte in dieser Zeit einen erheblichen Zulauf an Mitgliedern um fast das Doppelte. Die ersten Generalversammlungen nach dem Bau der Gemeindehalle am 23.01.1965 und am 29.01.1966 erlebten 103 beziehungsweise 108 interessierte Mitglieder. Beide Veranstaltungen mit rekordverdächtigen Beteiligungen. Grund für den großen Zuspruch an den Versammlungen könnte aber auch der anschließend angebotene Kameradschaftsabend, mit Tanzmusik bis spät in die Nacht, gewesen sein. So lockte der Verein seine Mitglieder erfolgreich zur jährlichen Pflichtveranstaltung.
Gastronomie im „TBR-Vereinsheim“
1966 wurde das Vereinsheim am Sportplatz im Hardtwald in Eigenregie erbaut und eingeweiht. Damit begann aber noch nicht das Zeitalter des zweckdienlichen Gebäudes als Vereinslokal. Eine langsame Entwicklung bis zur offiziellen Anmeldung als Wirtschaft begann, die über zehn Jahre Anlauf benötigte. Trotzdem wurde schon in einer Ausschuss-Sitzung 1967 festgehalten, dass Eberhard Holzwarth während der Spiele und gelegentlich Sonntag morgens im Vereinsheim Bier ausschenkt. Der erste Schritt zur Schankwirtschaft war getan.
Im Grundsatz war die Versorgung aber schon einen Monat nach Einweihung des Vereinsheims gesichert. Am 23.12.1966 wurde die erste Vereinbarung mit der Brauerei Robert Leicht (später Schwaben Bräu) aus Stuttgart-Vaihingen getroffen. Der Vertrag beinhaltete die Leihe einer Ausgabetheke, einer Spüle, von 170 Stühlen, zwölf Tischen und eine jährliche Abnahmeverpflichtung von sage und schreibe 80 Hektolitern ober- und untergärigen Bieren auf die nächsten 15 Jahre. Schon die Vertragsdauer konnte als kritisch eingestuft werden, aber erst recht die Abnahmemenge. Die TBR-Vertragspartner hatten den Durst ihrer Vereinsmitglieder gewaltig überschätzt oder hatten einen anderen „Maßkrug“ angelegt. So war es auch kein Wunder, dass in den darauffolgenden Jahren erhebliche Nutzungsgebühren für die Fehlmenge zu entrichten waren. Der Ausschank belief sich pro Jahr auf maximal einem Drittel, zirka 2,6 Hektoliter. Das endete unvermeidbar im gerichtlichen Mahnverfahren, welches erst im Jahre 1972 gütlich beigelegt werden konnten, weil der TBR im Jahre 1971 mit 8.240 Litern Bier über Gebühr trank. Wie diese immense Leistungssteigerung erreicht wurde, ist nicht konkret überliefert. Ein Grund könnten durstige Kehlen der Bauarbeiter bei der Errichtung der Kleinspielfelder neben dem Vereinsheim gewesen sein. In den folgenden Jahren wurde der TBR wieder rückfällig, das Niveau an Litermenge sank.
In legalisiert offiziellen Trinkbahnen lief das Bier ab dem Jahre 1975, als die Verwaltung und der Verkauf von Getränken durch Roland Fauser und Dieter Holzwarth angemeldet und genehmigt wurden. Die kommerzielle Vermarktung des Lokals mit daraus resultierenden Einnahmen sollte der klammen Vereinskasse auf die Sprünge helfen. Die Entscheidung im Verein dazu war richtig und hat sich langfristig gut bewährt.
Am 01.04.1977 übernahmen erstmals hauptamtlich das Ehepaar Heinz und Ingrid Sierp in Pacht die Gastronomie im Vereinsheim. Die beiden schafften es in den insgesamt über sieben Jahren ihres Wirkens hervorragend, die Örtlichkeit als Stammlokal der Vereinsmitglieder zu etablieren. Fast alle Versammlungen und Feste fanden ab diesen Jahren im Vereinsheim statt. Einmal zwischendurch brauchten die Eheleute für zwei Jahre eine Auszeit vom Kneipenbetrieb. Diese Zeit überbrückte der Verein geschickt und unbeschadet mit Hilfe ihrer Vereinsmitglieder selbst, unter Regie von Edeltraud und Karin Holzwarth. Nach dem Pächterehepaar Sierp (ab August 1986) begann eine Zeit der unstetigen Besetzung ungeeigneter Wirtsleute, die sich, in zum Teil kurzen Zeitabständen, die Klinke zum Vereinslokal in die Hand gaben und keine besondere Erwähnung verdienen. Erst im Jahre 1992 brachten das Ehepaar Ferdl und Evi Elbert wieder gewohnt geordnete Verhältnisse in die Gasträume. Gute bürgerliche Küche und herzliche Gastfreundschaft waren großgeschrieben, leider nur zweieinhalb Jahre lang. Für die nächsten drei Jahre bis Ende 1997 folgte Michael Noller mit seinem kompetenten Team und bot leckere Speisen. Kurz vor dem 75-jährigen Jubiläum des TBR im Jahre 1998 kam es zur Auflösung des Pachtvertrages.
Auf 20 Jahre Vereinslokal rückblickend, leider zu viel an Pächterwechsel, obwohl ab 1992 sogar eine separate Wohnung für einen Pächter neben der neu erbauten Sporthalle zur Verfügung stand. Berechtigterweise wollte das inzwischen dreiköpfige TBR-Vorstandsgremium (Harald Orthwein, Roland Stickel, Marc Binder) nach diesen Erfahrungen andere Zeiten einläuten und eine längere Verweildauer eines Pächters sicherstellen. Und das gelang mehr als erhofft.
Radomir Vejnovic begann im September 1998 im Vereinsheim kein kurzfristiges Gastspiel, sondern baute ein Restaurant mit Namen „Rade und Rada“ auf, welches im Laufe seiner über 16 Jahre weit über die Grenzen von Rielingshausen großen Anklang fand. Nicht nur seine Cevapcici und andere Balkanspezialitäten oder die große Auswahl an schwäbischer Küche ließen viele zufriedene Gäste zurück, sondern das individuelle und serviceorientierte Gesamtkonzept. Das passte zusammen, zum Wohle des Gastronomen, zum Wohle des Vereins. Der Pächter mit der mit Abstand längsten „Haltbarkeit“. Anfang 2015 war dann Ende. Rade wollte künftig seine Spezialitäten selbst und direkt im Balkan genießen.
Gleich darauf kam Tanja. Dieter und Tatjana Seeger übernahmen den Betrieb fast nahtlos und mit ähnlichem Angebot und Leistungsspektrum sehr erfolgreich. Die beiden sind auf dem besten Wege, die Ausdauer von Rade und Rada auf die Probe zu stellen. Das Lokal ist regelmäßig gut besucht, jeder in der Umgebung kennt „bei Tanja“ und damit das renommierte Vereinslokal des Turnerbundes.
Was bleibt in einer kleinen Zusammenfassung der Vereinslokale in 100 Jahren TBR-Historie festzuhalten? Zwei von den sieben Lokalitäten haben noch Bestand. Das Restaurant in der Gemeindehalle und die Gastronomie im Vereinsheim. Übrigens die beiden einzigen Lokale, die es überhaupt noch im Ort gibt. Mögen sie fortbestehen.
Fortsetzung folgt nächste Woche, dann mit einem Artikel über den TBR und seine Feiern & Feste. Nicht über Osterfeste, aber über Weihnachtsfeiern, Faschingsfeste und Jahresfeiern. Da wird es noch spannender und unterhaltsamer.
Text: mf
Das 100-jährige Jubiläum
Feste feiern – kann der TBR seit 100 Jahren
Nichts bringt die Menschen so zusammen wie Feste. Sie vermitteln Geborgenheit, Halt und stärken das Wir-Gefühl, das Miteinander. Sie bringen Freude und Spaß, sie ermöglichen Begegnungen mit anderen in einer entspannten Umgebung. Sie sind die Unterbrechung oder die Flucht aus dem alltäglichen Leben.
So ist es keineswegs verwunderlich, dass bereits im Gründungsjahr des TBR die erste Feier im „Rößle“ einen riesengroßen Anklang fand. Es war eine Veranstaltung, die zwar exklusiv für TBR-Mitglieder und ihre Familien bestimmt war, aber dennoch die Attraktivität für andere Interessierte erhöhte. Auch diese wollten künftig dabei sein. Der Zulauf an Mitgliedern beim TBR erhöhte sich Jahr für Jahr und bestimmt nicht nur wegen der turnerischen Leibesübungen.
Die jährlichen Begegnungen liefen bis Anfang der 1960er-Jahre konsequent als sogenannte Weihnachtsfeiern, getrennt für Kinder und Erwachsene angeboten. Mit Weihnachten als christliches Fest in der religiösen Bedeutung hatten die Veranstaltungen weniger zu tun, eher mit dem Datum der Zusammenkünfte um die Weihnachtszeit. Auch deswegen wechselten die Bezeichnungen in der Folge immer wieder zwischen Weihnachtsfeier und Jahresfeier hin und her. Die Programmstruktur blieb sich dabei selbst treu, sie passte 1923 und könnte heute noch in den Grundzügen fast unverändert übernommen werden: gute Moderation/Ansprachen, Übungen der Sportler, lustige Einlagen, Sketche und Theaterstücke, gesangliche und musikalische Darbietungen, Quizz, Ehrungen, Tombola, Barbetrieb, Tanz und Unterhaltung bis nach Mitternacht. Feste feiern wie sie fallen.
Beispielhaft seien die Weihnachtsfeiern im Dezember 1946 und Januar 1947 genannt. Grob geschätzt müssen 350 Personen die beiden Termine im „Rößle“ besucht haben. Bei 80 qm Saalfläche aus heutiger Sicht anspruchsvoll eng. Vereinsangehörige (damals 47 Erwachsene) mit Frau hatten freien Zutritt, Kinder unter 16 Jahren durften nicht teilnehmen. Zusätzlich wurden 220 Eintrittskarten für je 1,50 Mark an Nichtvereinsmitglieder und 14 weitere an auswärtige Gäste für 2 Mark verkauft. Die Tellersammlung beim Tanz erbrachte beachtliche 17 Mark, sodass am Ende doch ein erheblicher Überschuss für den Verein erwirtschaftet war (so das Protokoll). Nur der Wein für die Musiker mit sage und schreibe 5 Mark riss ein Loch in die Finanzen.
Der „Rößle-Saal“ bis auf den letzten Platz rappelvoll gefüllt (sowohl 1947 als auch 1948)
Die Darbietungen auf der kleinen Bühne des Saales waren vielfältig: Unterhaltsame Theaterstücke durch eigene Vereinsmitglieder, musikalische Kostproben eines vereinseigenen Orchesters und Übungen der Turnerriege von Kindern und Erwachsenen. Sogar Reckübungen wurden trotz kritischer Raumhöhe nicht ausgelassen. Ob möglicherweise bei der Riesenfelge Deckenkontakte stattfanden, ist nicht überliefert. Über Turnverletzungen jedenfalls geben die Geschichtsbücher nichts her. Offiziell in den Protokollen dokumentiert ist hingegen, dass für die mitwirkenden Kinder bei der Kinder-Weihnachtsfeier je eine „Ritter-Sport-Schokolade“ und eine Brezel spendiert wurden. In späteren Jahren variierte die Geschenkpalette: eine Tafel Schokolade und zwei Taschentücher für die Mädchen, ein Drehbleistift und Kekse für die Buben und zudem Rahmbonbons oder ein Taschenmesser (Wert: 1 DM) für die Knaben und einen Waschlappen für die Mädchen. Sehr praktisch gedacht.
Theater bei der Weihnachtsfeier „Der Förster im Silberwald (1948)
Die obligatorische Pyramide der Turnerjugend am Ende vieler Jahresfeiern (1948)
Nach dem Bau der Gemeindehalle in Rielingshausen im Jahre 1964 waren die Feiern im „Rößle“ Vergangenheit. 40 Jahre lang war der Saal im Obergeschoss des Lokals der gern aufgesuchte Ort der jährlichen Begegnung und ein gesellschaftlicher Mittelpunkt der TBR-Vereinsmitglieder. Der „Umzug“ in die Gemeindehalle bot mehr Möglichkeiten auf der Schaubühne und natürlich konnte die Besucherkapazität gesteigert werden. Die Jahresfeier 1965 (am 08.01.1966) war mit 430 Plätzen restlos ausverkauft. Großen Anteil am erfolgreichen dreistündigen Programm hatte Theaterleiter Walter Fickel mit seiner Gefolgschaft. Gleich zwei Schauspiele wurden aufgeführt. „Der Zwillingsvater“ vor der Pause und nach der Pause „Älles wegera Goiß“. Höhepunkt des Abends waren die nicht unbekannten Rielingshäuser Straßenkehrer Walter Fickel und Paul Mix, die für ihre unterhaltsamen und informativen Dialoge Beifallsstürme ernteten.
„Aktenzeichen XY … ungelöst“, die 1967 gestartete ZDF-Fernsehreihe, wurde Anfang der 1970er-Jahre als beliebtes Ratespiel ideenreich auf die TBR-Bühne gebracht. Es wurden dabei keine wirklichen Verbrecher gesucht, aber bereits verdächtigte Personen aus der Region, die ihr Unwesen in Politik, Sport, Kultur oder Geschäftswelt trieben. Natürlich erkannte das Publikum die „gefährlichen Brüder“ ziemlich schnell, weil die feinfühligen Personenbeschreibungen letztlich keinen Zweifel ließen. Die Fernsehrolle von Fahnder „Ede“ Zimmermann hatte Fritz Fauser inne, die seines Schweizer Kollegen Werner Vetterli interpretierte „Charlie“ Wiesenauer dialektsicher.
In der Praxis Professor Dr. Fürchterlich wird jedem der Zahn gezogen (1974)
Die Gäste der Jahresfeier 1975 erlebten ein seltenes Schauspiel auf der Bühne der Gemeindehalle. Der Dramaturg Albert Baust hatte sich ein außergewöhnliches Schauspiel ausgedacht, vermutlich in Anlehnung an Marbachs berühmtesten Sohn: „Tell vom TBR“. Alle fünf damaligen Abteilungen des Vereins wirkten bei der Aufführung mit. In dieser Vereinspräsenz noch nie dagewesen und nie wieder erreicht. Was genau gespielt wurde und mit welchem konkreten Hintergrund, kann keiner mehr sagen, selbst die Darsteller nicht. Ein historisch wertvolles Bild zeigt verschiedene Akteure, natürlich auch den Tell. Er stand mit einer Armbrust drohend für das schlimmste bereit. Die Armbrust von damals ist ein Unikat „Marke Eigenbau“, welches von Hobbyschreiner Gerhard Trefz eigens für die Vorstellung gebaut wurde und heute noch bei ihm in sicherer Verwahrung ist. Leider hat niemand eine konkrete Handlung oder gar Textpassagen verwahrt, nicht mal im Gedächtnis. So bleibt vieles Spekulation.
„Tell vom TBR“ ein Theaterspiel mit allen Vereins-Abteilungen (1975)
Weihnachtsfeiern gab es fast immer parallel und separat für die TBR-Kinder. Kinder und Jugendliche verbinden mit dem Fest der Geburt Jesu eher die Erwartung auf Geschenke und Überraschungen. Schon deswegen waren die zumeist von Wolfgang und Helga Binder vorbildlich organisierten Weihnachtsfeiern über Jahrzehnte ein großer Erfolg, obwohl Geschenke nicht die Hauptsache des Festtages waren. Die Kinder durften sich spielerisch dem Publikum präsentieren und fanden das sehr aufregend. Die Aufmerksamkeit war berechtigt auf den TBR-Nachwuchs gerichtet. Diese Feiern am Jahresende überlebten die Jahresfeiern der Erwachsenen um Längen. Bis 1994 wurde diese Tradition unverändert gepflegt und auch gerne angenommen.
Obwohl Rielingshausen nicht als Faschingshochburg gilt, etablierte sich nach der Errichtung des Vereinsheims auch eine kleine aber feine Tradition zur Faschingszeit. Vermutlich war es die kuschelig närrische Atmosphäre im Vereinsheim, nicht zu groß und nicht zu klein und bei rund 80 bis 100 Narren trotz möglicher Verkleidung ging es bestimmt nicht anonym zu. Musikalische Umrahmung der Faschingsabende war Pflicht, aber nicht durch das TBR-Orchester, sondern beispielsweise 1967 durch die „Devil Brothers“ mit Hans Hahn oder 1969, als für 2 DM Eintrittsgeld eine sogenannte „Schiedsrichter-Kapelle“ aufspielte. Ob die „Schiris“ in schwarz auftraten, und vor allem was die „pfiffen“, ist nur den Jecken von damals vorbehalten. Ab Mitte der siebziger Jahre gesellten sich zu den Faschings-Partys auch Chormitglieder vom Gesangverein dazu und schunkelten singend, vereinsübergreifend untergehakt ein „Helau!“ Ähnlich wie bei den TBR-Jahresfeiern suchte sich die närrische Vereinszeit Anfang der 1980er-Jahre ebenso eine Erholung und Auszeit – um gelegentlich verkleidet als Abteilungsevent wieder aufzutauchen.
Auch in den 1950er-Jahren wurde beim TBR zünftig Fasching gefeiert.
Mitten drin der Vereinsmusiker Ewald Beer (1957)
Fazit: Schon vor dem 100-jährigen Bestehen stand fest, dass der TBR feste feiern kann. Egal ob bei Jubiläen, Sportfesten, Meisterschaften, Pokalgewinnen, Ehrungen Weihnachts- und Jahresfeiern, Ausflügen, Faschingstreiben, Theaterabenden und Bürgerfesten. Und wenn zufällig mal ein Jahreskalender mit Festen und Feiern dünn besetzt scheint, kann einfach spontan ein Kameradschaftsabend oder „Stammtisch“ eingelegt werden. So lebt ein Verein!
Text: mf
Das 100-jährige Jubiläum
Touristik im Verein –
Ausflüge in die weite Welt (Teil 1)
Die Herkunft des mittelhochdeutschen Wortes „Ausflug“ bedeutet: Der erste Flug der jungen Vögel oder Bienen. Wenn ein Zeitzeuge seine Jugendzeit über TBR-Ausflüge nach dem Zweiten Weltkrieg mit „Nur so semm‘r aus em Flecka rauskomma“, beschreibt, dann wird die Wortherkunft von ihm treffend bestätigt.
Gemeinsame Unternehmungen waren seit jeher eine Gepflogenheit im Verein, fast schon regelmäßiger Programmpunkt im Jahreskalender. Zu Anfang eher als Wanderung mit Einkehr, später als Tagesziel überregional oder zuweilen auch als mehrtägige Reise durchgeführt. Die Aufzeichnungen dazu, von der Vereinsgründung bis kurz nach dem Kriege im Jahre 1945, sind eher spärlich oder gar nicht vorhanden. Ab Ende der vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts wurden TBR-Ausflüge fast zum Vereins-Ritual mit Erlebnischarakter. Eine willkürliche Auswahl dieser unvergessenen Veranstaltungen soll das deutlich werden lassen:
Ehe die traditionsreichen Himmelfahrtswanderungen in den 1970er-Jahren in Rielingshausen begannen, war dieser Feiertag schon immer ein beliebtes Ausflugsdatum. So auch im Jahre 1949, an dem die erste Vereinsausfahrt nach dem Zweiten Weltkrieg unternommen wurde. Das Reiseverkehrsunternehmen Feyhl aus Ludwigsburg hatte eine interessante Route durch den Schwarzwald, der größten Mittelgebirgs-Region Deutschlands, organisiert: Bad Wildbad, Schwarzenbach-Talsperre, Berg Hornisgrinde, Freudenstadt, Altensteig und Nagold waren die Stationen einer Erlebnisreise, die unterwegs auch musikalisch hohen Ansprüchen genügte. Warum? Der Ausflug wurde gemeinsam mit dem Gesangverein Sängerlust aus Rielingshausen durchgeführt und zudem unterstützte der Vereinsmusiker Ewald Beer gekonnt an der Ziehharmonika. So zog sich der Reisetag fast bis Mitternacht.
Die Gruppe der TBR-Ausflügler in Bad Wildbad im Jahre 1949
Ein ganz anders gestalteter Sonntagsausflug führte die TBRler 1954 ins Filstal nach Reichenbach, zu den dortigen Sportkameraden. Der Kontakt wurde über den ehemaligen Rielingshäuser Oskar Holzwarth hergestellt, der damals gerade frisch zum Vorstand des Turnvereins Reichenbach gewählt wurde (vorher war er beim TV Handballtrainer). Bis ins Jahr 1990 war Oskar Vereinsvorstand, die Beziehungen dorthin wurden über Jahre regelmäßig gepflegt. Der Antrittsbesuch der Rielingshäuser im Jahre 1954 gelang jedenfalls eindrucksvoll. Zwei Busse mit insgesamt 74 Personen, quasi der halbe Verein, bewegten sich nach Reichenbach, um dort auf dem Sportplatz zu glänzen. Zunächst mit gekonnten Turnvorführungen, dann in einem spannenden Handballspiel und zu guter Letzt mit einer beeindruckenden Reifengymnastik der Frauenriege. Eine TBR-Demonstration der Stärke und Vielfalt. Die Filstäler staunten nicht schlecht. Oskar Holzwarth spielte dazu auf seinem Klavier.
Insgesamt 45 Teilnehmer waren beim Tagesausflug 1956 nach Bad Friedrichshall-Kochendorf in den unterirdischen Gängen des Salzbergwerks unterwegs und suchten nach dem „weißen Gold“. Weil er nichts fand, wanderte der Trupp unmittelbar danach durch die nicht ungefährliche Wolfsschlucht bei Zwingenberg am Neckar. Der Überlieferung nach soll Carl Maria von Weber an diesem Ort im Odenwald zu seiner Oper „Der Freischütz“ inspiriert worden sein. Die berühmten Festspiele auf Schloss Zwingenberg, idyllisch über dem Neckar gelegen, führen seitdem regelmäßig diese erfolgreiche Oper im Programm. Schwer ermüdet landeten die Wanderer in der Burgruine Weibertreu, ursprünglich Burg Weinsberg. Nicht unbekannt ist die überlieferte Namensgebung. Nach der Kapitulation der belagerten Burg 1140 retteten die Frauen ihre Männer vor der Hinrichtung, indem die holde Weiblichkeit die Herren der Schöpfung huckepack den Berg hinab trug. Vorausgegangen war die Zusage des siegreichen Königs, der den Weibern auf der Burg freien Abzug und die Erlaubnis gab, jede dürfe forttragen, was sie auf ihren Schultern vermochte. Die TBR-Ausflügler fragten sich unentschlossen gegenseitig: Wer denn wen und auf welche Weise nach einem anstrengenden Tag am Abend nach Hause tragen solle? Dann nahmen doch alle den Bus.
1957 hatte der TBR-Vereinsvorstand Koblenz, die Stadt an Rhein und Mosel, sowie den Rheingau als Ausflugsziel erkoren. Berichtenswert davon ist lediglich, dass die geplante Rückreisezeit von Rüdesheim nach Beilstein völlig aus den Fugen geriet. Eigentlich wollte die gesamte Reisegesellschaft im „Schwanen“ in Beilstein um 20 Uhr zu Abend essen. Zu dieser Zeit erst verließen die Ausflügler gerade das kleine Weinstädtchen am Rhein. Dem Schwanenwirt schwante bald nichts Gutes, er war berechtigterweise stinksauer. Ob die Verspätung an der Faszination der mittelaltrigen Burgherrlichkeit der Stadt lag oder doch eher am Rüdesheimer Kaffee, bleibt spekulativ. Das neuartige Rezept für die Kaffeespezialität wurde genau im Jahre 1957 erstmals kredenzt. Vermutlich dienten die Schwaben aus Rielingshausen als Versuchsopfer. „Asbach Uralt“, mit Würfelzucker erwärmt und flambiert, dazu starker Kaffee und Schlagsahnehaube mit Schokoladestückchen. Bei diesem Genuss war es nicht verwunderlich, dass nicht nur die Zeit davonlief. Dem TBR-Vorstand Rudolf Maier war das Malheur äußerst peinlich. Die Ausflugsgesellschaft holte das Essen im „Schwanen“ als Art Wiedergutmachung zwei Wochen später nach. Mit immerhin 25 freiwilligen Gästen, eingeladen waren auch die Vereinsmitglieder Maria und Emil Stickel, die gerade zufällig auf Heimaturlaub aus Kolumbien in Rielingshausen waren
Gruppenbild in Rüdesheim vor dem Genuss des berühmten Kaffees im Jahre 1957
Was auf Dauer nicht verhindern werden konnte, setzte im Jahre 1959 ein. Es war die zunehmende Eigenständigkeit der Abteilungen, nicht nur personell und sportlich, sondern auch in der Organisation und Planung von Ausflügen. Eine hitzige Debatte wurde damals von Vorstand Rudolf Maier eröffnet, der einen nicht abgestimmten Ausflug der Handballabteilung in die Schweiz massiv kritisierte. Ein solches Eigenleben der Abteilungen sei nicht im Sinne des Gemeinwohls im Verein. Der Beschluss am Ende der Sitzung lautete: Der Ausflug in die Schweiz wird kurzfristig als Vereinsausflug angeboten.
Der TBR reist in dicht geschlossenen Reihen an den Bodensee (1960)
Der Appell des Vereinsführers muss gefruchtet haben, war doch ein Jahr später der gemeinsame Ausflug an den Bodensee (28.08.1960) fast überbucht. 62 Teilnehmer waren gemeldet und warteten um 4.30 Uhr an der Bushaltstelle in Rielingshausen. Im Hintergrund das gewaltige Schnarchen eines nicht genannten benachbarten Hausbewohners. Das war ja noch zu verkraften, aber nicht das Missgeschick des Omnibusunternehmens. Dieses schickte aus Versehen nur einen Bus, statt der geplanten zwei. Werner Holzwarth sprang dankenswerterweise in die Bresche und fuhr mit seinem PKW, und auch das Busunternehmen stellte noch kurzfristig ein Fahrzeug zur Verfügung. Es durften also alle mitfahren, der Schnarchende war inzwischen vom aufgeregten Lärm aufgewacht und wunderte sich über die frühe ungewohnte Betriebsamkeit vor seinem Haus. Das Ziel der Reisenden waren Lindau und Bregenz. In Lindau mit Stadtbesichtigung und von dort aus mit dem Dampfer über den Bodensee nach Bregenz. Die Fahrt mit der Drahtseilbahn auf den 1.064 m hohen Pfänder war ein besonderes Erlebnis. Oben auf dem Olymp der Urlaubsgötter am Bodensee war eine spektakuläre Fernsicht zu genießen. Die Rückfahrt erfolgte über Zwiefalten (Dom) mit gemütlichem Ausklang in Riederich bei Metzingen. Bei frohem Tanz und Sang wurde der überaus gelungene Ausflug vielerlei gewürdigt, vom Start mal abgesehen. Kurz nach 24 Uhr wurde der Heimatort wieder erreicht. Die Umgebung schlief um diese Zeit schon wieder, hörbar.
Nächste Woche folgt der 2. Teil von „Touristik im Verein“
Text: mf
Das 100-jährige Jubiläum
Touristik im Verein –
Ausflüge in die weite Welt (Teil 2)
Ausflüge des gesamten Vereins wurden ab Mitte der sechziger Jahre merklich weniger. Die Abteilungen des TBR wurden größer, und wie schon erwähnt, eigenständiger. Abteilungsausflüge nahmen zu und blieben unverändert wie Vereinsausflüge beliebt, nur in anderer Zusammensetzung. Über all diese Ausflüge zu berichten, sprengt den Rahmen an dieser Stelle. Außergewöhnliche Reiseaktivitäten erscheinen in der jeweiligen Abteilungschronik.
Die über die Jahre gesammelten Erlebnisse und Anekdoten vieler Ausflüge sind nicht immer historisch abgesichert. Die Erzählungen dazu variieren, je nach Laune oder bruchstückhafter Erinnerung. Manches ist fast nicht zu glauben, gleicht lustigen Possenspielen und klingt eher nach Bubenstreichen von Erwachsenen à la Max und Moritz. Möglicherweise wäre dies ein geeigneter Stoff für die Theatergruppe des TBR.
„Hat jemand meinen Koffer gesehen?“ (Turckheim 1978)
Einen neuen Anlauf für einen übergreifenden Vereinsausflug unternahmen die Verantwortlichen im Mai 1978. Es ging für drei Tage ins Elsass – Ein toller Ausflug mit viel Unterhaltung, Musik und Klamauk. Die meisten Reiseteilnehmer waren dem „Handball“ zuzurechnen, nur wenige aus anderen Abteilungen. Erstes erlebenswertes Ziel war die in der Nähe der Vogesen liegende frühere Reichsstadt Turckheim mit historischem Ortskern. Dort wurde auch Quartier bezogen und für manche die Nacht zum Tage, obwohl der Nachtwächter rechtzeitig zur Ruhe mahnte. Nicht aber der „Turckheimer Brand“, eine elsässische Spirituose der Extraklasse. Colmar und Straßburg waren weitere Anlaufstationen, natürlich mit Besichtigung des Münsters von Straßburg, eines der bedeutendsten Kathedralen der Architekturgeschichte, beeinflusst von deutscher und französischer Kultur. Auch der Hartmannsweilerkopf ist deutsch/französisch geprägt, leider auch als Ort erbitterter Kämpfe im Ersten Weltkrieg mit mindestens 30.000 toten Soldaten.
TBR-Vereinsausflug ins Burgenland (1983)
Fünf Jahre später in 1983 erfolgte die Steigerung zu einem fünftägigen Vereinsausflug ins Burgenland, nach Wien und an den Neusiedler See. Die zahlreichen Reiseteilnehmer (vornehmlich Hand- und Volleyballer) waren begeistert von Region und Kultur an der österreichisch/ungarischen Grenze. Hervorragende Unterkunft war der „Burgenländer Hof“ in Mörbisch, direkt am See gelegen. Das Hotel im Familienbetrieb, schon damals mit herzlicher Gastlichkeit, kann heute noch aufgesucht werden. Natürlich war Wien mit Stadtbesichtigung und Besuch des Vergnügungsparks „Prater“ mit seinen nostalgischen Fahrgeschäften und dem berühmten Riesenrad wortwörtlich ein Höhepunkt. Umso tiefer der unerwartete Fall. Gemeint ist ein Skandal, der ausgehend vom Neusiedler See die internationale Weinwelt in ihren Grundfesten erschütterte und auch die Reisenden aus Rielingshausen erfasste. Unweit des Quartiers war in Rust, in der Weinmetropole des Burgenlandes, eine Weinprobe angesetzt. Die Proben von Auslese, Spätlese, Beerenauslese und Eiswein überzeugten so sehr, dass davon ordentlich für zuhause eingekauft wurde, zum Beispiel die berühmte edelsüße Spezialität von dort, der sogenannte „Ruster Ausbruch“. Gut ein Jahr nach dem Ausflug kam es Anfang 1985 zum Ausbruch des sogenannten Glykol-Skandals. In vermeintlich edlen Tropfen war plötzlich das Frostschutzmittel „Diethylenglykol“ aufgetaucht, um mehr süßliches Weinbouquet zu verleihen. Wie wirkte sich das schädigende Vorgehen einiger Winzer im Burgenland auf die Schwaben vom TBR aus? Entweder waren die Tropfen ohne erkennbare gesundheitliche Schäden bereits getrunken oder der Flascheninhalt wurde widerwillig in den Gully geschüttet. Dann aber im Nachhinein mit finanziellen Schäden. Die Weinprobe von Rust wird in Erinnerung bleiben.
Der Glykol-Wein kommt unversehrt in Rielingshausen an (1983)
Ein letztes Aufbäumen, vielleicht gelingt ja doch wieder mal ein Vereinsausflug, dann sieben Jahre später im Mai 1990. Uli Lauterwasser und seine Frau Rose (auch schon mal mit „Frau Schemel“ angesprochen) nahmen die keinesfalls lahme Organisation für einen Zwei-Tages-Ausflug in den sogenannten „Lamer Winkel“ im Bayerischen Wald in die Hand. Sehr erfolgreich, ein gut besetzter Bus bewegte sich nach Regensburg, um die einzigartig gut erhaltene mittelalterliche Großstadt per Führung zu bewundern. An der ältesten erhaltenen Steinbrücke über die Donau wurden der Reisegesellschaft, live am Grill, frisch zubereitete Regensburger Würstchen zur Stärkung serviert. Die Glasstadt Zwiesel liegt nicht im Regen, sondern an drei Flüssen namens Regen (groß, klein und schwarz) und ist bekannt für die dortigen Kristallmanufakturen und Glasverarbeitungsbetriebe. Natürlich wurden diese aufgesucht und bestaunt, Glaseinkäufe im dekorativen Design eingeschlossen. Nächstes Etappenziel war die „Walhalla“, ein Bau in Gestalt von Säulen, ähnlich dem eines Tempels, der sich hoch über der Donau erhebt. Natürlich wurde sie im Auftrag vom bayerischen König Ludwig I. erstellt. Die Reisegruppe fügte sich fotogen zwischen den Tempelsäulen ein und schaute erhaben und majestätisch auf die blaue Donau hinunter. Den Blick hinauf bildete der Abschluss des Ausfluges, die Sesselbahnfahrt auf den Großen Arber, 1.455 m hoch gelegen, der höchste Berg im Bayerischen Wald. In luftiger Höhe war die Gelegenheit zu einem Frühschoppen angeboten, verbunden mit einer grandiosen Aussicht in die Weite der Region.
TBR on top – auf den obersten Stufen der Walhalla (1990)
Soweit der Blick von diesem Gipfelkreuz auch reichte, es war kein TBR-Ausflug mehr zu erspähen. Seit nunmehr über dreißig Jahren hat der Turnerbund Rielingshausen keinen Vereinsausflug mehr veranstaltet. Aus welchen Gründen auch immer. Muss man sich darüber Sorgen machen? Vermutlich nicht. Irgendwie gelingt es in einem Verein mit sechs Abteilungen und diversen Untergruppierungen nicht, einen Fokus auf gemeinsame übergreifende Aktivitäten zu lenken. Entweder ist dazu in der heutigen Zeit kein Bedarf mehr da, oder die Attraktivität möglicher gemeinsamer Veranstaltungen ist zu gering gesetzt.
Fazit: Weit und breit ist kein TBR-Rufer in der Ausflugswüste auszumachen – auch nicht im Jubiläumsjahr. Schade, mögen manche denken. Andererseits gilt die Erkenntnis des Zeitzeugen vom Anfang der Berichterstattung heutzutage schon lange nicht mehr. Aus Rielingshausen, obwohl Stadtteil aber immer noch eher „Flecken“, kommt jeder und jede mit wenig Anstrengung auch ohne Ausflug heraus.
Wohin auch immer!
Das 100-jährige Jubiläum
„Nous sommes amis“ –
der TBR und L’Isle-Adam
„Wir sind Freunde“ so lautet der Slogan für die Partnerschaft der Städte Marbach und L’Isle-Adam in Frankreich. Der offizielle Freundschaftsvertrag hatte seinen Anfang im Jahre 1987, doch eine Annäherung der beiden Städte fand schon einige Jahre früher statt. Daran waren nicht nur Vertreter aus Wirtschaft und Verwaltung beteiligt, sondern in großem Maße auch die Vereine der beiden Städte. So auch der Turnerbund aus Rielingshausen, der zusammen mit weiteren Vereinen aus Marbach bereits 1984 mit zwei Bussen seine erste Fahrt zum Besuch nach L’Isle-Adam, ungefähr 50 km nordwestlich von Paris gelegen, unternahm. Beim ersten Mal nur mit Handballern vom TBR und keinen vom TV Marbach. Beiden Mannschaften passte der Termin eigentlich nicht, weil für auswärtige Turniere Zusagen erteilt waren. Der TV wollte seine traditionelle Sportfreundschaft mit Union Leoben in der Steiermark nicht aufs Spiel setzen, daher sprangen die TBR-Aktiven in die Bresche. Und diese haben den etwas aufgezwungenen Auftakt nie bereut. Ganz im Gegenteil. Beim zweiten Besuch erweiterte sich der TBR-Reisetross mit Spielern und Gästen aus der Volleyballtruppe. Einige Jahre später bildeten sich ebenso Kontakte und Besuche zwischen den Karate-Sportlern aus Rielingshausen und den Aikido Adamois. Selbst die unterschiedlichen Kampfkünste verbinden sich in dieser Partnerschaft. Kaum zu glauben, aber was 1984 mit kleiner Flamme begann, lodert heute noch.
Handballer des TBR mit den französischen Gastgebern (1984)
Wie hat sich so eine völkerverständigende Beziehung und Freundschaft entwickelt? Ganz einfach durch Begegnungen und Kommunikation. Schon im Jahre 1985 reisten bei ihrem ersten Gegenbesuch sage und schreibe 49 Sportlerinnen und Sportler aus L’Isle-Adam zum Internationalen Pfingstturnier nach Rielingshausen an. Diese gegenseitigen Besuche zu Pfingsten wurden über ein Jahrzehnt zur Tradition, immer im Wechsel der Jahre. Längst gibt es zwar keine Pfingstturniere mehr aber den Kontakten tat dies keinen Abbruch. Oft wurden den Gästen der Partnerstadt jeweils alternative Programme angeboten, die sportlich und kulturell sehr abwechslungsreich waren. Zum 75-jährigen Jubiläum des TBR im Jahre 1998 brachte eine Abordnung der „Adameser“ ein riesiges Weinfass als Gastgeschenk mit. Natürlich bis oben hin gefüllt!
Die Volleyballer der Städtepartnerschaft auf der Schillerhöhe In Marbach (1985)
Sowohl im Handball und Volleyball als auch im Karatesport sind die jeweiligen Verantwortlichen aus den beiden Städten Garanten für lebendige und vertrauensvolle Partnerschaften. Im Handball auf TBR-Seite waren dies zu Anfang der „Franzose“ Siegfried Holzwarth, später Armin Häußermann, auf französischer Seite vor allem der langjährige Handball-Abteilungsleiter Michel Bratigny. Im Volleyball waren der schwäbische „Ranger“ Rainer Holzwarth und der adamesische „Chouchacke“ alias Jean Jacques Brottoire, bestens vernetzt. Und seit über 20 Jahren sind die Aikido-Kampfkünstler über ihren Trainer Georges Masson mit den Karatekas aus Rielingshausen über Raimund Schleicher im regen Austausch.
Erster Besuch mit Lehrgang in L’Isle-Adam (2012)
Regelmäßige Kontakte lassen auch auf persönlicher und familiärer Ebene mehr Beziehungen und Freundschaften zu. Auch das hat sich über die Jahre vorbildlich entwickelt, obwohl Sprache und Kultur für manche Neuland und Abenteuer waren und vielleicht noch sind. Die deutsch-französischen Beziehungen zwischen den Partnerstädten leben ungebrochen auch im Jubiläumsjahr des TBR weiter, wenngleich die Aktivitäten auf sportlicher Ebene etwas nachgelassen haben. Der Austausch ist nicht mehr ganz so intensiv. Er steht und fällt mit den handelnden Personen und deren Kontaktpflege. Möge die über Jahrzehnte gewachsene starke Verwurzelung von Marbach am Neckar und L’Isle-Adam an der Oise weiter Bestand, Kraft und Ausdauer haben.
Beide Städte sind allemal eine Reise wert. So erlag schon 1827 der französische Schriftsteller Honoré de Balzac bei einem längeren Aufenthalt in L’Isle-Adam der besonderen Anziehungskraft der Stadt. Er schrieb damals, der Ort sei sein Paradies auf Erden. Ähnlichen Charme strahlt die Schiller-Stadt Marbach aus und kann zudem für sich beanspruchen, dass einer der größten deutschen Dichter und Denker nicht nur zu Besuch in der Stadt war, sondern genau dort geboren wurde. Was liegt näher als die beiden überragenden Schriftsteller „sportlich“ zu zitieren, „Es ist der Geist, der sich den Körper baut.“ stellte Friedrich von Schiller in seinem „Wallenstein“ fest, worauf der später geborene Balzac diese Ansicht in seinem Werk „Nebenbuhler“ ausdrücklich bestätigte: „Auch der Geist hat seine Hygiene, er bedarf, wie der Körper, einer Gymnastik.“
Da kann selbst Turnvater Jahn kaum mithalten. Und was für eine Übereinstimmung der beiden Berühmtheiten im Geiste. Genau wie es die gegenseitige Verständigung und Brüderlichkeit der Partnerstädte Marbach und L‘Isle-Adam weiterlebt.
Vor dem Bootshaus am Neckar – die Freunde aus L’Isle-Adam zu Besuch in Marbach (2013)
Das 100-jährige Jubiläum
TBR-Tradition an Himmelfahrt: Wanderungen
Im weltlichen Brauchtum entwickelte sich der sogenannte „Vatertag“ von der ursprünglichen Herrenpartie immer mehr zum Tagesausflug mit der ganzen Familie. Eigentlich aber ist der 39. Tag nach Ostern ein Feiertag in der römisch-katholischen Liturgie, vielerorts verbunden auch mit Bittprozessionen. Die alljährliche Prozession der TBR-Schar an Christi Himmelfahrt, mit oft bis zu 100 Teilnehmern, gewann über die Jahrzehnte immer mehr an Popularität und Bedeutung. In fast 50 Prozent aller TBR-Jahre wurde diese Tradition im Verein gepflegt, sie hat inzwischen einen regelrechten Kultstatus erreicht. Vielleicht beschreibt das Wesen dieser nicht mehr wegzudenkenden Wanderungen um Rielingshausen auch eine grundsätzliche Philosophie und ein Motto des Turnerbundes: Bewegung in der Gemeinschaft, beste Unterhaltung, geselliges Beisammensein bei Speis und Trank.
Auf „Klein Hawaii“ – dem zweithöchsten Punkt auf der Gemarkung Rielingshausen (2012)
Seit 1934 ist Christi Himmelfahrt gesetzlicher Feiertag in Deutschland. Schon in der ersten Hälfte des TBR-Bestehens gab es an diesem besonderen Donnerstag Ausflüge und auch gelegentlich Wanderungen. Aber erst seit 1973 wurde die von der Handball-Abteilung initiierte Aktivität zum regelmäßigen Programmpunkt im Jahreskalender des TBR. Die Veranstaltung war von Anfang an für alle Vereinsmitglieder und deren Familienangehörige offen. Das haben die ortskundigen und über viele Jahrzehnte erprobten Ober-Wanderführer Kurt Gall und Gerhard Schaupp stets betont. Letzterer hatte die Wanderungen bis in das Jahr 2019 angeführt. Dann hat die Corona-Pandemie eine jähe und nie dagewesene Unterbrechung von zwei Jahren gebracht. Die 48. Wanderung an Himmelfahrt im Jahre 2022 konnte dann wieder stattfinden. Leider erlebte Wanderführer Gerhard Schaupp diesen Tag nicht, er verstarb im März des Jahres wenige Wochen vor seinem 80. Geburtstag. Zwangsläufig werden andere die Auswahl und Führung der Wanderrouten übernehmen. Den Auftakt gestalteten Gerald Marx und Harald Orthwein gemeinsam sehr kompetent.
Wanderführer Gerhard Schaupp: „Wir laufen rechts rum!“ (2011)
Die Wanderungen hatten nur mit wenigen Ausnahmen ihren Ausgangspunkt immer am Hardtwald-Sportgelände. Und meistens bei gutem Wetter und Sonnenschein. Die TBR-Familien starteten am frühen Vormittag wohlgelaunt: Ältere, Jüngere, Eltern, Paare, Singles, Jugendliche, Kinder, Kleinkinder und Hunde. Die dann eingeschlagenen Rundkurse um die Gemarkung oder darüber hinaus hatten allerdings hin und wieder ihre Tücken. So erschien beispielsweise der im Vorfeld als kinderwagentauglich angekündigte Wanderweg durch das Wüstenbachtal doch eher als anspruchsvolle Transportlast für die überraschte Familie. Oder die sorgenvolle Frage in der Weinbergwelt nähe Steinheim: „Geht es hier überhaupt begehbar weiter?“ Die Antwort darauf: „Vor einem Jahr war hier noch ein Weg“. Die nimmermüden Wanderer nahmen kilometerlange Irrwege in Kauf, um endlich glücklich zum „Steinsofa Kanapee“ nähe Aspach zu gelangen. Wanderführer Gerhard hatte stets an jeder Weggabelung eine passende Antwort für den weiter einzuschlagenden Kurs. Nur eines war im Nachhinein dabei immer klar: Abkürzungen waren das keine. Selbstverständlich tat dies der guten Stimmung keinen Abbruch.
Irrläufer am Steinsofa Kanapee (2015)
Wem die Wanderbewegung zu wenig war, der wurde in manchen Jahren unterwegs noch mit Spielstraßen oder Wettbewerbsstationen verwöhnt. Besonders die Jugendlichen nahmen diese, von Manfred Lauterwasser eingebauten und attraktiven Abwechslungen, gerne an.
Wanderer kommen nach Burg Lichtenberg (2017)
Bei solch anstrengenden Unternehmungen war und ist die rechtzeitige und kalorienreiche Verpflegung für unterwegs enorm wichtig. So liefert das gut ausgebildete Verpflegungsteam jeweils auf einer Zwischenrast ein Brezelvesper und Erfrischungsgetränke. Nicht unüblich ist auch die Einnahme von Spirituosen in Form eines sogenannten TBR-Wegeschnaps. Die Versorgungsteams hatten und haben echte Qualität in der Bereitstellung ausreichender Stärkung für die Wanderer. Über Jahrzehnte taten sich hauptsächlich Wolfgang Kreuzer, Michael Holzwarth, Anton Bernhardt, Uli Lauterwasser und Armin Häußermann hervor.
Der Abschluss der Wanderungen am „Vatertag“ war in vielen Jahren direkt am Grill- und Spielplatz im Hardtwald an der Römerstraße, in den letzten Jahren ausschließlich rund um das Vereinsheim oder auf dem Vorplatz des benachbarten Schützenvereins. Auch dort war die Versorgung mit leckerem Grillgut und Getränken aller Art immer exzellent organisiert und nur zu loben. Diese Annehmlichkeiten sollen auch im TBR-Jubiläumsjahr die 49.Wanderung an Christi Himmelfahrt gemütlich und gut gelaunt ausklingen lassen. Gespräche rund um Wichtiges und Unwichtiges, um Familie, Sport, Politik und Verein dürfen an solch einem Feiertag nicht fehlen – auch mit der Erkenntnis für das nächste Jahr: „The same procedure as every year.“
Chef der Versorgung – Mundschenk „Duda“ Wolfgang Kreuzer (2012)
Eine separate Information wird zur traditionellen Himmelfahrtswanderung am 18.05.2023 einladen. Kommen Sie einfach dazu!
Das 100-jährige Jubiläum
Frohe Pfingsten auf dem Sportgelände am Hardtwald (Teil 1)
Sporttage und Sportwochenenden gab es beim TBR schon immer. Auch Turniere im Handball und im Volleyball. Nach der Einweihung des ersten Kleinspielfeldes im Jahre 1971 ereilte den TBR-Verantwortlichen die Eingabe von „oben“: Wir nutzen das Pfingstwochenende für ein grandioses Turnier in familiärer Atmosphäre und trotzdem mit internationaler Beteiligung. Und so kam es im Jahre 1972 zum ambitionierten Auftakt von Turnieren auf dem idyllisch gelegenen Sportgelände am Hardtwald. Bald weit über die Rielingshäuser Grenzen hinaus bekannt, wurde es bis ins Jahr 1993 zur Vereins-Tradition. Das Pfingstfest passte perfekt. Warum?
Pfingsten schließt in der christlichen Lehre die 50 Tage nach Ostern festlich ab, im Neuen Testament mit der feierlichen Versammlung der Apostel und Jünger, auf die der Heilige Geist herabkam. In Rielingshausen nahmen TBR-Jünger die Eingebung von einem Fest sofort auf und setzten es zielgerichtet um. Dabei wurde kein Pfingstochse festlich geschmückt durch den Ort auf den Sportplatz getrieben. Nein, ein völlig anderes Brauchtum entwickelte sich: Unzählige Mannschaften pilgerten zum Sportgelände am Hardtwald, um sich regelmäßig zu begegnen, sich sportlich und fair zu messen, um Kameradschaft zu pflegen, um in Zelten auf dem Sportplatz oder in Fahrzeugen (kurz) zu übernachten, um festlich und ausgelassen zu feiern. Ein buntes Bild voller Leben und Freude, eben wie für Pfingstfesttage passend.
Der Sportplatz als Zelt- und Parkplatz (1975)
Das erste Turnier 1972 war mit 28 Mannschaften schon gut besetzt, auch bestens organisiert, aber es war erst der Startschuss für eine immense Fortschreibung. Ein Jahr später – im TBR-Jubiläumsjahr 1973 – war das Pfingstturnier in die Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen des Vereins eingebettet. Das Teilnehmerfeld wuchs auf 48 Handball- und Volleyballmannschaften für Frauen-, Männer- und Jugendteams aus insgesamt vier Nationen an. Gäste aus Holland, Schweiz und Frankeich waren herzlich willkommen und kamen später auch gerne wieder. Sie wurden quasi zu Stammgästen in der Provinz, obwohl Rielingshausen zwischendurch zum Stadtteil aufstieg. Handballmannschaften vom TSV Scharnhausen, TV Alzey, TSV SCHOTT Mainz, SV Bolheim, TGV Holzhausen und der TSG Ailingen kamen immer wieder und immer wieder gerne. Auch aus dem Ausland wie beispielsweise die Freunde aus der französischen Partnerstadt vom HVO HC L’Isle-Adam oder vom HB Massy Essonne (später St.-Michel-sur-Sorge), dem TV Endingen (Schweiz) oder den holländischen Gästen vom RKSV Hercules Rijswijk (Den Haag). Im Volleyball sind besonders die Teams vom TSV Laupheim, der TSG Ehingen und die französischen Freundinnen und Freunde von IAFVO L’Isle-Adam zu erwähnen.
Handballer Harald Orthwein legt sich am Kreis quer (1979)
Ab dem Jahre 1973 wurde das TBR-Pfingstspektakel alle zwei Jahre angeboten. Zwar waren die Einnahmen jeweils beträchtlich und fütterten die Vereinskasse gut auf, allerdings war der organisatorische und logistische Aufwand einfach nicht jedes Jahr von einem so kleinen Verein wie dem TBR zu stemmen. Überwiegend waren ehrenamtliche Helfer und Unterstützer zu Arbeitsdiensten rund um das Turniergeschehen eingesetzt. Ein Jahr Pause tat allen Beteiligten mehr als gut.
Doch sollten die folgenden Jahre einen noch größeren Zulauf und Andrang erfahren. Die Kapazitätsgrenzen wurden deutlich erkennbar, als sich über 100 Mannschaften, das TBR-Personal und zusätzliche Gäste als Zuschauer auf dem Gelände tummelten.
Natürlich zählte bei einem internationalen Turnier in diesen Größenordnungen nicht nur der sportliche Erfolg, sondern genauso wichtig waren Geselligkeit, Tanz, Musik, Gesang, gute Laune, Freude und Spaß. Letztlich zählte auch die gelebte Völkerverständigung, wenn sich über 1.000 Sportlerinnen und Sportler trafen. Genau das war die bewusst gewählte TBR-Philosophie zu Beginn der Turnierserie.
Pfingstturniergelände von oben (1983)
Im Jahre 1981 erschien in der Marbacher Zeitung ein Artikel über das Turnier mit der fragwürdigen Überschrift „Arabesken am Rande der sportlichen Lorbeeren“. Eine diffamierende Darstellung, zwar als Glosse einer Putzfrau getarnt, trotzdem Werk einer in diesem Fall inkompetenten Journalistin. Im Nachhinein wurde die geistige Haltung in der Berichterstattung zum Zündstoff mit dem Verein. Der Schreiberin missfiel der Überschwang der Gefühle und das Verhalten vieler Beteiligter an den Festabenden. Besonders massiv griff sie die Ausgelassenheit und Lautstärke ausländischer Gäste an. Das konnte sich der TBR nicht bieten lassen, zumal auch Tatsachen verdreht oder völlig übertrieben dargestellt wurden. Ein offener Brief des Vereins an die Redaktion der Marbacher Zeitung schuf dann Klarstellung und Transparenz. Und hoffentlich auch mehr Verständnis und Toleranz. Weitere Artikel über Sport und Spiel aus Rielingshausen erschienen von jener „Sophie“ nie wieder. – Zur Abrundung dieser überflüssigen Diskussion passt der Auszug eines Gedichtes „Das schöne Pfingstturnier“. Der damalige Kulturwart des TBR, Albert Baust, formulierte in seinem Epos im Vers 6 wie folgt:
Die Zeltstadt war ein Bild der Wonnen, interessant der Jugend Bild.
Den Abfall warf sie in die Tonnen, ganz schön artig und nirgends wild.
Das 100-jährige Jubiläum
Frohe Pfingsten auf dem Sportgelände am Hardtwald (Teil 2)
Im Jahre 1983 fand eines der wenigen Pfingstturniere in Rielingshausen statt, bei dem das Wetter nicht so richtig mitspielte. Eigentlich gar nicht, es regnete in Strömen. Fast wäre die Veranstaltung dann buchstäblich ins Wasser gefallen, wäre nicht kurz vorher auf dem zweiten Kleinspielfeld ein neuer Kunstrasen (DLW-sportfloor) verlegt worden, der eine solche Qualität aufwies, dass sowohl nach Regengüssen als auch während des Regens eine komplikationslose Bespielbarkeit gegeben war. Das war enorm wichtig, zumal insgesamt 110 Mannschaften am Start waren, 70 davon spielten Handball und 40 Volleyball. Am Ende der Veranstaltung war der Beweis erbracht, dass der TBR selbst bei widrigen Bedingungen ein Turnier in dieser Größenordnung sehr gut organisieren kann. Und die Stimmung war in jenem Jahr ebenfalls feuchtfröhlich, nur anders.
Volleyballspiel der Damen: Schmetterball und Block (1983)
Der Pfingstturniergeist kurz vor dem Siedepunkt im vollbesetzten Vereinsheim (1985)
Ab dem Jahre 1987 verringerte sich das Teilnehmerfeld immer mehr. Das hatte bestimmt unterschiedliche Gründe. Einerseits ließ das Interesse zur Teilnahme der Vereine an solchen mehrtägigen Freundschaftsturnieren grundsätzlich nach, andererseits war die Organisation und Durchführung für den gastgebenden Verein unverändert eine Mammutaufgabe, die jeweils viele freiwillige Helferstunden erforderte. Auch diese Bereitschaft stieß an ihre Grenzen.
Historisches Pfingstgelände am Hardtwald (1989)
1989, wenige Tage vor dem Beginn der Baumaßnahmen zur Sporthalle am Hardtwald, fand das letzte Pfingstturnier auf den zwei Kleinspielfeldern (Kunststoff bzw. Kunstrasen) statt. Kurz danach war das erste Kleinspielfeld, welches 1971 erstellt wurde, einer anderen Bestimmung übergeben, wenn man so will „überdacht“. Denn ein Jahr später stand auf jenem Areal eine Sporthalle.
Linkshänderin Melanie Gall beim erfolgreichen Torwurf (1989)
Die Tradition der Pfingstturniere in Rielingshausen hatte deswegen erstmals eine abweichende Pause von drei Jahren, anstatt zwei. 1992 wagten die TBR-Veranstalter einen neuen Anlauf in kleinerem Rahmen, nämlich nur noch auf einem Kleinspielfeld mit Kunstrasen und restlichen Feldern auf dem natürlichen Rasen (Sportplatz).
Drei Jahre später, im eigentlichen Rhythmus der ungeraden Jahre wieder angelangt, sollte der Pfingstturniergeist über dem Sportgelände am Hardtwald im Jahre 1995 endgültig erlöschen. Es war der letzte Auftritt der traditionsreichen Turnierserie an den Pfingstfeiertagen. Eine Fortsetzung dieser in über zwei Jahrzehnten erprobten und erfolgreichen Veranstaltung, sollte oder wollte es nicht mehr geben. Die Pfingsttage in Rielingshausen, an denen sich in vielen Jahren jeweils über 1.000 Menschen begegneten, gehörten der Vergangenheit an. Aber einer ruhmreichen.
Das 100-jährige Jubiläum
Sonnwendfeuer – nicht nur ein Spiel der Funken
Die Sommersonnwende bedeutet den längsten Tag und die kürzeste Nacht des Jahres. Die traditionelle Sonnwendfeier der Turnerinnen und Turner wurde dabei oft zur langen Nacht, weil das faszinierende Spiel der Funken bis zum vollständigen Erlöschen zu beobachten war. Bei hervorragender kulinarischer Versorgung und angeregter Unterhaltung kann bekanntlich auch der eine oder andere Funke besser überspringen.
Das Feuer des TBR zur Sonnenwende lodert himmelhoch
Die Bedeutung einer Sonnwendfeier hat geschichtlich viele Aspekte. Ein Sinn des Brauches besteht darin, durch Lärm bei den Feierlichkeiten schlechte Geister zu vertreiben, damit die Ernte auch großzügig ausfällt. Ob dieses Kriterium für die Turnabteilung allein ausschlaggebend war, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden. Vielleicht ist es auch nur die Freude darüber, dass der Sommer beginnt oder die nicht zu unterschätzende Anziehungskraft, mit dem Feuer zu spielen.
Wie dem auch sei. Der Brauch beim Turnerbund führt uns in die sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts. Das TBR-Urgestein Wolfgang Binder war von der langjährigen Tradition der jährlichen Sonnwendfeiern in Nassach (heute offiziell zu Spiegelberg gehörend) so beeindruckt, dass er sich so etwas auch sehr gut in Rielingshausen vorstellen konnte. Die ersten Feuer wurden daraufhin an wechselnden Stellen auf der Gemarkung entzündet. Wann genau das war, bleibt im Flirren der Flammen und des Rauches etwas verschwommen. Jedenfalls muss es vor 1968 gewesen sein, weil in der Ausschuss-Sitzung vom 19.06.1968 dokumentiert wurde, in jenem Jahr keine Sonnwendfeier abzuhalten. Für die Zeit davor und danach geben die Vereinsprotokolle diesbezüglich leider keinen Aufschluss. Zeitzeugen erinnern sich an neue Feuer zur Sonnenwende im Jahre 1973. Damit ist die TBR-Tradition einer Sonnwendfeier unbestritten weit über 50 Jahre alt. Und die Flamme darf heute noch lodern.
Traditionell entzünden die Turnkinder das Feuer (2017)
Anfang der 1980er-Jahre brannte das Feuer sogar einmal bei der Gemeindehalle, danach im „Affentäle“. Seit 40 Jahren sprühen die Funken im Gewann „Hölzle“ am Altenberg, oberhalb der Weinberge (nähe Hochbehälter „Loh“). Das Anwesen gehört der Turnerfamilie Klingler. Hans Klingler war jahrelang Turnwart des TBR und Gaualtersturnwart, sein Sohn Horst war ebenfalls aktiver Turner und zudem 22 Jahre Abteilungsleiter beim TBR.
Vor dem Feuer steht die Vorbereitung. Holz ist schon Wochen vor dem Fest in Absprache mit dem zuständigen Revierförster zu sammeln, zu richten und zu schichten. Ein kleines Festzelt, ein Erbstück vom TTV Rielingshausen, und Planen aus Militärbeständen bieten Sitzgelegenheiten und „Unterschlupf“ für das Publikum. Natürlich ist für das leibliche Wohl zu sorgen, früher in Zeiten ohne Zelt ganz einfach und schlicht aus einem VW-Bus serviert. Der gesellige Abend im Juni eines jeden Jahres beginnt schon früh am Nachmittag mit umfangreichem Kinderprogramm, wie Kletterwand und Kistenstapeln.
Vor dem Feuer und der Feier steht die Vorbereitung (1998)
Das Feuer selbst erhebt sich üblicherweise erst ab 22 Uhr in den Nachthimmel über Rielingshausen, von der hiesigen Turnerjugend mit Fackeln angezündet. Der Hauptorganisator für Zeltaufbau und Feuer ist der erfahrene Feuerwehrmann und Turner Karl Walker, wenn man so will der „Chef der TBR-Feuer zur Sonnenwende“. Sicherheitsvorkehrungen sind natürlich immer zu beachten, das Feuer soll ja zum Himmel lodern und nicht zum Flächenbrand werden. Trotz der strengen Einhaltung und trotz des Regenwetters musste das Sonnwendfeuer von der Feuerwehr im Jahre 1997 gelöscht werden, weil Funken das Festzelt bedrohten. Die Feuerwehr von Rielingshausen bewies enorme Geschwindigkeit beim Einsatz. Die hiesigen Floriansjünger Karl Walker und Horst Klingler waren ja schon vor Ort.
Die Sommersonnenwende zu feiern, darf als TBR-Tradition nicht bedroht werden, auch nicht von den dreitägigen Feierlichkeiten des 100-jährigen Vereinsjubiläums im Juni 2023, die drei Tage vor Sommeranfang ihren Höhepunkt erreichen. Möge auch dort der Funke des TBR-Geistes nicht vertrieben werden, sondern weiterhin sprühen.
Das überaus gelungene Festwochenende zum 100-jährigen Jubiläum
des TBR ist vorüber – aber nicht die Geschichte des Vereins.
heute: die Jahre 1983 – 1998 (8)
1983: 60 Jahre TBR – der „Rälling“ wetzt
Das 60-jährige Jubiläum fand am 09/10.07.1983 statt. Ein bunter Abend, als Auftakt in der Gemeindehalle, sorgte für viel Unterhaltung und Gespräche rund um das Vereinsleben. Ein Rückblick auf das Vereinsgeschehen gelang durch eine neue aktualisierte Festschrift, die besonders die Jahre ab dem letzten Jubiläum in den Vordergrund stellt. Herausgebracht und aufgelegt als „Turnerbund Magazin 1/83“ von den „Druck-Experten“ Harald Orthwein und Rainer Holzwarth. Die sportlichen Wettkämpfe füllten den zweiten Tag auf dem Sportplatzgelände am Hardtwald. Für die Kinder gab es eine Spielwiese, für Jugendliche einen Leichtathletik-Dreikampf und für die Erwachsenen ein Fußballturnier für Freizeit-Kicker, der Startpunkt für den sogenannten „Rällingswetz“.
Turnen beim TBR setzte unverändert auf den Breitensport im Marbacher Stadtteil, auf die körperliche Ertüchtigung der Kinder im Vorschulbereich, der Schüler und der Jugendlichen. Das Bewegungsbedürfnis der Heranwachsenden ist zu befriedigen, nur dann kann bekanntlich eine gesunde, körperliche, geistige und soziale Entwicklung gelingen. Die fachkundigen Angebote beim TBR waren und sind generationsübergreifend – von den Allerkleinsten (Zwergen-Turnen, Vorschul-Turnen) bis zu den Erwachsenen und Senioren. Je nach Alter und Geschlecht bewegen sich die Turnerinnen und Turner ganzjährig bei verschiedensten Veranstaltungen im Turngau und auf Landes- oder Bundesebene sehr erfolgreich. Bei den Mannschaftskämpfen der Jugend im sogenannten „Winterwettstreit“ gehörten die TBR-Teams oft zu den Besten in der Region. Die intensive Jugendarbeit der Turnabteilung beim TBR, mit gut ausgebildeten und engagierten Übungsleitern, bleibt stetig der Schwerpunkt aller Aktivitäten. Garant und Fundament dafür, dass der Turnsport in Rielingshausen jedes Vereinsjubiläum überlebt.
Die agile Turnjugend im Jubiläumsjahr (1983)
Neben den sportlichen Veranstaltungen kommen auch Kultur- und Freizeitaktivitäten nicht zu kurz: Sommerfeste und Herbstfeiern für Kinder und Jugendliche, Faschingsturnen, regelmäßige Ausflüge und Skiwochenenden sowie die alljährliche Sonnwendfeier.
Kultur und Tradition wurden beim Turnerbund stets großgeschrieben. Nur wenige aber ahnten, dass im Jahre 1990 eine traditionelle Sportkultur aus Asien in Rielingshausen landen könnte. Chinesische Mönche, die keine Waffen tragen durften, entwickelten aus gymnastischen Übungen im Laufe voriger Jahrhunderte eine spezielle Kampfkunst zur Selbstverteidigung: Karate ist gemeint.
Im 70. Jahr des TBR-Bestehens im Jahre 1993 gab es keine besondere Feier, es war ein Jahr wie viele davor. Nicht aber in der Nutzung der eigenen Sporthalle. Es begann die Blütezeit der Aktivitäten „Tennis für Jedermann“, später kam Badminton dazu. Die Halle war in den zur Verfügung stehenden Zeiten total ausgebucht, meistens mit einem Abonnement Einzelner oder von Gruppen. Sogar auswärtige Tennisvereine belegten die Plätze. Die finanziellen Verpflichtungen des TBR konnten diese Einnahmen mehr als gut gebrauchen. Mit den Jahren ebbte das „Tennis für Jedermann“ leider ab. Als im Jahre 2000 ein neuer Hallenboden eingebracht wurde, weniger tauglich für das Tennisspiel, wurde nur noch selten zum Tennisschläger gegriffen. Badminton blieb eine feste Größe und wird heute noch regelmäßig belegt.
Das nächste TBR-Jubiläum stand zwar nicht unmittelbar bevor, aber findet dennoch schon im Voraus seine Erwähnung. Warum? Im 75-jährigen Jubiläumsjahr 1998 wurde es leider versäumt, ein Vereinsbild anzufertigen. Eigentlich war das eine ständige Übung, damals jedoch nicht. Ob dies eine bewusste Entscheidung war oder einfach nur vergessen wurde, steht in den Sternen. Ein Grund könnte gewesen sein, dass im Jahre 1995 in der Sporthalle am Hardtwald Aufnahmen der Vereinsmitglieder gefertigt wurden – ein Bild mit der TBR-Jugend und eines mit den erwachsenen Mitgliedern.
Die TBR-Jugend in ihrer ganzen Breite (1995)
Der Turnerbund in seiner vereinseigenen Sporthalle – ganz rechts sitzend: Vorstand Werner Holzwarth in seinem letzten Amtsjahr.
Udo Jürgens sang einst „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an“. So könnte auch Werner Holzwarth, der 1. Vorsitzende des TBR, nach insgesamt 28 Jahren Vorstandsarbeit gedacht haben, als er im Jahre 1996 nicht mehr kandidierte. Seine Verdienste sind unbestritten, er hat bewegt, gebaut, gefordert und gefördert. Die vielfältigen baulichen Aktivitäten für Sportanlagen unter seiner Regie ermöglichten erst die Sportausübung in Rielingshausen, wie sie der Verein noch heute gerne nutzt. Werner Holzwarth wurde wegen seiner Verdienste zum Ehrenvorsitzenden des TBR ernannt, nach Rudolf Maier als zweiter in der Vereinsgeschichte.
Die Übergabe der Verantwortung im Verein gestaltete sich nicht leicht, ein schweres Erbe war anzutreten, auch finanziell. Eine größere Bereitschaft konnte dadurch erhöht werden, die Last der Aufgaben auf mehrere Schultern zu verteilen. Das war inzwischen aufgrund Satzungsänderung möglich und wurde genauso verwirklicht. Das Modell geriet zur Dauerlösung, ebenso gelang der überfällige Generationenwechsel. Der 40-jährige Harald Orthwein, zuvor viele Jahre aktiver Handballer, Jugendtrainer und Abteilungsleiter Handball und der 30-jährige Roland Stickel übernahmen die Vereinsspitze. Ein Jahr später kam Marc Binder, gerade mal 24 Jahre alt und schon erfahrender Übungsleiter aus der Turnerriege, als gleichberechtigter Vorstand dazu und vervollständigte das deutlich verjüngte dynamische TBR-Triumvirat. Die einzelne Aufgabenverteilung im geschäftsführenden Vorstand hat bis heute folgende Themen: a) Liegenschaften, b) Sport und Jugend und c) Verwaltung und Finanzen (gleichzeitig üblicherweise Sprecher des Vorstandes). So gestärkt und untergehakt motiviert ließ das nächste besondere Vereinsjubiläum nicht lange auf sich warten.
1998: 75 Jahre TBR – fünf Tage Sport und Kultur
Der Turnerbund feierte auf dem Sportgelände am Hardtwald vom 10. bis 14.06.1998 fünf Tage lang, fast rund um die Uhr. Mit Festakt, Ehrungen, Turn- und Karatevorführungen, Gesangsbeiträgen, Rock- und Tanzmusik oder Big Band, Spielstationen für Kinder, Step-Aerobic, Turniere für Freizeit-Fußballer, Badminton-, Hand- und Volleyballspielen und zum Abschluss ein „Spiel ohne Grenzen“. Das abwechslungsreiche Programm war an jedem der fünf Tage zumeist gut besucht. Es kamen bis zu 800 Gästen täglich, obwohl leider mehrfach Regenwetter einsetzte und die Sportler teilweise in die Sporthalle zwang. Das tat aber der guten Stimmung überhaupt keinen Abbruch, die Jubiläumsfeier war außergewöhnlich gut gelungen. Da waren sich nicht nur die drei TBR-Vorstände Harald Orthwein, Roland Stickel und Marc Binder einig, sondern ebenso Bürgermeister Herbert Pötzsch, Ortsvorsteher Eberhard Ruoff, die Vorsitzenden aus Sportkreis und Turngau und alle Teilnehmer und Besucher. Besonders hervorgehoben wurde der hohe Jugendanteil im Verein und das hervorragende Zusammenwirken von Traditionen und moderner Vereinsarbeit. Der TBR präsentierte sich mit all seinen Möglichkeiten herausragend gut, vom Zeltaufbau, Sport, Spiel, Spaß, Kultur und Unterhaltung bis zur kulinarischen Versorgung. Fünf Werbetage für einen 75 Jahre alten Verein.
Der Sportplatz als Fest- und Spielpark zum Jubiläum (1998)
Anlässlich des 75-jährigen Jubiläums wurde der Ehrenvorstand Rudolf Maier mit einer sehr hohen Auszeichnung gewürdigt, der „Theodor-Georgii-Plakette“ (Georgii war Begründer des Schwäbischen Turnerbundes und der Deutschen Turnerschaft). Rudolf Maier habe sich mit besonderer Tatkraft, mit beispielhaftem Engagement und durch vorbildliche Leistungen herausragend bei der Förderung von Turnen, Gymnastik und Sport hervorgetan. Leider konnte Maier die Plakette am Jubiläumsfest nicht persönlich im Empfang nehmen, weil er bereits schwer erkrankt war. Die besondere Auszeichnung wurde ihm vom TBR-Vorstand nachträglich überreicht.
Eine besondere Ehre für den Vorturner des TBR (1998) – von links: Werner Wahl, Herbert Schmalenberger, Vorstand Roland Stickel, Ehrenvorstand Rudolf Maier, Gerhard Holzwarth und Hans Klingler
Im Jahr nach dem 75-jährigen Jubiläum starb Rudolf Maier. Der erste Ehrenvorsitzende des Turnerbundes, hatte schon im November 1978 im Alter von 72 Jahren schriftlich verfügt, dass er von Turnern zu Grabe getragen werde möge und die Abschiedsworte von einem ihm nahestehenden Turner gesprochen werden sollten. Als er im hohen Alter von 93 Jahren am 25.01.1999 verstarb, wurden all seine testamentarischen Wünsche eingehalten. Zeitlebens lag Rudolf Maier die Turnbewegung am Herzen. Er war der Inbegriff von Turnen in seinem Verein: Gründungsmitglied, Schülerturnwart, Geräteverwalter, Jugendleiter, Jugendturnwart, Turnwart, Revisor, Vorstand und Ehrenvorstand. Der Turnerbund in Rielingshausen war sein Leben.
Alles in der einzigartigen Festschrift „100 Jahre TBR“ (Exemplare sind im Rathaus erhältlich)
heute: die Jahre 1999 – 2012 (9)
Im Jahr nach dem 75-jährigen Jubiläum starb nicht nur der Ehrenvorsitzende Rudolf Maier, sondern gleich zwei weitere hochverdiente TBR-Zeitgenossen: Albert Mattheis und Albert Baust.
Albert Mattheis verstarb am 27.02.1999 im Alter von 73 Jahren. Er war technischer Leiter des TBR, 1. Vorsitzender, Vorsitzender des Alters- und Ehrenausschusses, Seniorenbetreuer, Tennisspieler und Sportler im „Zweiten Weg“. Er war Mittler zwischen den Welten und hat dadurch in verschiedenen Aufgabenstellungen den Verein mitgeprägt. Im Jahre 1995 wurde Albert Mattheis mit der Eherennadel des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet.
Im gleichen Alter wie Albert Mattheis starb auch der andere Albert im Verein. Es war der langjährige Kulturwart und Ehrenmitglied des TBR, Albert Baust, der an Heilig Abend im Jahre 1999 das Zeitliche segnete. Albert hatte abseits der sportlichen Ambitionen des Vereins großen Einfluss auf das Zusammenleben der Menschen innerhalb der Gemeinschaft. Er schuf auf seine Art Werte und Traditionen im Verein, die wichtig waren. Er organisierte und gestaltetet innovativ das Programm von Jahresfeiern, Festabenden, Kameradschaftstreffen und Jubiläen. Er war Dichter und Denker, manchmal auch quer. Vor und nach ihm leistete sich der TBR keinen Kulturwart mehr.
Bei den Mannschaftskämpfen der Turnerjugend des Turngaus Neckar-Enz am 28.03.1999 in Marbach waren die Teams vom TBR besonders erfolgreich. Insgesamt starteten 42 Mannschaften mit 170 Turnerinnen und Turnern in der Stadionhalle. Der Wettkampf bestand aus einem Vierkampf, zwei Geräte-Pflichtübungen und zwei sogenannten nicht genormten Übungen. Als nicht genormt waren Mattenrutschen und Mattentransport zu verstehen. Innovative Disziplinen mit erhöhtem Spaßfaktor. Die Mannschaften der TBR-Jugendlichen zeigten fast alle Höchstleistungen und räumten dementsprechend bei Pokalen und Urkunden kräftig ab. Allein vier Mannschaften konnten in ihren jeweiligen Altersklassen siegen.
Die TBR-Jugend glänzt bei den Mannschaftswettkämpfen (1999)
Obwohl noch nicht in den höheren Altersklassen angekommen, stand Harald Orthwein nach vier Jahren im Vorstand im Jahre 2000 nicht mehr zur Verfügung. Ein radikaler Schnitt in seine Funktionärskarriere für ihn und für den TBR. Bedauerlicherweise zog er sich von fast allen Ämtern zurück. Auch den 1. Vorsitz in der Handballgemeinschaft Marbach-Rielingshausen, den er parallel innehatte, gab er auf. Aber er blieb dem TBR erfreulicherweise trotzdem erhalten. Seine tatkräftige und stets verlässliche Mithilfe bei vielen Vereinsaktivitäten in den letzten 20 Jahren beweisen das eindrücklich. Und nicht umsonst ist er Teil des führenden Organisations-Komitees für die Vorbereitung und Durchführung der 100-jährigen Jubiläumsfeier des TBR im Jahre 2023. Keiner dürfte mehr Vereinswissen als Harald Orthwein haben. Auf fast alle Fragen hat er eine Antwort.
Nach 15-jähriger Pause stand im Jahre 2002 wieder einmal Leipzig ganz im Zeichen des Turnsports (zuletzt 1987 beim VIII. Turn- und Sportfest der DDR). Das Deutsche Turnfest in Leipzig war das erste auf ostdeutschem Boden nach dem Mauerfall. Und eine Abordnung des TBR war mit dem „Schwaben-Express“ weit in den Osten gereist, nicht nur um sportlich zu glänzen. Das bunte Programm bot jede Menge Abwechslung: Turn- und Leichtathletikwettkämpfe, einen Vereins-Triathlon (paddeln, joggen, City-Roller fahren), Stadterkundung, Festabende mit „heißer“ Musik und Tanz bis zum Umfallen. Die stimmungsvollen Auftritte der „Pertels“ (einer Männer-Aerobic-Gruppe aus Erdmannhausen und Rielingshausen) begeisterten die Zuschauer in Sachsen, insbesondere das weibliche Publikum dort war überaus verzückt.
Von 2000 bis 2008 schrumpft das Vorstands-Trio unfreiwillig auf ein Vorstands-Duo mit Roland Stickel und Marc Binder. Die beiden sollten es richten, es fand sich kein dritter Kandidat. Erst bei der Hauptversammlung 2008 konnte ein neuer dritter Vorstand bestätigt werden. Nicht wirklich neu im Verein, aber in der Funktion eines Vorstandes schon. Lothar Sondermeyer, qualifizierter Vermessungstechniker oder „Geometer“, übernahm beruflich naheliegend das Themenfeld „Liegenschaften“ im Vorstands-Gremium. Lothar Sondermeyer, zur damaligen Zeit schon Ortschaftsrat, war beim TBR 13 Jahre lang Kassier und beim Handball noch viel länger Trainer der Minis und der E-Jugend.
Der TBR geht „online“. Am 01.04.2009 steht der Turnerbund im weltweiten Datennetz. Modern und zukunftsorientiert präsentierte sich der Verein mit seinen damals fünf Abteilungen auf einer neuen Plattform, die damals Mitja Dostal erstellt und inhaltlich gefüllt hatte. Gut zwei Jahre später war eine technische Anpassung – auf dann eigener Domäne – mit Neugestaltung des Internetauftritts notwendig. Der „Volleyballer“ Wieland Moos nahm sich der Sache an und begleitet den „Auftritt“ seit dieser Zeit. Die TBR-Startseite und alle folgenden Seiten der inzwischen sechs Abteilungen können sich wirklich sehen lassen. Ein rundes Werk, welches sehr gerne und oft aufgerufen wird.
Das Vorstandstrio Marc Binder, Lothar Sondermeyer und Roland Stickel initiierte im Jahre 2011 eine Fragebogenaktion zur weiteren Entwicklung des Vereins. Wie stellt sich der TBR noch schlagkräftiger auf? Wie kann oder soll eine Zukunftsperspektive beim TBR aussehen? Welche Veränderungen sind anzustoßen? Welche Sportangebote fehlen? Passt die Vereinsstruktur noch? Viele Fragen, wenige Antworten.
Leider war die Resonanz der Befragung zahlenmäßig dürftig. Inhaltlich kamen doch einige Anregungen und Vorschläge auf den Tisch. Ein Sammelsurium von Ideen, die es im Jahre 2012 zu prüfen und zu bewerten galt. Dabei waren Hinweise wie folgt: mehr Kurse und Projekte anzubieten (auch gegen Bezahlung), bessere Information und Werbung für den Verein (zum Beispiel Mitteilungsblatt, Homepage, Flyer für zugezogene Bürger), Gesundheitskurse (Rückentraining, Wirbelsäulengymnastik), Lauf-, Jogging- und/oder Walkingtreffs, Slacklining, Le Parkour (als Beispiel von Trendsportarten) und den Sportplatz als Sportpark in Fremdregie nutzen. Strukturell wurde angeregt, eine Fusion mit dem TV Marbach anzustreben oder die Zusammenführung aller Vereine in Rielingshausen zu einem Gesamtverein. Übrigens eine Idee, die schon 1959 in einer Ausschuss-Sitzung des TBR diskutiert und auch damals verworfen wurde.
Einiges dieser Rückmeldungen wurde sofort oder zeitlich versetzt umgesetzt, wie zum Beispiel die wesentlich breitere Palette an Kursangeboten im Freizeitbereich, die Öffentlichkeitsarbeit, die Konkretisierung für Fitness-Geräte auf dem Sportplatzgelände und letztlich die Gründung einer neuen Abteilung.
„Theater, Theater, der Vorhang geht auf.“ Katja Ebstein sang dieses Lied sehr erfolgreich schon im Jahre 1980. Ab 2012 wurde dann die TBR-Bühne zur Welt und ein längst vergessener Traum erwachte zum Leben. Der Originaltext passt perfekt für die findige Anregung des Regisseurs und Abteilungsleiters Reinhardt Giebel (die Chronik der Abteilung folgt später).
Ohne viel Theater verließ Lothar Sondermeyer im Jahre 2012 nach vier Jahren Arbeit die Vorstandsbühne beim TBR. Inzwischen war er nicht nur Ortschaftsrat, sondern auch Stadtrat. Die Kombination aus Vereinsvorstand und Mitglied im Gemeinderat erwies sich als eine sehr zweckmäßige Verbindung. Das zeigte sich in der Amtszeit von Lothar Sondermeyer besonders bei den Planungen und Überlegungen zum Umbau/Sanierung der Gemeindehalle von Rielingshausen im Zusammenhang mit der vereinseigenen Sporthalle am Hardtwald. Weitreichende Weichenstellungen für den Verein und die Stadt galt es zu finden. Welche der Lösungsvarianten befriedigt die Erfordernisse für ausreichende Sportstätten und kann trotzdem noch finanziell gestemmt werden? Letztlich entschieden sich die Verantwortlichen bekanntlich für die Variante einer Sanierung und Erweiterung der „alten“ Gemeindehalle zu einer multifunktionalen Mehrzweckhalle, die variabel für Veranstaltungen und den Sport genutzt werden kann. Die Sport treibenden Vereine hatten in Rielingshausen eine Vergrößerung an Sportflächen zu vermelden, der TBR eine Verkleinerung im Vorstandsgremium. Natürlich nicht deswegen, dennoch fungierte der Vorstand ab diesem Zeitpunkt wieder im Duo statt im Trio.
Da war das TBR-Vorstands-Trio noch komplett (2012) – von links: Roland Stickel, Lothar Sondermeyer und Marc Binder
Am 05.05.2012 war der Turnerbund Ausrichter des Wettkampftages der Jugend des Turngaus Neckar-Enz. 450 Kinder und Jugendliche zwischen acht und 19 Jahren in 85 Mannschaften aus 22 Vereinen des Turngaus starteten in einem Pflicht-Vierkampf in der Stadionhalle von Marbach. Die Anforderungen an die Organisation einer derart großen Veranstaltung waren anspruchsvoll, sowohl bei der Einrichtung der Wettkampfstätten als auch bei der kulinarischen Versorgung der vielen hungrigen Jugendlichen. Dabei erwies sich die Entscheidung als richtig, die Wettkämpfe in Marbach auszutragen. Die Gemeindehalle in Rielingshausen wäre zu klein gewesen, die Sporthalle am Hardtwald für einen Gerätewettkampf ungeeignet. Aber alles lief in Marbach bestens. Erneut hatte sich der TBR als gastfreundlicher und kompetenter Ausrichter von Sportfesten erwiesen. Und obendrein erkämpfte sich die Mannschaft der männlichen E-Jugend des TBR den ersten Platz.
Nicht lange nach seinem 83. Geburtstag verstarb Ehrenvorstand Werner Holzwarth am 22.09.2012. Er war fast 70 Jahre beim TBR. Als aktiver Handballspieler, Trainer, Abteilungsleiter, Vorstand und Ehrenvorstand. Noch während seiner Amtszeit wurde ihm die Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg verliehen. Er war ein Macher, der polarisierte und aneckte, der eisern seine Ziele verfolgte und dabei Verbündete fand. Seine Verdienste und seine Leistungen für den Verein sind weitreichend. Der Minister für Kultus und Sport des Landes Baden-Württemberg, Gerhard Mayer-Vorfelder, fand in seinem Anschreiben anlässlich der Fertigstellung der neuen Sporthalle am Hardtwald 1989 sehr passende Worte: „Den Zielen des TBR gehört meine volle Sympathie. Dies umso mehr, als hier Wege eingeschlagen werden, die sich von dem in unserer Gesellschaft leider häufig vorzufindenden Anspruchsdenken wohltuend unterscheiden. Die Turnerbund-Mitglieder rufen nicht nach der Hilfe der öffentlichen Hand, sondern besinnen sich auf die eigene Kraft und packen selber an. Ein Werk mit viel gesundem Idealismus und Engagement. Damit kann der Turnerbund Rielingshausen die räumlichen Voraussetzungen für seine intensive Jugendarbeit schaffen.“ Genau das war die grundsätzliche Philosophie von Werner Holzwarth.
Seit Jahren sind die sogenannten „2plus2“-Wettkämpfe der Turnjugend sehr beliebt, weil die Disziplinen das individuelle Leistungsvermögen an Geräten mit neuen spielerischen Elementen als Teamherausforderung kombinieren. So auch im Frühjahr 2013, als in der Karl-Nusser-Halle in Marbach vier TBR-Mannschaften an den Wettkämpfen teilnahmen. Die männliche D- und C-Jugend konnte sich am Ende des Tages als Sieger feiern lassen.
Die erfolgreiche TBR-Turnerjugend nach den Wettkämpfen in Marbach (2013)
Alles in der einzigartigen Festschrift „100 Jahre TBR“ (Exemplare sind im Rathaus erhältlich)
heute: die Jahre 2013 – 2023 (10)
2013: 90 Jahre TBR – und kein bisschen müde
Dieser Beweis gelang dem Turnerbund beim 90-jährigen Jubiläum am 13.07.2013 mit einem abwechslungsreichen Fest- und Sportprogramm. Auf dem Sportgelände am Hardtwald gab es einerseits vieles zu bewundern und andererseits ein großes Angebot zum aktiven Mitmachen. Kistenstapeln, Volleyball spielen, auf der Slackline balancieren, Karate als Selbstverteidigung üben, Klettern oder beim Zumba die Hüften schwingen, parallel liefen Handballspiele in der Halle. Die Sketche der Theatergruppe fanden großen Anklang und amüsierten die vielen Besucher. Beim sogenannten „Rope Skipping“, einer Modifizierung des Seilspringens, wurden rekordverdächtige Leistungen erzielt. Das damals älteste TBR-Mitglied, der 92-jährige Kurt Holzwarth, ließ es nicht nehmen, auf die Torwand zu schießen. Groß und Klein turnten am Boden, Barren und am Trampolin. Es war ein sonniger Tag mit viel Bewegung und bester Laune.
Die TBR-Jugend feiert mit Spaß die 90 bei Sport & Spiel
Alle sechs Abteilungen des Turnerbundes präsentierten sich am Jubiläum sportlich und unterhaltsam. Eine Werbung für den größten Verein in Rielingshausen. Nicht verwunderlich, dass beim Finale dieses besonderen Festtages Akteure und Zuschauer gemeinsam miteinander tanzten. Der Tanz in eine noch bessere Zukunft.
Es geht aufwärts – die TBR-Schar mit eindeutigem Zeichen beim Jubiläum: Daumen hoch!
Ein Jahr nach dem Jubiläum im Jahre 2014 schied Marc Binder nach 17 Jahren Vorstandsarbeit aus dem Gremium aus. Roland Stickel musste vorübergehend als Solist im Vorstand regieren, wollte aber nicht allein auf der Vereinsbühne stehen und fand 2015 den Leiter der Theaterabteilung, Reinhardt Giebel, als Mitwirkenden im Vorstand. Ein weiteres Jahr später nahm auch Roland Stickel nach 21 Jahren „Knochenarbeit“ im Vorstand seinen Hut. In der Hauptversammlung 2016 wurden Marc Binder und Roland Stickel zu Ehrenvorständen ernannt. Beide blieben dem Verein in vielerlei Hinsicht in unterschiedlichen Aufgabenstellungen bis heute treu. Sie haben TBR-Zeitgeschichte geprägt und stehen für Kontinuität.
Zeitgleich wurde Reinhardt Giebel durch zwei neue Vorstandskollegen unterstützt: vom damals 48-jährigen Klaus Weber, Mitbegründer der Abteilung Karate beim TBR und dem erst 26-jährigen aktiven Handballer, Marc Beerwart. Das Trio im Vorstand war wieder vollständig.
Ab dem Jahre 2015 konnte die TBR-Jugend ein vereinsinternes Turn-Camp in der erweiterten und modernisierten Gemeindehalle in Rielingshausen belegen. Es wurde zum jährlichen Event, bis „Corona“ die zweitägige Wochenendveranstaltung zur Unterbrechung zwang. Gezielte Trainingseinheiten, welche der individuellen Verbesserung an den verschiedenen Geräten dienten, wechselten sich mit guter Verpflegung im TBR-Vereinsheim und Entspannung bei Spiel und Unterhaltung ab, Übernachtung in der Gemeindehalle inklusive. Große Begeisterung gab es bei den Jugendlichen und bei den Eltern als Beobachter der erlernten Turnfortschritte. Es wurde die eindeutige Aufforderung für die Turnabteilung laut, ab dem Jubiläumsjahr erneut derartige Veranstaltungen anzubieten
Das Deutsche Turnfest (ab 2005 „Internationales Deutsches Turnfest“ genannt) findet regelmäßig alle vier Jahre statt. Wie so oft, war es auch im Jahre 2017 der Jahreshöhepunkt für die Turnabteilung. Berlin war bereits zum vierten Mal in der Nachkriegszeit Austragungsort dieser Großveranstaltung für Turnerinnen und Turner, dem größten Breitensportfest der Welt. Rund 80.000 fröhliche Teilnehmer, faire Wettkämpfe sowie ein vielfältiges und umfangreiches Rahmenprogramm mit zahllosen Mitmachangeboten prägten das Bild in der Stadt. Mittendrin fünf Sportlerinnen und Sportler vom TBR. Beim glanzvollen Festumzug trug Ehrenvorstand Marc Binder die TBR-Fahne durch das Bandenburger Tor. Ein besonderes Ereignis war die große und farbenprächtige Stadiongala vor 55.000 Zuschauern trotz regnerischen Wetters ein großer Erfolg. Das Motto des Turnfestes passte haargenau. „Wie bunt war das denn!“
Die Turnfamilie Binder in der Hauptstadt (2017) – von links: Marc, Carmen, Ralf und Wolfgang sowie Ute Singer
Weniger bunt ging es vier Jahre später zu. Das turnusgemäß geplante Deutsche Turnfest 2021 in Leipzig wurde wegen Covid 19 leider abgesagt und letztlich auch nicht nachgeholt. Das nächste Fest ist für 2025 geplant. Garantiert wird dann – zwei Jahre nach dem hundertjährigen Jubiläum des TBR – auch eine Turner-Riege aus Rielingshausen vertreten sein, genauso wie schon 1968 beim ersten Turnfest in Berlin.
Im Jahre 2020 trat Reinhardt Giebel nach fünf Jahren Mitwirkung auf der Vorstandsbühne ab und konzentrierte sich ab sofort und ausschließlich auf die Theaterbühne der „Wei’Schtengl“. Dort finde er deutlich mehr Applaus, wie er selbst meint.
Der Generationswechsel im TBR-Vorstand setzte sich damit ab dem Jahre 2020, mitten in der Corona-Pandemie, weiter fort. Simon Holzwarth, 30-jähriger Enkel des Ehrenvorstandes Werner Holzwarth, konnte neu hinzugewonnen werden. Die aktuellen Vorstände Klaus Weber, Marc Beerwart und Simon Holzwarth agieren kompetent, engagiert, zielorientiert und harmonisch. Die Geschicke des Vereins sind in besten Händen. Diese Drei führen den Verein in das 100-jährige Jubiläum des Turnerbundes Rielingshausen und in seine Zukunft.
Generationswechsel im TBR-Vorstand (2020) – von links: Marc Beerwart, Reinhardt Giebel, Simon Holzwarth und Klaus Weber bei der Hauptversammlung. Coronabedingt mit Abstand in der Sporthalle.
Die Einschränkungen und Folgen von „Corona“ in den Jahren 2020 und 2021 lähmten den Sportbetrieb nicht nur beim TBR erheblich. Da alle TBR-Sportarten überwiegend in der Halle ausgeübt werden, kamen Training und Wettkämpfe fast komplett zum Erliegen oder wurden mit Auflagen belegt, deren Einhaltung den Spaß am Sport und Spiel verdarben.
Auch hier, nicht nur bei der Vereinsgeschichte, lohnt sich ein Blick hundert Jahre zurück. Zum Ende des Ersten Weltkrieges ab 1918 verbreitete sich die „Spanische Grippe“ weltweit, bis zu 50 Millionen Menschen starben daran. Das waren weitaus mehr Tote als im Ersten Weltkrieg. Es gibt unglaubliche Parallelen, eigentlich war vor rund 100 Jahren alles wie heute: Schulen, Theater und Kinos wurden geschlossen, Gottesdienste verboten, Gastwirtschaften und Kaffeehäuser mussten regelmäßig gelüftet werden. Und es bestand Maskenpflicht, gegen die es in einigen Städten zu massiven Demonstrationen kam. Man sollte sich keine Hände mehr schütteln, es wurde empfohlen, bei der Begrüßung zum „Salem Aleikum“ überzugehen, also sich zu verneigen. Alkoholische Getränke fanden reißenden Absatz. Die Influenza wurde mit Rum, Grog und Glühwein begossen. In England gab es – kein Scherz – Whisky auf Rezept. Beherzt griffen die Menschen gegen den Reizhusten sogar zu Opium und Kokain. Und es kam zu Hamsterkäufen. Kommt einem heute irgendwie bekannt vor und doch fremd.
Im Jahre 2022 zeigten sich die Corona-Virus-Erkrankungen zwar immer noch in großer Anzahl aber mit überwiegend mildem Verlauf. Ein wichtiger Schritt in die Normalität, die Zurückeroberung des „alten“ gewohnten Lebensraumes.
Das erlaubte im Juli 2022 die Teilnahme am Gaukinderturnfest in Möglingen und am ersten Mini-Turnfest der Abteilung Kindertunen in Rielingshausen. An zehn Stationen konnten etwa 75 Kinder der Eltern-Kind-Gruppen sowie der Vorschulgruppe ihr turnerisches Können unter Beweis stellen. Die Bewältigung der ideenreich gestalteten Stationen erforderten Geschicklichkeit, Koordination, Gleichgewicht, Ballgefühl und Kletterkünste. Anschließend wurde zusammen mit Eltern und allen Turnkindern hinter der Gemeindehalle der Sommer vor den Ferien gefeiert. Ein Fest, dass großen Anklang fand und unbedingt Wiederholungen rechtfertigt.
2023: 100 Jahre TBR – ein feiner Verein im Ort schreibt Geschichte
Im Jubiläumsjahr 2023 soll und darf der Turnerbund Rielingshausen sich hochleben lassen. Der Verein schreibt Geschichte und kann aus 100 Jahren Turnerbund viele Geschichten erzählen.
Der Jubiläums-Cuvée für das Jahr 2023: Genuss pur und immer eine Versuchung wert – zwei Flaschen davon können zum Vorzugspreis von € 19,23 im Vereinsheim „bei Tanja“ oder im „Euli-Center“ erworben werden
Alles in der einzigartigen Festschrift „100 Jahre TBR“ (Exemplare sind im Rathaus erhältlich)
Heute: Sportfeste im Dorf –
schon immer etwas Besonderes (Teil 1)
Eine für einen Sportverein naheliegende Tradition pflegt der TBR schon seit der Gründung, nämlich festliche Veranstaltungen mit sportlichen Wettkämpfen und Darbietungen im Freien: Turnfeste, später Sportfeste genannt. Zu Anfang noch auf dem Keltervorplatz, ab 1931 auf dem Sportplatz am Hardtwald oder, gelegentlich bei Jubiläen Mitte des vorigen Jahrhunderts, auch auf den Forstwiesen.
Bereits im Herbst 1924 fand auf dem Keltervorplatz das erste „Abturnen“ statt, sechs Monate später das erste TBR-Frühlingsfest. Es war eine Kombination aus Sport und Festakt. Am Nachmittag Waldläufe, am Abend Siegerehrung mit umfangreichem Turn-Programm inklusive Theatervorführungen im „Rößle-Saal“. Eingeladen waren die Turnvereine aus den Nachbarorten Steinheim, Kleinbottwar und Erdmannhausen, sogar der konkurrierende Arbeiterturnverein von Rielingshausen war dabei und der Gesangverein „Sängerlust“. Bei ihm mit dem Hinweis, er brauche nicht zu singen.
Die neu formierte Damenriege des TBR (1948)
Im Jahr 1928 fand dann die erste Großveranstaltung für den Turnerbund in Rielingshausen statt, als erfolgreicher Ausrichter des Turntages der Gaujugend. Anlass war das fünfjährige Jubiläum des Vereins. Zu fast jedem Jubiläum in der 100-jährigen TBR-Historie wurde ein sportliches Rahmenprogramm angeboten.
Die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg war für den TBR aber eher geprägt durch auswärtige Besuche und Teilnahme der Turner und Handballer an Sportfesten oder Turnieren in den benachbarten Gemeinden. Erst in der Nachkriegszeit ab 1947 etablierten sich in Rielingshausen jährliche Sommersportfeste, die sowohl bei Sportlern als auch bei der Bevölkerung sehr beliebt waren. Beim Fest 1948 standen Turnen und Leichtathletik im Vordergrund des Programms. Die Frauenriege des TBR trat erstmals öffentlich auf. Bilder von damals zeigen die Damen bei gekonnt vorgetragener Reifengymnastik. Für die Schüler stand ein Kletterbaum zur Verfügung, ehe mit Musik und Tanz der Tag ausklang.
Reifen zum Himmel hoch – unter strenger Aufsicht von Trainerin Käthe Laber (1948)
Singender Einmarsch der Sportlerinnen und Sportler (1948)
Das Wetter war ein ständiger Unsicherheitsfaktor für derartige Veranstaltungen. Das Sportfest im Jahre 1952 war schon vom Vorstand offiziell in die Kelter verlegt, als wider Erwarten doch Wetterbesserung eintrat. Damit die Bürger von Rielingshausen diese Veränderung auch mitbekamen, wurde ein „Propagandamarsch“ vom Schulhaus, mit Pflichtteilnahme für alle Sportler, organisiert. Es war ein typisch buntes Sportfest mit jeder Menge Abwechslung in den Disziplinen. Am Vormittag mit den Bundesjugendspielen und am Nachmittag mit Turnen und Leichtathletik, sogar Staffelläufe, Läufe auf der Mittelstrecke (1.000 m und 1.500 m) und Stabhochsprung wurden angeboten. Die zahlreich erschienen Zuschauer staunten.
Das Sportfest im Jahre 1955 darf in einer Chronik auch mal organisatorisch beleuchtet werden. Von sportlichen Ergebnissen geben die Vereinsprotokolle wenig her, dafür umso mehr über die vorbereitenden Maßnahmen, ganz nach dem Motto: Eine gute Vorbereitung ist die Basis für jeden Erfolg. So gesehen muss das Sommerfest grandios gewesen sein. Der Vorstand beschloss im Vorfeld, neben dem Sportplatz eine mit Planen überdachte Schenke einzurichten, damit die Bewirtschaftung in Regie des TBR verbleibt. Interessante versorgungstechnische Details wurden in der Ausschuss-Sitzung in der Sonne (Beginn 21.15 Uhr) gleich festgelegt: Das Bier von der Adler-Brauerei in Sulzbach, der Wein von der Genossenschaft und von Hermann Schnepple. Welcher Wein von wem bezogen werden sollte, war dem 1. Vorsitzenden Rudolf Maier und dem Kassier Gottfried Binder, bei einer noch durchzuführenden Probe, übertragen und vorbehalten. Mineralwasser gab‘s von Otto Hessel und Bluna von Hermann Holzwarth. Wurst wurde je hälftig von den Metzgereien „Sonne“ und „Krone“ geliefert, aber nur bei einem einheitlichen Preis (0,30 DM) und Brötchen steuerte die Bäckerei Otto Trefz („Lamm-Wirt“) bei.
Die holde Weiblichkeit akrobatisch schön mit ansprechender Choreographie (1950)
Anfang der 1960er-Jahre wurden die traditionellen Sportfeste als TBR-Vereinsmeisterschaften deklariert. Immer weniger als Turnwettbewerbe, mehr als leichtathletischer Vierkampf: 75 m-Lauf, Weitsprung, Kugelstoßen und Hand- oder Schleuderballweitwurf. Erster Vereinsmeister und Gewinner des Wanderpokals wurde 1962 mit deutlichem Vorsprung Kurt Holzwarth, gefolgt von Waldemar Ruff, Eberhard Ruoff, Werner Gall und Martin Holzwarth. Die „neuen“ Disziplinen kamen bei den TBR-Sportlern abteilungsübergreifend sehr gut an. Die Wettkämpfe bereiteten Abwechslung und zudem Spaß.
Dem ehemaligen 1. Vorsitzenden Rudolf Maier gefiel dies weniger, weswegen er in der Generalversammlung am 18.01.1964 beantragte, die Vereinsmeisterschaften wieder in „Abturnen“ umzuwandeln. Der Antrag wurde bei fünf Gegenstimmen mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ab 1967 sind Schülerwettkämpfe zwischen den Sportvereinen aus Kirchberg, Burgstall, Affalterbach und Rielingshausen ins Leben gerufen worden. Wechselseitig wurde die Gastgeberrolle wahrgenommen, die spannenden Begegnungen wurden über einige Jahre aufrechterhalten. Auch Sommersportfeste der Aktiven mit Marbach und später auch mit Kirchberg wurden organisiert, sie waren sogar als Wanderpokal ausgeschrieben. Ebenfalls im Jahre 1967 glänzte der TBR als Ausrichter des Gaualterstreffens (Turngau Backnang) mit über 100 Aktiven und 300 begeisterten Zuschauern rund um das Sportplatzgelände. Die Festrede hielt Gaualtersturnwart Hans Klingler vom TBR. Für den sportlichen Höhepunkt sorgte Gerhard Holzwarth, der überlegener Sieger im leichtathletischen Dreikampf seiner Altersklasse wurde.
Nur ergänzend sei erwähnt, dass für die Durchführung von Sportfesten zu damaligen Zeiten, jeweils beim Bürgermeisteramt Rielingshausen Erlaubnisscheine gegen Gebühr einzuholen waren. Darin war das nächtliche Ende des Festes konkretisiert (zum Beispiel 2 Uhr nachts) und es wurden diverse Auflagen erteilt. Auszugsweise wie folgt: „Aborte sind für beide Geschlechter getrennt und den Anforderungen der Hygiene sowie des Anstandes entsprechend bereitzustellen“ – oder – „Es ist verboten geistige Getränke an betrunkene Personen zu verabreichen.“ Für die Veranstalter geistig und real anspruchsvoll hoch. Dafür war die Gebühr der Erlaubnis mit 10 DM relativ niedrig.
Alles in der einzigartigen Festschrift „100 Jahre TBR“ (Exemplare sind im Rathaus erhältlich)
Heute: Sportfeste im Dorf –
schon immer etwas Besonderes (Teil 2)
Einer der Höhepunkte in der TBR-Turn-Geschichte war das Gaukindertreffen am 12./13.07.1969 auf dem Waldsportplatz in Rielingshausen. 850 Teilnehmer aus 24 Vereinen des Turngaus Backnang wetteiferten um Erfolge und gute Ergebnisse. Alles lief super organisiert über die Bühne. Rielingshausen wurde in der regionalen Presse hoch gelobt, besonders wegen ihrer vorbildlichen Gastfreundschaft. Alle Kinder und ihre Betreuer waren von einheimischen Familien privat zum Mittagessen eingeladen. Am Nachmittag zog ein großer Festzug durch den Ort, angeführt durch den Reit- und Fahrverein Murrgau Rielingshausen mit Festreitern und Festkutsche. Viel Prominenz aus nah und fern saß auf oder in der Kutsche. Die Backnanger Zeitung schließt ihren Artikel mit dem Schlusssatz: „Rielingshausen wird allen Teilnehmern in guter Erinnerung bleiben:“
In guter Erinnerung bleibt in der Historie des Vereins eine Sportwoche auf dem Sportplatz am Hardtwald im Jahre 1971, die der TBR vom 05. bis 13.06. mit vielfältigen Angeboten unter Beteiligung aller Abteilungen veranstaltete. Sechs Tage volles Programm, für den TBR eine Höchstleistung an Planung, Organisation und Durchführung. Ein „Bunter Abend“ im Festzelt krönte die sonst sportlich erfolgreiche Woche. Sogar der Gesangverein Sängerlust unterstützte die Darbietungen im Programm stimmlich. Im Grunde war das Ereignis auf der TBR-Bühne sogar deren Premiere als gemischter Chor. Erst ab diesem Zeitpunkt durfte nämlich die holde Weiblichkeit auch der Sängerlust frönen. Vorher waren nur Männer erlaubt.
Sehr bemerkenswert war zudem ein Hinweis in der Programmübersicht, die auf den Tischen auslag. Wortwörtlich wurde den Besuchern das erwartet gebührende Verhalten vermittelt: „Um einen ordentlichen Ablauf des Programms zu gewährleisten, bitten wir unsere geehrten Gäste um Aufmerksamkeit während der Darbietungen – und darum, die übliche „Bierzelt-Geräuschkulisse“ bis zum Ende des Programms zurückzustellen. Bei der anschließenden Tanzunterhaltung dürfen dann alle Register gezogen werden.“
Die Registerauswahl des Publikums musste aber offensichtlich nach den Darbietungen sehr zurückhaltend ausgefallen sein. Der selbstkritische Vorstand stellte nämlich in einer Rückbetrachtung auf die sechstägige Veranstaltung fest, dass künftig keine Blaskapelle mehr engagiert wird, weil zu teuer und keiner dazu tanzt. Trotz Tanzmüdigkeit und einiger Schlechtwettertage war das Fazit der gesamten Veranstaltung durchweg positiv und als voller Erfolg gewertet.
Mit dem Jubiläum zum 60-jährigen Bestehen des Vereins im Jahre 1983 wurde ein neuer Anlauf für ein abteilungsübergreifendes Sportfest erprobt – etwas abgewandelt und in neuem „Trikot“. Der „Rällingswetz“ war als Kombination von Leichtathletik und Fußball geboren. Die Rielingshäuser („die Rälling“) sollten auf das Sportgelände am Hardtwald gelockt werden, um sich sportlich zu betätigen. Auch „Hobby-Sportler“ waren herzlich willkommen. Ausdauernd war der „Rälling“ nicht, nach fünf Jahren war auch diese Veranstaltungsform müde geworden.
Nur Gewinner beim Leichtathletik-Sportfest der TBR-Jugend (1987)
Ein neues Sportfest-Format wurde im Sommer 2001 auf dem TBR-Sportgelände angeboten. Drei Tage lang Sport und Musik („Sports & Music“) mit Karate, Handball und Volleyball, Spiele in gemischten Teams, Spielstationen für Kinder und jung gebliebene Erwachsene, Konzerte mit viel Musik und Tanz bei hochsommerlichen Temperaturen. Trotz der Hitze besuchten an den drei Tagen immerhin rund 1.200 Besucher die gut vorbereitete und durchgeführte Veranstaltung. Nicht ganz nach den Erwartungen der TBR-Organisatoren. Es hätten auch gerne mehr sein dürfen, um die finanziellen Investitionen im Gleichklang zu halten. Die Erfahrungen der Veranstaltung insgesamt waren letztendlich keine Motivation für eine Wiederholung in ähnlicher Form.
Rekordverdächtige Stapelhöhe bei „Sports & Music“ (2001)
Aber bereits ein Jahr später nach „Sports & Music“ wagte sich der TBR, nach 33 Jahren Unterbrechung, wieder einmal an eine Ausrichtung des Gaukinderturnfestes. Es sollte die größte Veranstaltung werden, die der Verein in seiner Geschichte je organisiert hat. Allerdings war nicht das Sportgelände in Rielingshausen der Austragungsort, sondern das besser geeignete Areal auf dem „Leiselstein“ in Marbach. 1.900 Turnkinder und Ihre Betreuer aus 28 Vereinen des Turngaus Neckar-Enz waren am 07.07.2002 zu Gast in der Schillerstadt. Damals eine Rekordbeteiligung. Um es vorwegzunehmen: Es war ein Fest der Superlative. „Besser geht nicht!“ waren sich der Turngau, die Gastvereine, die Stadt und Gemeinde, der TBR und nicht zuletzt die vielen Kinder und Besucher einig. Alles passte perfekt. Das Wetter, der Festzug ins Stadion, die Organisation der Wettkämpfe, die Logistik in der Versorgung und die interessanten und abwechslungsreichen Wettbewerbe und Spielstationen für die Mädchen und Buben.
Die TBR-Kinder beim fröhlichen Einmarsch mit Übungsleiterin Ursula Läpple (2002)
Die Kinder strotzen vor Energie und Lebensfreude: in der Ausübung der Disziplinen Leichtathletik, Turnen und Gymnastik, beim Kräftemessen im Frosch-, Bären-, und Tigerenten-Cup oder auf der Bewegungsbaustelle und verschiedenen Bastelstationen. Allein vom TBR waren 94 Turnkinder am Start, die in den verschiedenen Altersstufen im „Pflicht- oder Wahl-Vierkampf“ überaus erfolgreich abschließen konnten. Die besten Ergebnisse erzielten damals: Rebecca Kübel, Marie Jeutter, Daniela Brenner, Liane Lillich, Anne Voigtmann, Leonard Mattheis und Peter Kauffmann.
Nur mit vereinten Kräften war ein derartig großes Fest erfolgreich über die Bühne zu bringen. Die beiden TBR-Vorstände und Macher der Veranstaltung, Roland Stickel und Marc Binder, konnten sich auf die Unterstützung aller Abteilungen und sogar auf die Mithilfe der anderen örtlichen Vereine verlassen. 250 ehrenamtliche Helfer waren im Dauereinsatz. Das Verpflegungsteam um Karl Walker und Wolfgang Kreuzer hatte den ganzen Tag über Hochbetrieb. Ständig war aufgrund der großen Nachfrage Nachschub zu organisieren. Bäcker und Metzger mussten Sonntags-Überstunden leisten. 1.500 rote Würste, 80 kg Schweinefleisch, 600 kg Pommes Frites und etwa 50 Kuchen (zumeist von den Landfrauen aus Rielingshausen) reichten gerade so. Und Durst hatten die Kinder bei sommerlichen Temperaturen nicht nur nach jedem Wettbewerb.
Der TBR als Gastgeber mit seinen Turnkindern in bester Laune (2002)
Für die Schlagzeile in der Marbacher Zeitung sorgte die Aussage von dem mehr als zufriedenen Turngau-Vorsitzenden Gunter Bretschneider am Schluss der Veranstaltung: „Der Turnerbund Rielingshausen bewies, dass auch ein kleiner Verein eine Großveranstaltung hervorragend organisieren kann. Besser geht nicht!“
Heute: Sportfeste im Dorf –
schon immer etwas Besonderes (Teil 3)
In den Jahren 2006 bis 2008 bot der TBR auf seinem Sportgelände ein viertägiges Ferienprogramm für Schüler an. Alle Abteilungen beteiligten sich an der Durchführung ganz unterschiedlicher Spielvarianten wie beispielsweise die Gummibärenschleuder, Besenstiel-Mikado, Rutschen mit Zielwerfen und Kettcar-Geschicklichkeitsfahrten – quasi eine Jux-Olympiade für die Kleinen – Sport, Spiel und Spaß. Die Veranstaltungen waren zweifellos ein Prestigegewinn für den Verein. Leider hielt die Ausdauer nur drei Jahre, weil Vorbereitung und Durchführung über vier Tage viel ehrenamtliches Engagement erforderten, was auf Dauer nicht aufzubringen war.
In den Jahren 2007, 2016 und ein weiters Mal in 2019 war jeweils im Sommer der Turnerbund Ausrichter des jährlichen Camps für jugendliche Turner und Sportler im Turngau Neckar-Enz. An drei ereignisreichen, abwechslungsvoll gestalteten Tagen in einem Zelt-Dorf mit jeweils mehr als 100 Teilnehmern boten die Jugendfeste rund um das Sportgelände am Hardtwald viele innovative und interessante Stationen, wobei der Spaß eindeutig im Vordergrund stand. Und es ging, wie jedes Jahr, um den allseits begehrten Wanderpokal. In der lustigen Disziplin „Weitfliegen Papierflugzeuge“ war eine der TBR-Mannschaften mit Abstand die erfolgreichste. Bestimmt lag es am Heimvorteil mit der idealen Thermik rund um das Sportgelände in Rielingshausen. Fazit: Die Jugend-Camps beim Turnerbund sind Veranstaltungen mit hohem Spaßfaktor und zudem top organisiert, einfach zum Vorzeigen.
Geballte Macht in Röcken dudelt sich auf das Hochland-Sportgelände am Hardtwald (2019)
Anno 2019 fragte sich mancher in Rielingshausen, was das schottische Hochland mit der Sportplatzwiese am Hardtwald gemeinsam hat. Außer „grün“ eigentlich gar nichts. Zwar können Rielingshausen und seine Umgebung durchaus als atemberaubende Hügellandschaft gesehen werden. Aber muss der TBR dann gleich deswegen sogenannte „Highland Games“ auf dem Sportgelände am Hardtwald mit aberwitzigen Disziplinen, Spielen, Tänzen und Musik, welche seit hunderten von Jahren Teil der schottischen Kultur sind, ausrichten? Passt so ein Spektakel in das schwäbisch dörfliche Umfeld?
Die Eigenschaften von Schotten und Schwaben ähneln sich meistens nur in Witzen. Tatsächlich kann Rielingshausen überraschend beim schottischen Nationalgetränk, dem Whisky, mithalten. Zwar nicht schottisch, aber schwäbisch. Schon Ende der 1990er-Jahre hat der „Wengerter“ Hans Holzwarth ein hochwertiges Produkt auf den Markt gebracht, welches sich „Schwäbischer Wisgi“ nennt und sogar regionale Prämierungen erreichte. Das edle Getränk ist heute noch zu erwerben und kann im Jubiläumsjahr (25 Jahre gereift) ganz entspannt genossen werden. Trotz „Wisgi“ in Rielingshausen waren die Bedenken im Vorfeld der „Highland Games“ sicher nicht unberechtigt. Nach dem überraschend farbenfrohen Spektakel im Jahre 2019 mit viel Gefühl für Gemeinschaft, Spaß, Tradition und Feierlichkeit für alle Teilnehmer und Besucher gehörten die Bedenken der Vergangenheit an.
Samuel Beerwart, der kleinste Kämpfer im Hochland (2019)
Rainer Holzwarth (auch unter dem Namen „Ranger“ bekannt), der „Vereinstüftele“ oder „Beauftrage für Teambildung“, hatte mit seiner Idee den Nagel auf den Kopf getroffen und den Zeitgeist für solch eine Ausrichtung durch den TBR richtig eingeschätzt. Der Macher der Veranstaltung konnte sich danach voll bestätigt sehen. Endlich wieder eine super gelungene Großveranstaltung auf dem TBR-Sportgelände mit viel Anklang und vor allem abteilungsübergreifender Beteiligung. War das der Auftakt einer Serie von Rielingshäuser Sportfesten in neuem Gewand?
„Ranger“ mit seinem Organisationsteam – stehend von links: Rainer Holzwarth, Michael Beck, Markus Esslinger, Klaus Schmiedt, Andrea Opitz, Benjamin Ebbecke, Roland Stickel, Björn Biebl, Horst Klingler; kniend: Wieland Moos, Günther Keller, Axel Opitz (2019)
Der Anfangserfolg ermutigte die Verantwortlichen des TBR um Rainer Holzwarth zu einer Wiederholung zwei Jahre später. Tragische Umstände führten dazu, dass Rainer, einen Monat vor seiner von ihm geplanten zweiten Veranstaltung, im jungen Alter von 67 Jahren überraschend verstarb. Die „schottischen“ Vereinsspiele im September 2021 wurden nach reiflicher Überlegung in den TBR-Gremien und in Rainers Familie nicht abgesagt. Und waren erneut ein tolles und gelungenes „Volksfest“, ganz im Geiste und Sinne von „Ranger“. Ohne formellen Antrag war für alle im TBR klar: Das Sportfest auf dem herrlichen Gelände am Hardtwald wird ergänzend umbenannt in „Highland Ranger Games“. Das versteht nicht jeder Außenstehende ohne Erklärung aber die Einwohner von Rielingshausen schon, die in einem geheimnisvollen Ort in magischer Landschaft ihr „Hochland“ gefunden haben.
Üben noch an der Technik im Stangenslalom: Kira und Klaus Weber, Timo Piesch und Raimund Schleicher (2021)
Die „Highland Ranger Games“ könnten für eine neue Tradition beim TBR sorgen, beispielsweise alle zwei Jahre ein derartiges Format anzubieten. Dazu passt, dass nach 2019 und 2021, auch 2023 die Spiele beim 100-jährigen Jubiläum des TBR auf dem Festprogramm standen. Michael Beck mit seinem Team hat in der Nachfolge von „Ranger“ die Neuauflage der Spiele als bunte Bereicherung der Festlichkeiten präsentiert und die Festbesucher waren begeistert. Mit typisch „schwäbischen“ Disziplinen wie Baumstammwerfen, Stangenslalom, Steinstoßen, Fassrollen und Gewichte tragen. „Einer oder Eine trage des Anderen Last:“ Schon der Apostel Paulus verkündete diese Erkenntnis vor langer Zeit, und der war weder Schotte noch Schwabe.
Die illustre Schar der Highland-Aktiven im Festzelt des TBR anlässlich des 100-jährigen Jubiläums (2023).
Der „1. FC Eiweiß-Shakes“ aus Winnenden gewinnt den von Ortsvorsteher Knittel gestifteten Wanderpokal, überreicht durch Organisator Michael Beck (2023).
Heute: Der TBR schafft und baut in seinen
100 Jahren viel (Teil 1)
„Schaffe, schaffe, Häusle baue“ steht in § 8 des Schwäbischen Grundgesetzes, in der Satzung des Turnerbundes findet man diesen Passus nicht. Trotzdem sind die baulichen Aktivitäten, besonders in den vergangenen 60 Jahren, für einen Sportverein mehr als beachtlich. Der Mangel an geeigneten Sportstätten und der dazugehörigen Rahmenbedingungen löste ab Anfang der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts eine beispiellose Eigeninitiative unter den Vereinsmitgliedern des TBR aus. Aus der Not eine Tugend machen, das war die Maxime von Ehrenvorstand Werner Holzwarth, der 1961 die Vereinsführung übernommen hatte, und dem es gelang, unter seiner Regie viele Vereinsmitglieder für diesen baulichen Aufschwung zu aktivieren. Herausragende Investitionen für den Sportbetrieb waren der Bau eines Vereinsheims mit Umkleideräumen und Gastronomie, der Bau von mehreren Kleinspielfeldern mit unterschiedlichen Belägen, Erweiterungen bei der Stromversorgung und der Kanalisation, eine neue Laufbahn und Weitsprunganlage auf dem Sportgelände und als Höhepunkt der Bau einer vereinseigenen Sporthalle mit Nebenräumen und einer Wohnung.
Alles in allem für einen kleinen Dorfverein sehr beträchtlich, einem objektiven Betrachter drängen sich daher zwangsläufig die Frage nach der Berechtigung derartiger Bauaktivitäten in Eigenregie auf. „War das alles für den aktiven Sportbetrieb und die sportliche Entwicklung des Vereins beziehungsweise seiner Abteilungen sinnvoll? Sind die finanziellen Verpflichtungen für die Mitglieder auf Dauer zumutbar? Und wenn ja, mit welchen Einschränkungen für die einzelnen Sportarten?“
Antworten als Ergebnis in der Gegenüberstellung von Vorteilen und Nachteilen sind möglich, aber keinesfalls absolut. Einige Aussagen in den Interviews von TBR-Zeitzeugen geben Aufschluss über Beweg- und Hintergründe, sie können helfen die Entscheidungen der Verantwortlichen in ihrer jeweiligen Zeitepoche zu verstehen und nachzuvollziehen. Die Fakten sind im Jubiläumsjahr 2023 so wie sie sind. Der TBR betreibt seinen Vereinssport unter anderem auch und weiterhin als stolzer Eigentümer eines Vereinsheims mit Bewirtschaftung und einer Sporthalle mit Foyer und Wohnung. Wer kann so eine Konstellation im weiten Umfeld ähnlich strukturierter Vereine überhaupt bieten?
Eine ausschnittsweise und unvollständige Auflistung diverser baulicher Aktivitäten verdeutlicht die Entwicklungen im Verein, aber auch im Ort selbst.
1924: Der Keltervorplatz wird zum Turnplatz hergerichtet
Leibesübungen und Turnen konnten in sehr begrenzter Weise vor oder teilweise in der Kelter, dem ältesten Gebäude von Rielingshausen, ausgeübt werden. Das reichte aber bei weitem nicht aus, das Interesse an sportlicher Betätigung und der Zulauf von Jugendlichen und Erwachsenen nahm nach der Vereinsgründung stetig zu. Im Frühjahr 1924 stellte der TBR deshalb bei der Kommune den Antrag, den Keltervorplatz als Turnplatz im Freien einrichten zu dürfen. Die Gemeinde sagte zu und der Verein setzte das Vorhaben mit eigenen Mitteln zeitnah um. Wo man zu früheren Zeiten die Trauben in Bütten vor der Kelter sammelte und diese auf ihre Verarbeitung warteten, wurde auf diesem Platz ab sofort verstärkt die turnerische Ausbildung gefördert. Obwohl die Rielingshäuser Weine damals durchaus mit Qualität überzeugen konnten, wurde in der Kelter der Herbstbetrieb eingestellt. Ab dem Herbst 1924 hatte dort Turnvater Jahn das Sagen.
Gerätemannschaft der ersten Stunde vor der Kelter (1925) – von links: Eugen Wildermuth, Walter Wildermuth, Karl Holzwarth, Hermann Schäfer, Eugen Wiesenauer, Hugo Wildermuth
1931: Wiese wird zum Sportplatz
Die inzwischen stark zunehmende Handball-Fraktion innerhalb des TBR wollte natürlich auch Heimspiele austragen. Aber wo? Der Keltervorplatz konnte notdürftig zum Trainieren genutzt werden aber nicht für den Wettbewerb. Also sprach man im Herbst 1930 beim „Schultheißenamt“ vor und schilderte die Misere. 1931 konnte man sich mit der Gemeinde einigen. Eine unebene Wiese (dort, wo unser Sportplatz noch heute liegt) wurde dem Verein in Pacht überlassen aber nur unter der Bedingung, dass auch Schule und Feuerwehr diesen Platz nutzen dürfen. Der Zustand des Ackers erlaubte aber noch kein Handballspiel. Erst musste eine Anzahl von Bäumen gefällt werden, mit dem Holzerlös wurden dann weitere Arbeiten für die Bespielbarkeit des Platzes finanziert. Ob damals eine Baumschutzsatzung der Kommune oder sonst ein
Naturschutzgesetz missachtet wurde, ist aus den Archiven nicht erkennbar.
An Sonntagen war die Nutzung des neuen Sportplatzes zu Gottesdienst- beziehungsweise Christenlehrzeiten untersagt. Der Kirchengemeinderat erwirkte dieses Verbot im Jahre 1932, weil sich zu viele Jugendliche zu den Hauptgottesdienstzeiten auf dem Sportplatz tummelten.
1932: Erwerb eines „Eisenbahner-Waggons“
Ein Sportplatz war nun vorhanden, es gab jedoch keine Umkleideräumlichkeiten. Der Verein kaufte einen alten Eisenbahnwaggon, zog dieses ausgediente Teil mit einem Traktor nach Rielingshausen und stellte es neben dem Sportgelände auf. Der Waggon bekam einen neuen Anstrich und eine andere Inneneinrichtung. Fertig war die Laube zum Umkleiden. Bei Handballspielen durften sich sowohl die Gästemannschaft als auch die Gastgeber im „Eisenbahner“ in kuscheliger Nähe umziehen. Wasser zum Waschen wurde von den Spielern in großen Milchkannen vom Dorf mitgebracht und vor dem Eisenbahnwagen zur Nutzung freigegeben. 22 Mann plus Schiedsrichter gaben sich nach dem Spiel bei einem Schönheitsbad sozusagen die Kanne! Der Waggon war aber auch mangels geeigneter Räumlichkeiten oft für Kameradschaftsabende oder sonstige Feste in Beschlag. Am 06.09.1965 fand auf Einladung des 1. Vorsitzenden Werner Holzwarth sogar eine Ausschuss-Sitzung im „Umkleideraum“ statt. Auf den harten Bänken beschlossen die Funktionäre: „Aktive, die beim Aufbau beziehungsweise Abbau zu einem Sportfest nicht mitwirken oder beim letzten Mal nicht mitgewirkt haben, werden vier Wochen vom Sportbetrieb ausgeschlossen.“
Kaum zu glauben, dass solch ein Provisorium erst im Jahre 1966 abgelöst wurde, fast 35 Jahre später. Das historische Zeugnis ist selbst im Jubiläumsjahr nicht aus der Welt. Der „Eisenbahner“ wurde bei seiner Pensionierung von der Firma Emil Stickel aus Rielingshausen erworben und steht noch heute fast unversehrt auf deren Betriebsgelände.
TBR-Vorstände und Fahnenträger vor dem alten „Eisenbahner“ auf dem Betriebsgelände der Firma Stickel (2022) – von links: Reinhardt Giebel, Lothar Sondermeyer, Roland Stickel, Harald Orthwein, Klaus Weber, Simon Holzwarth, Emil Stickel, Nico Wildermuth und Karl Walker
1946: Sanierung Sportplatzgelände und neue Tore
Nach dem Zweiten Weltkrieg fing im Herbst 1946 der Spielbetrieb in den meisten Sportarten offiziell wieder an. So auch im Handball. Zwei Mannschaften des TBR meldeten für die Pflichtspielrunde auf dem Großfeld. Groß war auch der Einsatz der Handballer, die während des Krieges kaum genutzte Wiese wieder in ein Spielfeld zu verwandeln. Die restlos verfallenen Tore, zuvor waren Latte und Pfosten bereits zur Stabilität mit Brettern geschient, waren abzureißen und neue Tore in Eigenarbeit zu erstellen. Die handwerklichen Fähigkeiten dazu waren bei den Vereinsmitgliedern vorhanden, aber es gab kein Holz. Folglich war das Material zu „organisieren“, was auch gelang. Da fällt einem nur noch das geschichtsträchtige deutsche Sprichwort aus dem 19. Jahrhundert ein: „Dem reichen Walde wenig schadet, wenn sich ein Mann mit Holz beladet.“
Die Handballer vor dem „neuen“ Holztor (1949)
Heute: Der TBR schafft und baut in seinen
100 Jahren viel (Teil 2)
1964: Gemeindehalle Rielingshausen
Bereits wenige Jahre nach Kriegsende ab dem Jahre 1948 dachte der TBR über den Neubau einer Sporthalle für Rielingshausen nach. Beim Denken blieb es zunächst, weil auch die Gemeinde sich keine Finanzierung vorstellen konnte. Konkreter wurde es fünf Jahre später, als TBR-Hauptkassier Gottfried Binder im Jahre 1953 dem Vereinsausschuss vorschlug, jedes Mitglied möge pro Woche 1 DM in eine Stiftung einzahlen (also ca. 50 DM jährlich). Kommt der Hallenbau nicht zustande, fließt das Geld wieder an die Spender zurück. Im Grunde ein Crowdfunding-Modell heutiger Prägung. Das war dem TBR-Vorstand damals doch zu modern und wurde daher mehrheitlich abgelehnt. Die Vereine in Rielingshausen verständigten sich wenige Monate später auf eine andere Unterstützungsform.
Am 29.08.1954 fand ein gemeinsames Sport- und Kulturfest statt, an dessen Durchführung der Gesangverein, der Rad- und Kraftfahrverein, die Weingärtnergenossenschaft und der Turnerbund beteiligt waren. Der Reinerlös dieser Veranstaltung in Höhe von 1.075 DM wurde bei der Spar- und Darlehenskasse auf fünf Jahre mit dem Ziel fest angelegt, zeitnah mit einem Bau beginnen zu können. Zwar war dies ein erster Willens- und Finanzierungsschritt, aber noch keiner in Richtung Verwirklichung.
Der Rohbau der Gemeindehalle steht (1963)
1958 sagte die Gemeinde ihre tatkräftige Unterstützung zu. Erst nach 1960 nahm die Entwicklung richtig Fahrt auf, als Zuschussbehörden und Gemeinde die Pläne von Vereinsmitglied und Architekt Martin Holzwarth mehrfach geprüft und für gut befunden hatten. Die Vereine im Ort versuchten vielfältig, finanziell zu unterstützen. Auch der TBR: Vereinsvorstand Werner Holzwarth sammelte Unterschriften, mit denen sich die Vereinsmitglieder verpflichteten, entweder 300 DM für eine neue Halle als unverzinsliches Darlehen einzusetzen oder 100 Arbeitsstunden zu leisten. Darüber hinaus wurde sofort eine Bausteinaktion mit unterschiedlichen Spendenbeträgen ausgerufen.
Die Gemeindehalle konnte schließlich am 22.05.1964 feierlich und in prominenter Besetzung eingeweiht werden. Ein Festtag für die Gemeinde und die Vereine, endlich eine Mehrzweckhalle für ganz verschiedene Anlässe zu besitzen. Die erste große Veranstaltung erlebten die Rielingshäuser mit der TBR-Weihnachtsfeier am Stephanus-Tag 1964. Der Beweis dafür, dass eine Halle selbst für eine kleine Dorfgemeinschaft nie groß genug sein kann. Restlos ausverkauft präsentierte der Verein im neuen Refugium „Harmonie und turnerische Vollendung“, so die Artikelüberschrift in der Backnanger Zeitung. Höchstes Lob und Anerkennung aller Orten. 40 Jahre Weihnachtsfeiern im „Rößle“ gehörten ab sofort der Vergangenheit an.
Die Übungsmöglichkeiten für den Sport verbesserten sich schlagartig, die kalte Kelter hatte ebenso nach 40 Jahren als Trainingslokalität ausgedient. Alle Verantwortlichen, Unterstützer und Gönner waren sich einig: Die neue Halle ist eine gelungene und schöne Stätte der Bewegung und Begegnung. In erweiterter und sanierter Ausgestaltung inklusive Gastronomie (zuletzt im Jahre 2014) ist die Anlage das heute noch.
Fröhliche Feier der TBR-Handballer im neu erstellten Lokal der Gemeindehalle (1965)
1966: Vereinsheim TBR
Im Frühjahr 1965 wurden die ersten Ideen und Pläne von „Bauvorstand“ Werner Holzwarth und seinem Bauleiter und Architekten Martin Holzwarth für einen Gymnastikraum und Umkleideräume mit Geräteraum neben dem Sportplatz entwickelt und alsbald bei den Behörden eingereicht. Es sollte aber ein ganzes Jahr vergehen, bis im März 1966 endlich die Baufreigabe vorlag. Vorausgegangen waren umfangreiche Abstimmungen mit Auflagen und Erlassen vom Landratsamt Backnang. Bis hin zu einer unergiebigen Kommunikation mit der Verkehrsabteilung Backnang und dem Straßenbauamt Schorndorf, ob im Sichtfeld der vorbeiführenden Kreisstraße ein Schutzzaun zu errichten sei und wenn ja, wie hoch. Bürokratie in höchster Blüte. All das war für die Vereinsmitglieder überhaupt kein Hindernis, die Umsetzung mit viel Elan und großer Geschwindigkeit voranzutreiben. In einer Rekordzeit von knapp acht Monaten war der Neubau fertiggestellt. „Samstags arbeiten wir ohne Entgelt“ war eine Schlagzeile in der Backnanger Zeitung vom 28.06.1966, nachdem der Sportkreisvorsitzende und Mitglied des Landtages, Emil Erlenbusch, die Baustelle besuchte und sich von Bauleiter Martin Holzwarth den Baufortschritt erläutern ließ. Er war voll des Lobes über den Idealismus und den Einsatz von Vereinsmitgliedern, die vor allem an den Wochenenden tatkräftig und freiwillig zur Maurerkelle griffen.
Das Fundament für das neue Vereinsheim wird vorbereitet (1966)
Am 19.11.1966 konnte die Einweihung des neuen Gebäudes mit einem Festakt mit viel Glanz und Gloria gefeiert werden. Der heute als Restaurant im Vereinsheim genutzte Saal war mit viel Prominenz aus Politik, Verbänden und Vereinen rappelvoll.
Vereinsmitglied und Bauleiter Martin Holzwarth übergab, zu Recht riesig stolz, den Schlüssel an den Initiator und TBR-Vorstand Werner Holzwarth. Vorbei waren die Zeiten ohne Komfort am Sportplatz. Der alte und enge „Eisenbahner“ ohne Strom und Wasser hatte ausgedient, in den neu erstellten Umkleideräumen war es jetzt möglich, sich bei Licht zu duschen. Was will der aktive Sportler mehr? Nicht nur deswegen gab es überschwänglich großen Dank an alle Beteiligten. Gedankt wurde auch der Gemeindeverwaltung Rielingshausen mit Bürgermeister Kressmann an der Spitze, welche den Bauplatz zur Verfügung stellte und dem Verein zugestand, Hausherren-Rechte ausüben zu können. Diese Übung hat der Verein über all die Jahre bis zum heutigen Tage gut und erfolgreich wahrgenommen.
Freudige Schlüsselübergabe von Martin an Werner Holzwarth (1966)
1967: Gerätehütte neben dem Vereinsheim
Die neuen Räumlichkeiten des Vereins neben dem Sportplatz boten zwar jede Menge Platz, dennoch war schnell klar, dass für die Lagerung von Geräten und sonstigen Utensilien ein Lagerschuppen sinnvoll wäre. Also schon wieder bauen, aber wie finanzieren? Da passte es gut, dass Oskar Jenner auf dem Betriebsgelände seines Schreinereibetriebes in Ludwigsburg eine Holzhütte „übrig“ hatte und diese zum Nulltarif dem TBR zur Verfügung stellte. Die Baugenehmigung für das Aufstellen dieser Hütte wurde in Windeseile eingeholt, das 6 auf 4 Meter große Teil selbst auch. TBR-Mitglied Emil Stickel verfrachtete kurzerhand und kostenneutral die Gerätehütte auf seinem Tieflader von Ludwigsburg nach Rielingshausen. Wieder ein gelungener Beweis: Im TBR wird Hand in Hand gearbeitet. 1979 hatte der Holzschuppen ausgedient und wurde abgerissen, stattdessen wurde ein fester Steinbau als Gerätelager errichtet.
Heute: Der TBR schafft und baut in seinen
100 Jahren viel (Teil 3)
1971: das erste Kleinspielfeld
Ein neuer TBR-Zeitabschnitt und Meilenstein begann mit dem Bau eines Kleinspielfeldes neben dem Vereinsheim, oberhalb des Sportplatzes. Handball auf dem Großfeld befand sich auf dem absteigenden Ast und das Tennisspiel stetig im Aufschwung. Von daher war die Entscheidung des TBR richtungsweisend. Nur so konnten Handball, Volleyball und Tennis in freier Natur ausgeübt werden. Mit vereinten Kräften konnte der Platz in wenigen Monaten fertiggestellt werden. Als Belag wurde einfacher Bitumen gewählt, deswegen auch Hartplatz genannt.
Auf Dauer wollte man nicht auf dem harten Bitumen Sport treiben. Drei Jahre später, im Jahre 1974, war daher eine weitere Investition zu tätigen. Als eine der ersten Gemeinden im Kreis bekam der TBR eine Kunststoffoberfläche für sein Kleinfeld. Ein wasserundurchlässiger Sandwichbelag auf der Bitumentragschicht sollte wesentlich verbesserte Eigenschaften für die Nutzung mitbringen. Die Betonung lag im „sollte“.
Leider zeigten sich die Zutaten im Sandwichbelag (das Material) schon nach kurzer Zeit als wenig genießbar. Immer mehr Beanstandungen in der Nutzbarkeit der Spielfläche durch Blasenbildung führten zu ersten Zweifeln an der Tauglichkeit des Materials. In den nächsten Jahren wurde immer wieder geflickt und ausgebessert. Eine Totalsanierung stand an und ein Streit darüber, wer nach sieben Jahren Nutzung für die Kosten verantwortlich sei. Am Ende einigte sich der Verein 1981 mit dem Vertragspartner von einst auf einen Vergleich mit einer kompletten Erneuerung. Das war zwar in Summe kostspielig, aber vertretbar.
Trotz Blasenbildung im Belag springt „Schemel“ elastisch hoch und weit (1979)
Immerhin überlebte der frische Untergrund und Belag weitere acht Jahre, ehe dieser unverschuldet nach dem traditionellen Pfingstturnier im Jahre 1989 einem noch viel größerem Projekt in der Vereinsgeschichte weichen musste, nämlich dem Hallenbau.
1989/1990: Sporthalle am Hardtwald
In Berlin fielen 1989 nach 28 Jahren die Steine aus der Mauer und ebneten den Weg zur Wiedervereinigung Deutschlands. In Rielingshausen wurden neun Jahre vor dem 75-jährigen TBR-Jubiläum Steine in die Hand genommen und erneut wieder etwas aufgebaut. Die notwendige Erweiterung von Sportflächen im Ort war das Ziel.
Der Turnerbund unter Federführung seines damaligen Vorsitzenden Werner Holzwarth (genannt der „Boss“) hatte Ende der achtziger Jahre für den Verein ein ehrgeiziges und gigantisches Werk in Angriff genommen: Den Neubau einer eigenen Sporthalle. Die Unterstellung dabei war, dass die Stadt Marbach für den kleinen Stadtteil Rielingshausen nie eine sportgerechte Halle verwirklicht hätte. Und selbst wenn, zu welchen künftigen Zeiten, also wann? Alles unwägbar, deswegen war die Bereitschaft groß, selbst die Ärmel hochzukrempeln und in die Hände zu spucken.
Bürgermeister Keppler und Ortsvorsteher Wahl zeigten sich anfangs sehr skeptisch, „alles unrealisierbar“ meinten sie. Werner Holzwarth aber konnte die beiden überzeugen. Hauptargument war, dass die sportliche Förderung von Kindern und Jugendlichen von Rielingshausen nur am Ort direkt mit kurzen Wegen und nicht in Marbach gelingen kann. Und dazu bedarf es einer spielfähigen Sporthalle für Training und Heimspiele im Nachwuchsbereich.
Alle Vorbereitungen für die Durchführung der Baumaßnahmen im Sommer 1989 waren sorgsam getroffen, die Arbeiten gingen zügig voran. Architekturbüro, Bauleiter, Firmen und viele fleißige Hände arbeiteten im Rekordtempo und sicherten eine Fertigstellung bis zum Ende des Jahres. Mehr als vorbildlich.
Der Rohbau der vereinseigenen Sporthalle steht (1989)
Als Boden für die Halle wurde ein „Supreme Court“ eingebracht, ein in den USA entwickelter, abriebfester und widerstandsfähiger Polopropylen-Belag, der versprach, extrem pflegeleicht zu sein. Entscheidendes Auswahlkriterium aber war die regelmäßige Eignung und Tauglichkeit für mehrere Sportarten. Insbesondere sollte der Hallenboden sowohl für Handball und Volleyball als auch für Tennis ohne Nachteile bespiel- und nutzbar sein. Tennis deswegen, weil die Vermietung der zwei Tennisfelder in der Halle einen Teil der Finanzierungslücken der Bauobjekte schließen sollte. Die Einschätzung, ob der Belag diesen Ansprüchen auf Dauer genügen kann, wurde schon zu Anfang der Entscheidung von manchen Experten in Frage gestellt. Im Grunde war es ein akzeptabler Kompromiss verschiedener Interessenlagen.
Im Dezember 1989 erprobten die ersten Tennisspieler Örtlichkeit und Belag, die ersten Handballspiele folgten Anfang des Jahres 1990. Gleich anschließend (lokal wie zeitlich) wurden die Anbauten Foyer und zusätzliche Umkleideräume abgeschlossen. Eigentlich Zeit und Grund genug die Sportstätte feierlich und gebührend offiziell seiner Bestimmung zu übergeben. Einen solchen Termin gab es aber nicht. Der Alltag in der Belegung und Nutzung der neuen Sporthalle hatte einen möglichen Festtag verdrängt oder „überholt“. Das neue Bauwerk wurde der Öffentlichkeit nur über die Medien als „Sporthalle am Hardtwald“ vorgestellt. Der verdienstvolle Macher blieb dabei bescheiden im Hintergrund. Die Bezeichnungen „Werner-Holzwarth-Sporthalle“ oder noch prägnanter „Boss-Arena am Hardtwald“ wären ebenso denkbar gewesen. Letztlich hatte es niemand vorgeschlagen.
Ungefähr 10.000 unentgeltliche Arbeitsstunden von TBR-Mitgliedern waren ein solides Fundament, aber für die Erstellung einer modernen Sporteinrichtung bei weitem nicht ausreichend. Trotz der Zuschüsse von WLSB und Stadt blieb ein erheblich großer Finanzierungsbedarf. Die damalige Finanzmarktsituation löste einen enorm hohen Kapitaldienst für Tilgung und Zinsen aus. Auch für die gestählten Muskeln der TBR-Sportler und für den Geldbeutel der TBR-Mitglieder ein langfristiger Kraftakt.
Die Mehrzwecknutzung der neuen Sportstätte stand im Vordergrund (1989)
Die fortwährende finanzielle Belastung nahm fast 30 Jahre in Anspruch. Im Jahre 2018 war der Verein diesbezüglich endlich wieder schuldenfrei. Die Vorbehalte für eine derartige Initiative waren sicher groß, dennoch eine beispiellose und grandiose Vereinsleistung. Respekt und Hochachtung. Alle Vereine in der Stadt profitierten vom Idealismus und von den Anstrengungen des TBR, weil sich ab diesem Zeitpunkt das Angebot an Übungsstätten für alle Hallensportarten erheblich vergrößerte. Und die Halle steht auch noch im Jubiläumsjahr wie ein Fels in der Hardtwald-Brandung. Ein eigener TBR-Fels auf fremden Grund und Boden, weil die Stadt Eigentümer der bebauten Grundstücke ist (sogenanntes Erbbaurecht).
2014: Sanierung der Sporthalle
Nach knapp 25 Jahren intensiver Nutzung der Sporthalle am Hardtwald nagte immer mehr der Zahn der Zeit. Dem Verfall und dem Verschleiß der baulichen Substanz entgegenzuwirken, löste beträchtliche Kosten aus. Am meisten betroffen waren die sanitären Anlagen wie Dusch- und Umkleideräume, aber auch Heizung, Lüftung, Hallenbeleuchtung und der Abwasserkanal. Zudem formulierte die Brandschutzbehörde weitreichende, zum Teil neue baurechtliche Auflagen, die es einzuhalten galt. Die umfangreichen Arbeiten begannen im Jahre 2013. Sie wurden überwiegend durch den Familienbetrieb Sanitär Binder aus Rielingshausen ausgeführt. Von Wolfgang Binder ehemals gegründet, übernahmen seine Söhne Ralf, Jens und Marc später den Betrieb. Die ganze Familie Binder ist im Grunde eine TBR-Familie, allesamt über Jahrzehnte Aktivposten im Verein.
2021: Erneuerung Bodenbelag der Sporthalle
Nach 30 Jahren war dann endgültig Schluss. Der alte marode Belag wurde bis auf den Betonboden herausgerissen und durch einen komplett neuen Aufbau inklusive neuem Oberbelag ersetzt. Dies wurde notwendig, da sich bereits mehrere Risse im Belag gebildet hatten, die vermehrt nur noch mit Klebeband geflickt werden konnten. Das zunehmende Verletzungsrisiko der Sportlerinnen und Sportler war einfach zu hoch und eine weitere Nutzung nicht zu vertreten. Nostalgiker des nicht von jedermann geliebten Belages konnten sich davon eine Scheibe abschneiden, sprich ein Stück des grünen Bodens hinter Glas mit nach Hause nehmen. Natürlich gegen einen entsprechenden Obolus zur Förderung des Vereins. Gerahmte grüne Belagskunst im Wohnzimmer oder Flur? Sicher ein Blickfang, dennoch nicht für jeden Kunstliebhaber selbsterklärend. Trotzdem eine super Idee mit durchaus erfolgreichem Absatz, immerhin konnten 1.000 € vereinnahmt werden. Der TBR beschloss daraufhin, einen Teil der eingenommenen Gelder für die Flutopfer im Ahrtal zu spenden. Eine passende Geste, wurde doch vielen Bewohnern dort im gleichen Jahr ebenso der Boden unter den Füßen weggerissen.
Der alte Bodenbelag als dekorativ gerahmte Kunst 18 x 24 cm (limitierte Auflage 2021)
Der neue elastische Boden in der Sporthalle am Hardtwald genügt hinsichtlich Materialqualität, Sicherheit und Nutzbarkeit höchsten Ansprüchen: modern, wirtschaftlich, haltbar und umweltfreundlich. Er bringt die Eigenschaften mit, die sich die Sportler aktuell wünschen. Die Nutzer aller Sportarten in der Halle sind begeistert. Und wiederum hat die Stadt zu großen Teilen die Finanzierung übernommen. Der TBR dankt ausdrücklich und wünscht sich im Jubiläumsjahr vermehrten Zulauf an Sportreibenden.
2021: Neuer Sportpark
Die über 30 Jahre alte Laufbahn neben dem Sportplatz wurde leider immer weniger in Anspruch genommen und schon gar nicht als Wettkampfstätte. Aber auf welche Weise könnte man eine alternative Verwendung ermöglichen? Darüber dachten die amtierenden Vorstände Klaus Weber, Marc Beerwart und Simon Holzwarth schon längere Zeit nach. Eine Idee dazu war: ein Sportpark mit Fitnessgeräten im Außenbereich. In 2020 gesagt, in 2021 getan. Auf dem hinteren Teil der Laufbahn (Richtung Wald) wurden fünf wetterfeste Outdoor-Fitnessgeräte installiert; Vorführgeräte, die vergleichsweise günstig zu erwerben waren.
Die drei TBR-Vorstände erproben die Fitnessgeräte im neuen Sportpark (2021)
TBR-Mitglieder können ohne zusätzliche Kosten dort ihre Hauptmuskelgruppen stärken. Als Freizeitangebot, aber auch als spezifisches Programm für
Leistungssportler geeignet. Der „Sportpark am Hardtwald“ hat seinen Anfang
genommen. Es könnte ja noch mehr davon werden. Weniger bestimmt nicht,
weil die Geräte fest verschraubt sind und zudem das Gelände eingezäunt ist.
Selbst bei bester Kräftigung von Haupt- und Nebenmuskelgruppen wird niemand ein Gerät aus dem Park tragen. – Insgesamt ein tragfähiges Konzept mit Optionen. Und die Ausübung ist ganz zwanglos abteilungsübergreifend möglich, sogar wünschenswert.
2023: der TBR hat eine Legende aufgebaut – er besteht tatsächlich seit 100 Jahren!
Heute: Handball begeistert und lässt nicht mehr los (1)
Der Beschluss der TBR-Oberen vom Mai 1929 kommt einer strategischen Weichen-stellung von immenser Bedeutung und Tragweite gleich. Die Geburtsstunde der Abteilung Handball. Sie konnte sofort ihren Betrieb aufnehmen, allerdings ohne eigenen Sportplatz. Trotzdem ließen sich die Handballbegeisterten um die Gebrüder Walter und Karl Holzwarth nicht entmutigen. So kam es noch im Sommer 1929 bei der Kelter zum ersten Heimspiel gegen den TGV Beilstein, ansonsten wurde auswärts auf fremden Plätzen in Marbach oder Erdmannhausen gespielt. 1930, ein Jahr später, nahm der Murr-Turngau offiziell den Handballsport in seinem Programm auf und erlaubte einen Spielbetrieb. Erster Spielleiter Handball beim TBR war der 23-jährige Karl Holzwarth. Sofort wurde bei der Gemeinde beantragt, einen Sportplatz zur Verfügung zu stellen. Der damalige Bürgermeister Hermann Trefz hatte viel Verständnis für die Belange des Vereins und genehmigte per Pacht die Überlassung der unebenen Spielwiese an der Stelle des heutigen Sportplatzes am Hardtwald. Im Jahre 1931 folgte auf diesem unebenen Acker das lange erwartete Einweihungsspiel, wiederum gegen die Handballkameraden vom TGV Beilstein, welches leider unglücklich verloren wurde. Trotzdem war dieses Spiel ein gebührender und gleichzeitig hoffnungsfroher Auftakt. Nach der Saison wurde der Platz mit Unterstützung der Gemeinde dann nach und nach spielfähig gestaltet.
Ab dem Jahre 1932 verbesserten sich die Rahmenbedingungen für den Handballsport erheblich, nicht nur in Rielingshausen. Der Zulauf an Handballern war so groß, dass bereits eine zweite Mannschaft gebildet werden konnte. Mobilität hatte damals eine andere Dimension zu heutigen Zeiten, dennoch waren erstaunlicherweise Spieler aus Feuerbach, Backnang, Burgstall und Marbach regelmäßig beim TBR aktiv. Die 1. Mannschaft errang zur großen Überraschung die Gaumeisterschaft. In der folgenden Verbandsrunde 1932/1933 erreichte man einen hervorragenden zweiten Rang, der zur Teilnahme um die Meisterschaft des Schwäbischen Turn- und Spielverbandes berechtigte. In dieser Endrunde gelang im Heimspiel gegen den unbesiegten TV Wangen (bei Göppingen) ein sensationelles 4:4 – „Bomber“ Oskar Holzwarth schoss alle vier Tore. Lohn war die Vize-Verbandsmeisterschaft. Handball beim TBR war erfolgreich angekommen und hatte sich sehr schnell als zweite Kraft im Verein etabliert, geriet dadurch aber zeitweise in Konkurrenz zur Turnerriege. Nicht von ungefähr beschloss die Hauptversammlung im Jahre 1932, dass nur derjenige der turnt, auch Handball spielen darf.
Mit dem Kriegsausbruch 1939 kehrte auf aktiver Ebene Handballruhe ein, weil praktisch fast alle Spieler einberufen waren. Und das änderte sich bis zum Kriegsende 1945 nicht mehr.
Eine der letzten Formationen im Großfeld vor Kriegsanfang (1938) – ganz links: TBR-Vorstand Eugen Reinhold; ganz rechts: Trainer und Sportlehrer Wilhelm Schupp
Offizielle und freudige Auferstehung erlebte der Handball in Rielingshausen nach dem Kriege, genau am 01.05.1946 auf dem halbwegs hergerichteten Sportplatz gegen die erfahrenen Gäste vom TV Oppenweiler. Bei herrlichem Wetter ging das Spiel zwar mit 7:9 verloren, aber es war der Start und Aufschwung in eine hoffnungsvolle Zukunft.
Einige TBR-Spieler hatten sich auch überregional einen guten Namen erworben. Das zeigte sich beispielsweise beim 20-jährigen Jubiläum des TV Sulzbach im Jahre 1948, als drei Rielingshäuser Handballer in die Kreisauswahl berufen wurden: Martin Lauterwasser im Tor, Martin und Kurt Holzwarth im Feld.
Im Jahre 1951 gelang beinahe der Aufstieg in die Bezirksklasse, nachdem die 1. Mannschaft überlegen zum ersten Mal die Kreismeisterschaft gewann. Irgendwie war dann in der Aufstiegsrunde der Schwung dahin, er reichte leider nicht für die höhere Qualifizierung. Der Misserfolg geriet zur Krise, weil einige ältere Spieler mit dem Handballsport aufhörten. Ein erfolgreicher Neuaufbau gelang ab der Saison 1955/1956 personell wie strukturell. Die Aktiven beteiligten sich im Sommer wieder beim Großfeldspiel und im Winter auch in der Halle. Hallenhandball oder das Spiel auf dem Kleinfeld wurde immer beliebter. Der TBR war im Winterhalbjahr 1956/1957 in der III. Division eingeteilt und mischte überraschenderweise dort kräftig mit. Am Ende der Runde stand der TBR gemeinsam mit dem TV Oppenweiler (14:2 Punkte) auf dem ersten Platz und stieg in die II. Hallen-Division auf.
Großfeldmannschaft vor dem „Eisenbahner“ (1957) – stehend von links: Willi Hessel, Erwin Maas, Kurt Holzwarth, Waldemar Ruff, Martin Holzwarth, Otto Laitenberger; sitzend: Werner Holzwarth, Eberhard Holzwarth, Friedrich Lauterwasser, Emil Gärtig; liegend: Sepp Schweigel
Die neuen Trainingsmöglichkeiten nach dem Bau der Gemeindehalle ab 1964 zahlten sich schnell aus. Im Hallenhandball und im Feldhandball schaffte die 1. Mannschaft innerhalb von drei Jahren den Durchmarsch von der Kreisklasse III bis in die Kreisklasse I. – Sensationserfolge auf Bezirksebene innerhalb kürzester Zeit. Das gab es nie wieder.
Die TBRler wurden 1969 Kreismeister im Feldhandball der Kreisklasse I vor dem TV Marbach und zudem Kreispokalsieger. Die Euphorie kannte keine Grenzen. Zwei Omnibusse und mehrere Privatwagen waren erforderlich, um die Anhänger und Fans am 21.09.1969 zum Aufstiegsspiel nach Brenz an der Brenz bei Heidenheim zu bringen. Noch bei Halbzeit sah der TBR wie der sichere Sieger aus, die Mannen mussten allerdings dem scharfen Anfangstempo Tribut zollen. Der TV Brenz hatte seine Kräfte besser eingeteilt und gewann denkbar knapp mit einem Tor (8:9). Natürlich war dies eine große Enttäuschung, sowohl bei der aufopferungsvoll kämpfenden Gastmannschaft als auch bei den vielen mitgereisten Fans. So war auch der zweite Versuch, bei den Herren Handball auf Verbandsebene zu spielen, gescheitert. Um es vorwegzunehmen, es sollte auch bis zum Jubiläumsjahr 2023 leider nie gelingen.
Kreismeister und Kreispokalsieger auf dem Feld (1969) – stehend von links: Wolfgang Eisele, Eberhard Holzwarth, Gerhard Schaupp, Kurt Sperlich, Walter Laitenberger, Hans Treiber, Rudolf Röder, Kurt Gall, Werner Holzwarth, Eberhard Ruff; kniend: Werner Schmiedt, Rolf Holzwarth, Siegfried Forisch, Kurt Mildenberger, Werner Gall und Paul Mix
Das Großfeldhandballspiel nahm in den folgenden Jahren an Attraktivität immer mehr ab und stand ab 1972 gar nicht mehr im Fokus. Vorbei die Heimspiele am Sonntagnachmittag, an denen Hugo Schock seine Runden um den Platz drehte, um von den zahlreichen Zuschauern das Eintrittsgeld zu kassieren. Zaungäste, die meinten es gehe auch ohne Bezahlung, wurden von ihm sofort zielgerichtet gestellt. Der Handballsport hatte sich schon zuvor mehr und mehr in die Halle verlagert, im Sommer wurde auf den Kleinfeldern nach Hallenart gespielt.
Wenn schon 1969 der Aufstieg der TBR-Herren misslang, so feierten doch im selben Jahr erstmals Handball-Damen den Einstieg in den Rundenbetrieb der Kreisklasse II. Der TBR bot ab diesem Zeitpunkt auch für Frauen den Handballsport an. Eine wichtige und gute Ergänzung im Breitensportangebot in Rielingshausen. Zwei Jahre später begann auch der erfolgreiche Jugendbetrieb für Mädchen.
Die geschaffenen Sportanlagen waren zwingende Voraussetzung und Basis für die hervorragende Jugendarbeit, die in den 1970er-Jahren geleistet wurde. Mehrere aktive Handballspieler besuchten Übungsleiterlehrgänge und stellten sich als Trainer für die Jugend zur Verfügung. Der Jugendspielbetrieb weitete sich immer mehr aus, nahm bedeutend größere Formen an und Erfolge stellten sich erfreulicherweise schnell ein. Die systematische Aufbauarbeit in der Jugend zeigte Früchte. Nicht nur damals war die vorbildliche Jugendarbeit der Handballer das Hauptaugenmerk der Verantwortlichen, sondern stetig, sie blieb es bis heute unverändert. Mehrere Auszeichnungen auf Bezirksebene belegen und bestätigen die Qualität und Vielseitigkeit des TBR (später HSG) im Umgang mit den jungen Talenten.
Erfolgreiche TBR-A-Jugend in der Oberliga (1975) – stehend von links: Jürgen Fauser, Harry Holzwarth, Winfried Hessel, Thomas Boschen, Michael Holzwarth, Trainer Siegfried Holzwarth: kniend: Ulrich Stickel, Lothar Sondermeyer, Helmut Holzwarth und Andreas Forch
Das Großfeldspiel in Rielingshausen erlebte 1979, sieben Jahre nach dem Niedergang, plötzlich wieder eine Renaissance. Eine Männermannschaft nutzte in der Sommerrunde den brach liegenden Sportplatz und begeisterte sich selbst und die wider Erwarten zahlreichen Zuschauer. Nach diesem erfolgreichen Auftakt hatte das Spiel auf dem Großfeld in der Sommerzeit immer seinen festen Platz bei den TBR-Handballern, neben parallel betriebenen Kleinfeld-Spielrunden. Herausragender Erfolg der späteren Großfeldjahre war die Qualifikation für die 75. Württembergischen Großfeldmeisterschaften im Jahre 2009. Das Team erkämpfte sich in Waiblingen einen beachtlichen 5. Platz und hatte damit die überregionale Konkurrenz mehr als überrascht.
Überhaupt war die Ausdauer im Feldhandball sehr beeindruckend, hielt sie doch bis zum bitteren Ende des organisierten Spielbetriebs im Jahre 2012 unermüdlich an. Ganz zufällig fand der letzte End-Spieltag dieser Großfeld-Ära im Stadion in Marbach statt und erlebte damit einen würdigen Abschluss. Ganz in der Tradition von Handball in Rielingshausen. Was 1929 zaghaft vor den Toren der Kelter begann, von den wenigen Auszeiten mal abgesehen, war nicht unterzukriegen und hielt immerhin, dem allgemeinen Trend trotzend, über 80 Jahre durch. In Summe ein stolzes Rentenalter für die Strategen des Feldhandballs.
Heute: Handball begeistert und lässt nicht mehr los (2)
Um Handballer nach ihrer aktiven Zeit in der 1. oder 2. Mannschaft nicht zu verlieren, gründete sich im Jahre 1986 eine Senioreneinheit, die auch am Spielbetrieb des Bezirkes fortan teilnahm. Zunächst als sogenannte „Jungsenioren“ (über 32 Jahre), später zusätzlich als Ü-40-Team. Fast 30 Jahre lang konnten in jeder Saison eine oder zuweilen sogar zwei Mannschaften gemeldet werden, oft mit Platzierungen im vorderen Drittel der Tabellen. Und natürlich wurden von Anfang an jährlich Turniere in nah und fern besucht. Ein richtig bemerkenswertes Erfolgsjahr schrieben die „Alten Herren“ (AH) 1989, als sie bei fünf Turnierteilnahmen viermal als Sieger hervorgingen.
Höhepunkt war der Pokalsieg beim 90-jährigen Jubiläum des TGV Holzhausen am 19.08.1989. Und was war das Besondere daran? Das entscheidende Spiel gegen den TSV Weilheim konnte nicht termingerecht angepfiffen werden, weil sich die Spieler vehement weigerten. Warum? Genau zum geplanten Anpfiff stieg die Spannung im Radiosender des Süddeutschen Rundfunks ins Unermessliche. Die Verkündung der Nummer 1 in der Hörerhitparade „TOP 1000X“ (die Mutter aller SWR-Hitparaden) stand am späten Nachmittag unmittelbar bevor. Da konnte nicht Handball gespielt werden. Kompromiss mit der Turnierleitung war, die Radiosendung über den Platzlautsprecher zu übertragen und erst nach der Entscheidung der Hörer das Spiel beginnen zu lassen. So kam es dann auch: Während Led Zeppelin mit „Stairway to heaven“ stufenweise vom Sportplatz zum Himmel schallte, waren die „Alten Herren“ aus Rielingshausen zwar noch nicht im Himmel angekommen, aber sie kletterten mit dem finalen Sieg (9:8) auf die höchste Treppe des Siegespodests.
Zum 30. Mal Hüttenausflug der Handball-Oldies (Altenfeld 2019)
Neben der sportlichen Betätigung der „Alten Herren“ (AH), stellte sich mehr und mehr das gesellige Moment in den Vordergrund. Unverzichtbar waren und sind regelmäßige Hüttenausflüge. Der Zusammenhalt der Senioren besteht noch, nicht aber der aktive Spielbetrieb. Dieser endete in der Saison 2015/2016, weil zu wenige der älteren Handballer noch einen Ball in die Hand nehmen wollten. Die Spielerschar schrumpfte altersbedingt.
Die männlichen TBR-Aktiven schafften im Jahr des Sporthallenbaus 1989 den lang ersehnten Aufstieg in die Bezirksklasse, um ein Jahr später leider gleich wieder abzusteigen. Eine vereinseigene Sporthalle am Hardtwald war zwar erstellt, aber noch nicht der sportliche Erfolg. Bei einigen Verantwortlichen kreisten die ersten Gedanken über eine mögliche Spielgemeinschaft. Rückläufige Zahlen bei Aktiven und Jugendlichen zwangen zu einem neuen Kurs, den Handballsport in der unmittelbaren Umgebung zu stärken. Was lag für den Ortsteil Rielingshausen und dem TB näher als die Stadt Marbach und dem TV? Es bedurften auf beiden Seiten viel Überzeugungsarbeit und Ausdauer, um den Schritt „HSG Marbach-Rielingshausen“ letztlich Mitte 1992 zu vollziehen. Die Vereinsfarben in der neuen Handball-Spiel-Gemeinschaft wechselten von blau beziehungsweise blau/weiß auf blau/gelb. Erste Vorsitzende der Gründungsjahre waren Matthias Forch (TBR) und Helmut Pasch (TVM). Die neue Beziehung zur Zukunftsfähigkeit des Handballsports in der Region Marbach gelang und fruchtet immer noch, auch 31 Jahre danach zum 100-jährigen Jubiläums des Stammvereins.
Rugby oder doch Handball? Die HSG-Minis im Spiel gegen den TV Großbottwar. Sascha Haus tritt die Flucht nach vorne an: „Den Ball gebe ich nicht mehr her!“ (1997)
Anfang des neuen Jahrtausends starteten die Handball-Damen des TBR einen Höhenflug sonders gleichen. Zuerst Aufstieg von der Bezirksliga in die Landesliga und zwei Jahre später, in der Saison 2004/2005, Meister der Landesliga und damit direkter Aufstieg in die Verbandsliga. Die höchste Spielklasse aller Zeiten, die je ein Team des TBR oder der HSG erreichen konnte. Dieses Niveau auf dieser Ebene konnte leider nur ein Jahr gehalten werden, Abstiege und wiederum Aufstieg in die Landesliga in den nächsten Jahren folgten. In der Saison 2010/2011 kam es leider zu einer Abmeldung vom Spielbetrieb, weil Spielerinnen in großer Anzahl ausfielen. Der Neustart im Jahre 2012 aus der Kreisliga stotterte zu Anfang leicht, aber stabilisierte sich ab der Saison 2014/2015 mit dem Aufstieg in die Bezirksliga. In dieser Liga fühlen sich die Frauen offensichtlich wohl und spielen dort beständig seit neun Jahren.
Das erfolgreichste TBR/HSG-Handball-Team aller Zeiten (2005) – stehend von links: Catharina Curths, Julia Nuß, Ulrike Löffler, Natalie Eger, Rose Müller, Heike Storz, Alexandra Rossell, Betreuer Ralf Volz; kniend: Katrin Wendt, Spielertrainerin Britta Volz, Michaela Dickert, Stephanie Schierle, Gudrun Klemenz, Kathrin Späth, Annette Würz
Nach sechs Jahren in der Bezirksklasse reichte den Handball-Herren in der Saison 2005/2006 ein zweiter Platz in der Abschlusstabelle zum direkten Aufstieg in die Bezirksliga, der höchsten Liga im Bezirk. Seit dieser Zeit bewegte sich das HSG-Team stolze 17 Jahre ununterbrochen in dieser Klasse, um ausgerechnet im Jubiläumsjahr des TBR leider wieder in die Bezirksklasse abzusteigen. Dennoch steht Kontinuität und Stabilität über einen beachtlich langen Zeitraum im Vordergrund, der nicht zwingend als Stillstand einzusortieren ist. Die Rahmenbedingungen und die Herausforderungen im Wettbewerb ändern sich Jahr für Jahr und damit auch regelmäßig die Anstrengungen, ein konkurrenzfähiges Team auflaufen zu lassen.
Die Jahre 2008/2009 und 2009/2010 waren für die HSG eine mehr als erfolgreiche Zeit und verdienen eine besondere Erwähnung. Die spielstarke A-Jugend qualifizierte sich für die Württembergliga, ein Novum in der Geschichte der HSG. Fast galt das auch für die Herren. Sie waren nah dran erstmals auf Verbandsebene zu spielen. Eine sehr junge und erfrischend offensiv ausgerichtete HSG-Mannschaft scheiterte in der Relegation um den Aufstieg in die Landesliga gegen den TV Plochingen 2 sehr knapp und äußerst unglücklich. Die Gelegenheit war groß, so nah sollte sie danach nie wieder sein.
Mit einem Durchschnittsalter von 20 Jahren beinahe aufgestiegen (2009/2010)
Dafür überzeugte mal wieder die Jugendarbeit der HSG: Die weibliche B-Jugend wurde gleich zweimal hintereinander überlegen Bezirksmeister. Schon mehrfach und immer wieder glänzte der Jugendbereich der HSG über die Bezirksgrenzen hinaus. Die männliche B-Jugend schaffte in der Saison 2012/2013 den Sprung in die Württembergliga, ein Jahr später als A-Jugend erneut.
Der 22.03.2013 war ein besonderer Tag für den Handball in Marbach und Rielingshausen. Die Bezirksliga-Handballer der HSG hatten ihren Auftritt nicht in der Sporthalle am Hardtwald oder in Marbach, sondern in der Porsche-Arena der Landeshauptstadt. Das Duell mit der HSG Neckar wurde als Vorspiel der Zweitliga-Begegnung des TV Bittenfeld gegen den ASV Hamm ausgetragen. Der aufreibende Kampf mit der HSG Neckar ging zwar verloren, aber die Eindrücke rund um das Spiel blieben Spielern, Betreuern und mitgereisten Fans auf immer bestens in Erinnerung. Die Atmosphäre bei einer Kulisse von über 1.000 Zuschauern war einzigartig. Vor so vielen Zuschauern hat noch keine Handball-Mannschaft des TBR oder der HSG jemals gespielt.
In Jahre 2017 konnte die HSG auf stolze 25 Jahre ihres Bestehens zurückblicken. Ein Jubeljahr voll gespickt mit Höhepunkten jeglicher Art, darunter der „Tag des Handballs“ auf dem Sportgelände am Hardtwald sowie ein Festabend in der Gemeindehalle in Rielingshausen.
Nostalgie im Jubiläumsjahr der HSG (2017) – Großfeldveteranen unter Leitung von Schiedsrichter Michael Holzwarth laufen gegen die HG Steinheim-Kleinbottwar auf. Ortsvorsteher Eberhard Ruoff wird den Anwurf ausführen.
Fazit nach 94 Jahren Handball in Rielingshausen: Was der Handballsport 1929 in Rielingshausen eroberte, steht aktuell unverändert als fester und nicht wegzudenkender Anteil des Sportangebotes im Stadtgebiet. Allerdings wurde die breit gefächerte Konkurrenz alternativer Sportarten über die Jahrzehnte immer bedeutender. Die Zeiten, in denen Turnen und Handball den Ort dominierten, weil es nichts anderes gab, sind vorbei. Die Jugendarbeit des TBR und der HSG ist Zweifels ohne das Prunkstück der Handballspielgemeinschaft.
Genau dieses bestärkten die HSG-Kinder und Jugendliche im Oktober 2022, als sie nach über zwei Jahren Corona-Pause, endlich wieder als sogenannte „Einlaufkinder“ beim Bundesligaspiel in Göppingen mitwirken durften. Hand in Hand und hautnah mit den Stars von FA Göppingen und dem TVB Stuttgart. Die Freude und Begeisterung waren riesengroß, die Motivation für den Handball gestärkt. Die von Kindern und Eltern meistgestellte Frage nach dem Event zeigt sich in ihrer Bedeutung als richtungsweisend: „Wann können wir das nächste Mal wieder dabei sein?“ So lange derartiges nachgefragt, wird der Ball in der HSG weiter rollen. Die Begeisterung wird nicht loslassen.
Die aktiven Spielerinnen und Spieler der HSG vor der neuen Saison 2023/2024
im Steinbruch des Hauptsponsors Klöpfer
Heute: Leichtathletik erfreut sich großer Beliebtheit
Im Grunde waren Disziplinen aus der Leichtathletik ergänzend zum Turnen schon immer beim Turnerbund Rielingshausen präsent. Anfangs nur bei Waldläufen, später in verschiedenen Mehrkampfwettbewerben, beim Sprung oder Wurf. Die erste offizielle Etablierung startete im Jahre 1948, als in einer Versammlung am 13.03. beschlossen wurde, eine Leichtathletik-Abteilung ins Leben zu rufen. Mit der Führung betraute der Verein den Kameraden Martin Lauterwasser. Zur Unterscheidung der vielen „Lauterwasser“ wurde dieser „Backmeister“ gerufen, weil seine Mutter lange Zeit für das Backhaus in Rielingshausen verantwortlich war. Zudem war er ein ausgezeichneter Torhüter im Großfeld.
Die Sportfeste ab dieser Zeit entwickelten sich zu jährlichen Vereinsmeisterschaften oder zu Vergleichskämpfen mit Vereinen aus der Nachbarregion. Erstaunlicherweise wird in den 1950er-Jahren sogar die anspruchsvolle Disziplin Stabhochsprung beim TBR ausgeübt. Das Protokoll aus der Hauptversammlung im Jahre 1954 dokumentiert, dass der einzige Stab im Verein gebrochen sei und genehmigt großzügig die Anschaffung eines neuen Stabes. Ohne den Stab über irgendjemanden im Verein brechen zu wollen – aber die „Spur“ der Leichtathletik-Abteilung verliert sich auf der Wegstrecke ab dieser Zeit. Die Archivaufzeichnungen geben nichts Verwertbares her.
Die Kameraden bewerten die Haltungsnoten von Kurt Holzwarth beim Kugelstoßen (Ende der 1950er-Jahre)
Doch die weiterhin erfolgreichen Sportfeste auf dem Sportplatz in Rielingshausen sind der Impuls dafür, dass zehn Jahre später der symbolische Staffelstab wieder aufgegriffen und weitergetragen wurde. Die Generalversammlung 1964 in der „Krone“ beschloss erneut die Gründung einer Abteilung Leichtathletik und übertrug die Leitung an Martin Holzwarth, zum Jugendleiter ernannte die Versammlung Georg Pannek. Die kleine Sportler-Schar erzielte gute Erfolge, sogar auf Landesebene konnten Spitzenergebnisse verbucht werden. Martin Holzwarth war ein ehrgeiziger und strenger Trainer und Antreiber für Leistungen im Sport. Der Schlussvermerk einer seiner Jahresberichte bringt diese Auffassung exakt auf den Punkt: „Denn heute wird nur noch derjenige zum Erfolg kommen, der sein vorhandenes Talent mit Härte gegen sich selbst, Beharrlichkeit und Fleiß im Training, verbinden kann.“ – Noch heute unbestritten!
Im Jahre 1968 richtete der TBR zum ersten Mal einen überregionalen Meisterschaftswettbewerb der Leichtathletik aus. 352 Teilnehmer aus 32 Vereinen des Bezirks Rems/Neckar hatten für die Bezirkswaldlaufmeisterschaften gemeldet. Die Backnanger Zeitung bescheinigte in ihrem Artikel am 26.03.1968 dem TBR und besonders Martin Holzwarth riesige Anerkennung für die gute Organisation, den reibungslosen Ablauf und die vorbildliche Arbeit des Wettkampfbüros. Ein Imagegewinn für Rielingshausen. Leider konnten weder TBR-Läufer noch Läufer aus den direkten benachbarten Vereinen mit Erfolgen aufwarten. Einzig Heinz Tochtermann von der SVG Kirchberg/Murr erreichte bei den Schülern B einen sensationellen 2. Platz. Jener Heinz Tochtermann, der später nicht mehr so viel laufen wollte und Profifußballer wurde. Zuerst beim VfB Stuttgart, zum Ende seiner Karriere zusammen mit einem gewissen Jogi Löw beim SC Freiburg.
Aber auch der zweite Anlauf der Leichtathleten beim TBR endete im Niemandsland, das Durchhaltevermögen und die Ausdauer an Aktivitäten erlahmten. Im Jahre 1971 wurde Martin Holzwarth noch als Abteilungsleiter von der Generalversammlung bestätigt. Ein Jahr später wurde Werner Schmiedt zum Leichtathletikwart bestimmt. Danach kam die Funktion nicht mehr vor, die Abteilung hatte aufgehört zu existieren.
Das galt für die Disziplinen der Leichtathletik im Grundsatz nicht, immer wieder wurden Wettkämpfe auf dem Sportplatz angeboten und durchgeführt. Entweder durch die Abteilungen Turnen und Freizeitsport oder aufgrund anderer individueller Aktivitäten. Erst recht, als ab dem Jahre 1987 eine nagelneue 100-Meter-Kunststoffbahn und eine Weitsprunganlage zur Verfügung standen.
Leichtathletik könnte als „Stehaufmännchen“ beim TBR bezeichnet werden. Mal da, dann wieder weg oder kaum gesehen, nie so richtig untergegangen. Und siehe da: In den vergangenen sieben Jahren taucht die leichtathletische Betätigung vermehrt wieder auf und feiert fröhliche Urständ. Im Rahmen der Abteilung „Freizeitsport“ ist eine Gruppe regelmäßig zur Erreichung des Sportabzeichens aktiv und hat riesigen Spaß im Training oder in den Prüfungen bei der Abnahme der sportlichen Leistungen.
Sportabzeichen-Abnahme 20 km Radfahren (2018)
Zu verdanken ist das Michael Beck. Der ehemalige Speerwerfer leitet dieses Team und bietet neuerdings sogar Kurse in Leichtathletik beim TBR an. Beck war in seiner Paradedisziplin Speerwurf überaus erfolgreich. Anfang der 1990er-Jahre sogar mit Top-Platzierungen bei Deutschen- und Baden-Württembergischen Meisterschaften. Das Feriensportfest am 17.08.1991 in Rommelshausen war seine Veranstaltung. Dort glänzte er mit einer Weite von 70,52 Metern, das war neuer persönlicher Rekord. Noch heute die unerreichte Speerwurf-Bestmarke im Rems-Murr-Kreis. Seine aktive Laufbahn beendete der besondere Leichtathlet im Jahre 2007 mit dem Gewinn der Württembergischen Seniorenmeisterschaften im Kugelstoßen, Diskuswerfen und Speerwerfen. Ein Glücksfall für den TBR, dass er seit 2016 die Leichtathletik im Verein wiederbelebt. Bessere Kompetenz kann man sich gar nicht wünschen.
„Stab-Übergabe“ von Martin Holzwarth an Michael Beck (2017)
Ein Höhepunkt der besonderen Art vollzog sich im Juni 2017, nochmals eine überraschende Stab- bzw. Speerübergabe, im wahrsten Sinne des Wortes. Der „alte“ Leichtathlet Martin Holzwarth überbrachte feierlich seinen alten Holzspeer aus dem Jahr 1965 und übergab diesen Michael Beck. Natürlich nicht ohne Test. Spezialist Beck war von den Flugeigenschaften sofort begeistert und meinte, dieser Speer müsse einen würdigen Platz in der TBR-Gerätekammer finden. Als Erinnerungsstück ist er heute noch im Foyer der Sporthalle zu bewundern.
Gerhard Schaupp beim Sprung in die „Alte Grube“ auf der Nordseite des Sportplatzes (1963)
Fazit: Leichtathletik ist auch noch im Jubiläumsjahr des TBR ein attraktives Sportangebot. Nicht unbedingt in der in die Jahre gekommenen Weitsprunggrube. Dort könnte aber der eigenwillige Spruch eines unbekannten Weitspringers passen: „Es ist ein überragendes Gefühl, wie ein paniertes Schnitzel aus der Sandgrube zu kommen!“
Heute: Tischtennis: Kleiner Ball. Großer Sport.
Vom Ping-Pong in der Freizeit zum Tischtennis im Wettkampf. Das Interesse am Spiel mit dem kleinen Ball stieg Anfang der 1950er-Jahre auch in Rielingshausen. Hobbyspieler beim CVJM begannen um diese Zeit, ihre Schläger, beziehungsweise ihre Holzbretter, im „alten“ Kindergarten zu schwingen. Konkret war es der Gemeindesaal im Erdgeschoss des evangelischen Pfarrhauses. Initiatoren und Treiber für den Tischtennissport im Ort waren ohne Zweifel Helmut Bauer und Eberhard Wildermuth.
In einer außerordentlichen TBR-Generalversammlung im „Rößle“ wurde am 04.12.1954 eine Tischtennisabteilung gegründet. In der folgenden General-versammlung am 12.02.1955 in der „Krone“ wurden Martin Lauterwasser und Helmut Bauer als erste verantwortliche Leiter der Abteilung gewählt. Gleich zu Anfang war guter Rat teuer. Es war keine vereinseigene Platte vorhanden und zu wenig Geld in der Vereinskasse. Der Ausschuss beauftragte eine Prüfung des Dilemmas. Schließlich erklärte sich Kurt Holzwarth in der Sitzung bereit, eine Platte in Eigenarbeit zu fertigen.
Trainiert und gespielt wurde, wie in den anderen TBR-Vereinssportarten auch, zunächst und zumeist in der Kelter. Und die Rahmenbedingungen waren dabei für den Tischtennissport ebenso dürftig. Damalige aktive Spieler wie Franz Stöckl, Rolf Maier, Helmut Schmid oder Dieter Wildermuth erinnern sich an bitterkalt eisige Ballwechsel, bei denen sogar der Tischtennisball aus Zelluloid (dieser Werkstoff ist seit 2017 nicht mehr zulässig) zerborsten ist. Im Winter wurde oft mit Handschuhen gespielt. Der ab und an löchrige und unebene Boden wurde einfallsreich mit Kokosmatten abgedeckt, die dann wiederum zur nicht ungefährlichen Stolperfalle im Trainingsbetrieb wurden. Zur Verbesserung der Beleuchtung wurden im Laufe der Jahre riesige Lampenschirme mit 1.000-Watt-Birnen installiert, damit der Ball über der Platte besser erkannt werden konnte. Sonst schlug der eine oder andere mit dem Schläger ein Luftloch.
Rolf Maier im „Norweger-Pulli“ in der kalten Kelter (1962)
Nicht nur in der Kelter wurde aktiv Tischtennis ausgeübt, sondern ebenso in heimischen Gasthöfen. Ab und an im kleineren „Sonne-Saal“ oder im größeren „Rößle-Saal“. Dort fanden 1959 gar die Vereinsmeisterschaften im Tischtennis statt. Da Spielstätten und Tischtennisplatten rar waren, wurde behelfsweise in den Anfangsjahren auch in der Scheuer des elterlichen Anwesens von Eberhard Wildermuth fleißig geübt. Eine Anekdote dazu, abseits vom Sport, darf an dieser Stelle nicht untergehen:
Eugen Wildermuth (TBR-Vorstand von 1930 bis 1934), der Vater von Eberhard, war in Rielingshausen weniger mit seinem Vornamen bekannt, sondern fast ausschließlich als „Singvögele“. Zweifelsfrei wegen seiner markanten und vibrierenden Tenorstimme, die ungeahnte Höhen erreichen konnte. Diese Personenbezeichnung hatte sich in den Köpfen vieler Einheimischer so stark festgesetzt, dass eine nicht genannte Ehefrau eines TBR-Zeitzeugen bei einer ersten Begegnung mit Herrn Wildermuth diesen folgendermaßen begrüßte: „Ich freue mich sehr, Sie einmal persönlich kennenlernen zu dürfen, Herr Gesangsvogel. Ich habe schon viel von Ihnen gehört.“ Das Erstaunen war einerseits groß, das aufklärende Gelächter danach beiderseits.
„Singvögele“ Eugen in jungen Jahren – später war er TBR-Vorstand
Der Spielbetrieb an Mannschaftsmeisterschaften startete 1957 zunächst im Tischtennisbezirk Schwäbischer Wald, später dann im Bezirk Ludwigsburg (schon lange vor der Eingemeindung nach Marbach) sehr erfolgreich. Die sportliche Entwicklung konnte sich nach wenigen Jahren gut sehen lassen. Der Sprung bis in die Bezirksliga war der Mühen Lohn.
Im gleichen Jahr 1957 entstand ein massiver Disput mit der evangelischen Kirche (die katholische Konfession spielt in Rielingshausen nur eine untergeordnete Rolle). Pfarrer Seeger beanstandete, dass an acht Sonntagvormittagen um 10 Uhr Wettspiele der Tischtennisabteilung festgesetzt wurden und auch stattfanden. In der Zeit der Hauptgottesdienste dürften keine öffentlichen Veranstaltungen abgehalten werden. Das löste in der Folge erhebliche politische Unruhe auf Verbandsebene und beim evangelischen Oberkirchenrat aus. Aufgrund des Sonntagsschutzgesetzes wurde letztendlich der Tischtenniskreis Ludwigsburg angewiesen, die Gottesdienstzeit mit Pflichtspielen auszusparen. Dies führte nach dieser Klarstellung zu noch mehr Engpässen im Ligawettbewerb.
Richtige Verbesserung für den Trainings- und Spielbetrieb wurde erst 1964 mit dem Neubau der Gemeindehalle in Rielingshausen erreicht. Aber selbst da waren die Kapazitäten schnell begrenzt. Legendär waren in den sechziger Jahren manche Liga-Heimspiele der Tischtennis-Mannschaft, die statt in der Gemeindehalle im Hobbyraum von Eberhard Wildermuth durchgeführt wurden. Sein neu gebautes Haus in der Beethovenstraße bot im Untergeschoss zwei Räume in der Größe von etwa 5 x 10 Meter, getrennt durch einen Duschraum. Die Bezeichnung Hobby-Raum hatte damit seine Bestätigung mehr als verdient.
Der Tischtennissport etablierte sich in Rielingshausen immer mehr. Dazu gehörte auch die Qualifizierung von Trainern, gerade im Jugendbereich. Mehrere Lehrgänge in der Sportschule Ruit wurden belegt, oft unter Anleitung und Ausbildung von Aloizy „Alex“ Ehrlich, einem französischen Weltklassespieler polnischer Abstammung, einer der schillerndsten Persönlichkeiten im Tischtennissport. Dieser Typ war sehr kreativ und geschäftstüchtig. Neben dem Vertrieb von Tischtennisschlägern entwickelte er einen Tischtennis-Roboter, den er 1964 der Welt vorstellte. Wenige Zeit später hatte die Tischtennis-Abteilung des TBR einen solchen Roboter im Training in der Gemeindehalle im Einsatz. Alles zur Förderung der Spielkunst, eine sehr moderne Ausrichtung in der Tischtennisprovinz.
Die Tischtennisasse des TBR beim Aufstieg in die Bezirksklasse (1965) –
hintere Reihe von links: Franz Stöckl, Dieter Wildermuth, Eberhard Wildermuth, Hans Göttel, Helmut Schmid; vorne: Robert Jung und Rolf Maier
In der TBR-Generalversammlung am 22.09.1967 erklärte Abteilungsleiter Eberhard Wildermuth, dass die Tischtennisabteilung zum 25.09.1967 einen selbständigen Verein gründet. Die Versuche zur Umstimmung der Verantwortlichen scheiterten. Nach 13 Jahren Tischtennis im Turnerbund war Schluss. Franz Stöckl, damals sogar Pressewart des Hauptvereins, begründete die Trennung mit unterschiedlichen Ansichten zur sportlichen Ausrichtung. „Wir wollten in erster Linie Tischtennis spielen und nicht ständig als Helfer von Vereinsfesten oder Baumaßnahmen (damals Vereinsheim) zu fungieren. Die Verpflichtung zu einer erheblichen Anzahl von Arbeitsstunden schreckte vor allem die Jugendlichen ab.“ Eine Kündigungswelle von den meisten der Mitglieder aus der Tischtennisabteilung erreichte den TBR. Ein Austritt war sogar direkt im Vereinsheim auf einem Kellner-Block von Schwaben Bräu erklärt. Alles rechtlich wirksam. Mit Unterschrift und Datum.
Der Tischtennisverein (TTV) Rielingshausen, unter Vorsitz von Eberhard Wildermuth, wurde wie angekündigt im Herbst des Jahres 1967 gegründet. Der Zulauf an interessierten Sportlern war groß, die Trainingsmöglichkeiten blieben trotz neuer Gemeindehalle unverändert knapp. Also wich der Verein 1970 nach Kirchberg aus, wo er zusätzlich spielte und trainierte – und nannte sich deswegen für kurze Zeit TTV Rielingshausen/Kirchberg. Mit der Eingemeindung von Rielingshausen nach Marbach 1972 verbesserten sich die Trainingsmöglichkeiten erheblich. Statt in Kirchberg wurde fortan auch in der Gymnasium-Sporthalle in Marbach gespielt. Kirchberg wurde wieder aus der Vereinsbezeichnung gestrichen. Da bestätigte sich der etwas flapsige Spruch über den weißen Ball: „Das Leben ist wie Tischtennis, ein ständiges Hin und Her!
Zwanzig Jahre dauerte es, bis sich Stadtteil und Stadt im Tischtennis annäherten. Unter Vorsitz des damaligen und langjährigen Vorstandes des TTV, Siegfried Forisch (einst auch Handball-Torhüter beim TBR), begannen die Gespräche und Verhandlungen über einen Zusammenschluss. 1993 ging dann die Stadtallianz aus der Fusion des TTV Rielingshausen und der Tischtennisabteilung des Turnvereins Marbach hervor: die Tischtennisgemeinschaft (TTG) Marbach/Rielingshausen.
Die TTG ist unverändert gut im Sportgeschehen der Stadt vertreten und kann mit den Vorgänger-Organisationen auf immerhin fast 70 Jahre Tischtennis in Rielingshausen beziehungsweise Marbach zurückblicken. Im Jubiläumsjahr des TBR im Jahre 2023 zählt der Verein knapp über 100 Mitglieder.
Heute: Musik kennt keine Grenzen –
selbst der TBR wird erfasst!
Musik in Turnvereinen ist in der Zeit von Turnvater Jahn entstanden. So gab es tausende von Musikern im Deutschen Turnerbund, die einem Sportverein angeschlossen waren oder noch sind. Die Spielmannszüge, die früher überwiegend marschiert sind, haben sich heute oftmals zu modernen Musikgruppen entwickelt und spielen prächtig auf. Warum wird das überhaupt erwähnt? Was hat der Turnerbund Rielingshausen mit Musik zu tun? Keine Vereinschronik hat bisher darüber berichtet. Die Vereinsgeschichte zu einem 100-jährigen Jubiläum hat jedoch den Anspruch, möglichst vollständig und umfassend zu sein. Deshalb wird hiermit für viele aktiven TBR-Mitglieder eine bisherige kleine Wissenslücke geschlossen. Tatsächlich gab es vor vielen Jahren beim TBR eine offiziell geführte Abteilung „Musik“.
Bunt zusammengewürfelter TBR-Musik- und Gesangshaufen (Ende der 1940er-Jahre)
Am 16.03.1957 erfolgte in der TBR-Generalversammlung in der „Sonne“ die Aufnahme der Musikgruppe „Grenke“ in den Verein. Als Abteilungsleiter für Musik wurde Paul Grenke vorgeschlagen und ohne Gegenstimme gewählt. Grenke war Musiklehrer in Rielingshausen. Die Musiker, überwiegend Akkordeonspieler, begleiteten und gestalteten die jährlichen Festabende, die traditionellen Kinderweihnachtsfeiern und gelegentlich auch Kameradschaftsabende. Die Abteilung wurde in den darauffolgenden Versammlungen zumindest bis 1962 jeweils bestätigt. In der Generalversammlung 1964 in der „Krone“ fand die Abteilung keine Erwähnung mehr. Auch später nicht. Vermutlich im wahrsten Sinne des Wortes ist die TBR-Musik sang- und klanglos verstummt. Oder der Bedarf und Nachwuchs fehlte, das Interesse ließ nach, die Verantwortlichen wollten nicht mehr. Alles Unwissenheit.
Noch im Jahre 1960 wurde die vorher als Musikgruppe bezeichnete Einheit per Beschluss zur Kapelle befördert. Quasi eine TBR-Vereins-Kapelle. Den Taktstock schwang Dirigent Paul – das war klar – aber wer spielte nach seinen Vorgaben überhaupt mit? Die Erinnerungen dazu sind leider mehr als lückenhaft. Die passenden Zeitzeugen und Bilddokumente fehlen, dennoch erzählen einige wenige Musiker von damals ihre besonderen Geschichten. Geschichten, die ihr Leben beeinflussten. Musik kann Schicksal spielen.
Ein Orchestermitglied, wenn auch nur aushilfsweise, war Gerlinde Gleich. Bei der Kinderweihnachtsfeier 1956 hatte sie auf ihrer Mandoline mitgespielt und so ganz nebenbei ihren späteren Ehemann Gerhard Holzwarth kennengelernt. Eheanbahnung auf der Bühne der Kinderweihnacht. Egal wie, beide waren über Jahrzehnte nicht nur sich selbst treu verbunden, sondern auch dem TBR. Gerlinde später mit den Schwerpunkten in der Musik und im Gesang („Sängerlust“ und Kirchengemeinde), Gerhard mit vielfältigen Aufgaben und als verlässlicher Aktivposten beim Turnerbund, wie beispielsweise zehn Jahre als 2. Vorstand, fünf Jahre als Kassier, langjähriger Kassenprüfer, Vertreter im Wirtschaftsausschuss und 15 Jahre als Vorsitzender des Alters- und Ehrenausschusses.
Sport und Musik haben zumindest zwei weitere TBR-Jünglinge damals erfolgreich betrieben. Helmut Fickel und Werner Schmiedt spielten Akkordeon in der Kapelle und später Handball. Hinzu kamen im Laufe der Jahre ehrenamtliche Funktionen beim TBR oder in anderen Vereinen. Einst vom Feuer der Musik entfacht, loderte die Flamme mit der Zeit bei beiden immer spärlicher. Für Helmut gar nicht mehr, als er 1978 für zehn Jahre mit Feuer und Flamme zum Abteilungskommandanten der Freiwilligen Feuerwehr Rielingshausen aufstieg.
Für manche überraschend, verstärkte Werner Gall in jener Zeit das Ensemble. Weder mit Akkordeon noch mit Mandoline, sondern mit der Violine. So musikalisch begabt wurde Werner seither von den wenigsten eingeordnet. Er nahm Unterricht in der Musikschule Grenke und übte eifrig das Spiel mit dem Bogen auf den vier Saiten. Die Kinder in den Weihnachtsfeiern waren zwar begeistert, auf Dauer aber der Geigenlehrer nicht, wie der ehemalige Schüler Werner Gall selbst berichtet. Paul Grenke versuchte umständlich aber unmissverständlich zu belehren, dass die Hände und Finger von Werner nicht optimal für das Griffbrett der Geige taugten. – Also griff der junge Werner, in der Tradition seiner Familie, zum Handball und startete eine beispielslose Karriere im Handballsport des TBR. Als aktiver Spieler (mit mehreren Abschiedsspielen), als Jugendtrainer, als Betreuer im aktiven Bereich und zuletzt als Seniorenwart der alten Handballkameraden. Bei den jährlichen Hüttenausflügen der „Alten Herren“ hat er kein einziges Mal auf der Violine musiziert, aber dafür gerne und wiederholt gesanglich brilliert mit dem Lied „Schön war die Zeit!“.
Geiger Werner Gall singt von früher (1999)
Schön war die Zeit für jene Turner und andere Sportler beim TBR, als jeweils am Ende der Generalversammlungen obligatorisch kräftig gesungen wurde. Dieses Brauchtum galt zumindest für die erste Hälfte der hundert TBR-Vereinsjahre. Gesang ist ein wesentliches Ausdrucksmittel eines jeden Gemeinschaftslebens. Lieder wie „Turner auf zum Streite“ oder „Brüder lasst die Bundesfahne“ erklangen wechselweise Jahr für Jahr. Bis 1956 wurde zwischendurch sogar das Soldatenlied „Wenn wir marschieren“ geträllert. Den abenteuerlich naiven Text will keiner in einer Festschrift lesen, trotzdem ist solches Liedgut Teil einer Zeitgeschichte.
Die sechs TBR-Harmonists in perfekter Vollendung (2006) – von links: Thomas Forch, Armin Häußermann, Gerald Marx, Peter Eisele, Klaus Jost und Axel Opitz.
Am 22.03.1975 wurde das letzte Mal am Ende einer TBR-Generalversammlung gesungen. Der Saal im Vereinsheim war bei einer Rekordbeteiligung von 126 Mitgliedern rappelvoll. Es war die Abschiedsvorstellung von Albert Mattheis nach sieben Jahren als 1. Vorsitzender und die Neuwahl des „alten“ Vorstandes Werner Holzwarth. Ehrenturnwart Hermann Schäfer beantragte am Schluss der Versammlung, nochmals das alte Turnerlied „Turner auf zum Streite“ erklingen zu lassen. Der Antrag wurde einstimmig begrüßt und angenommen und danach mehrstimmig gesungen. Besonders die letzten Zeilen des Textes klingen nach: „Großes Werk gedeiht nur durch Einigkeit.“
Nachträglich ist der letzte Absatz aus der Festschrift zu korrigieren, weil doch tatsächlich im Jubiläumsjahr sowohl bei der nachgespielten Gründungsversammlung am 28.01.2023 im Rößle als auch bei der offiziellen TBR-Hauptversammlung am 28.04.2023 das Turnerlied feierlich am Ende der Veranstaltungen zur Aufführung kam. Mit voller Inbrunst von den Mitgliedern gesungen. Und am Jubiläumsfestwochenende im Juni 2023 das nächste musikalische TBR-Novum. Ein abteilungsübergreifender Sängerhaufen überraschte auf der Zeltbühne mit Festliedern und sogar mit dem lange nicht mehr gehörten Heimatlied von Rielingshausen. Instrumental spielfreudig begleitet von den TBRlern Kira Weber (Violine), Klaus Jost (Gitarre), Markus Esslinger (Baritonhorn) und Matthias Forch (Akkordeon). Der TBR fördert also nicht nur Sport sondern auch Kultur. Bisher versteckte Talente wurden bei 100-jährigen Jubiläum sicht- und hörbar.
Moderator und Hornist Markus Esslinger kündigt einen Höhepunkt am Festabend an.
Sängerlust pur auf der Bühne – früher als Gesangverein, heute im Sportverein.
Heute: Auf dem zweiten Weg in die Freizeit –
der TBR als Vorreiter
Bevor der Deutsche Sportbund Trimm-Dich-Aktionen ins Leben rief, um neben dem Trainings- und Wettkampfbetrieb der einzelnen Sportarten („Erster Weg“) weitere Möglichkeiten zu finden, beging der TBR bereits früh seinen „Zweiten Weg“. In der Generalversammlung 1958 kam auf Anregung von Kurt Holzwarth eine Altersabteilung, ein sogenannter „Zweiter Weg“, zur Gründung. Ziel war, das Sportbedürfnis der Menschen, welche nicht mehr aktiv an Wettkämpfen oder Spielrunden teilnehmen wollten, altersgerecht zu bedienen. Frei nach dem Wahlspruch „Mach mit bei Gymnastik, Sport und Spiel!“ Ein erstes Treffen fand am 06.05.1958 statt. Wenn man so will, war es die Geburtsstunde vielfältiger nicht nur sportlicher Aktivitäten, die sich später gesammelt in der Abteilung „Freizeit“ des TBR wieder fanden und bis heute großen Anklang auslösen. Ein kunterbuntes Programm an wechselnden Angeboten steht den Freizeitsportlern inzwischen bereit.
Sechs Jahre später wurde 1964 im Vereinslokal „Krone“ die Gründung einer (Haus-) Frauenabteilung für Gymnastik beschlossen. Im ersten Jahr der Gründung beteiligten sich bis zu 55 Frauen aktiv bei den Übungsabenden. Die gerade neu erstellte Gemeindehalle bot ausreichend Platz. Die Gruppe besteht auch im Jubiläumsjahr noch, allerdings mit deutlich weniger Personal.
Die sogenannte „Montags-Gruppe“ mit Leiterin Anneliese Eisele (vorne sitzende 2017)
Schon kurz darauf betrieb der Verein ordentlich Werbung für ein neues Angebot „Turnen für Jedermann“. Tatsächlich waren (vorerst) nur die Männer angesprochen. Der Ablauf solcher Trainingsabende wurde wie folgt beschrieben: Einfache Lauf- und Sprungübungen dienen zum „Aufheizen“, danach verschiedene gymnastische Dehnungen zur Lockerung der Muskulatur. Abschließend Ballspiele mit Hand, Fuß, Korb und Faust! Das Faustballspiel war äußerst beliebt. 1966 bestand ernsthaft die Überlegung, ganz offiziell eine Faustballmannschaft zu gründen. Offensichtlich blieb die Idee in den Diskussionen stecken. Ganz im Gegenteil zum Volleyballspiel. Hier kam es ja bekanntlich wenig später zur Gründung der heute noch existierenden Abteilung.
Im Jahr 1978 bildete sich aufgrund eines Vorschlags von Vorstand Werner Holzwarth eine gemischte Gymnastikgruppe, die zu Anfang von Helga Binder, später dann von ihrem Ehemann Wolfgang, angeleitet wurde. Dieser übernahm Anfang der 1980er-Jahre die gesamte Leitung „Zweiter Weg“. Auch diese Gemeinschaft übt sich heute noch in sanfter Gymnastik.
Der Zweite Weg“ im Spagat der Zeit – vorne links: Leiter Wolfgang Binder (2017)
Aber nicht nur sportlich bewegten sich die Freizeit-Aktivisten. Es wurden Ausflüge und Feste organisiert, regelmäßige Rostbraten-Essen zur Stärkung angeboten, Schießübungen beim Schützenverein absolviert oder häufig Binokel-Karten auf den Tisch gelegt. Jahresberichte erwähnen gar den selten gespielten „Achter“. Nicht zu verwechseln mit dem im Rudern.
Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte mischten sich Gruppen und Angebote. Mit dem Bau der Sporthalle am Hardtwald wurden Tennis und Badminton für Freizeit-Sportler angeboten, zuweilen auch Fußball. Aerobic-Übungsstunden unter der fachkundigen Leitung von Ralf Binder und Claudia Rikker kamen hinzu. Verstärkt wurden Sport- und Gesundheitskurse nachgefragt, überwiegend zeitlich begrenzt. Der TBR öffnete sich diesem Weg und erlaubte die Teilnahme auch ohne Mitgliedschaft im Verein, sie war nicht Voraussetzung. Dafür wurden aber grundsätzlich Gebühren verlangt, für Mitglieder eben erheblich günstiger.
Die Yoga-Gruppe grüßt mit „Namasté“ – in der Mitte: Lehrerin Susa Arnold (2017)
Der bunte Reigen an Möglichkeiten beim TBR kann sich sehen lassen. Zwar immer unter der Überschrift „Freizeit“ oder „Zweiter Weg“ oder sonst einer Bezeichnung, aber dennoch mit sportlichem Ehrgeiz, etwas für sich und seinen Körper zu leisten. Die Kursangebote hören sich modern und attraktiv an, wie: Faszien-Fitness, Yoga, Zumba, Bauch – Beine – Po (BBP), Männer-Fit, Gymnastik, Leichtathletik, Sportabzeichen, Highland Ranger Games und noch mehr …
Männer fit mit Trainerin Erika Walker und Co-Trainern Karl Wildermuth + Horst Klingler (2023)
Frauengymnastik in allen Varianten: strecken, dehnen, abrollen, drehen, beugen und heben – Übungsleiterin Susanne Foltin liegend im Seitstütz (2023)
Im Grunde finden sich in der Abteilung „Freizeit“ beim TBR alle Betätigungsfelder, welche den klassischen Sportarten und Abteilungen (Turnen, Handball, Volleyball, Karate) nicht zuzurechnen sind. Manchmal lässt sich aber die „Trennlinie“ nicht exakt ziehen, es überschneidet sich das eine oder andere. Ist aber egal: Die Mitglieder entscheiden über Angebot und Nachfrage. Die Mitgliederzahlen in der Einheit steigen jedenfalls stetig und dabei sind diejenigen noch gar nicht eingerechnet, welche ohne Mitgliedschaft im Verein einfach Kurse buchen und belegen. Freizeitsport beim TBR ist eine nicht wegzudenkende Größe, nicht nur im Jubiläumsjahr 2023. Ganz im Gegenteil. Es kann die Zukunft sein.
Heute: Ab sofort wird der Ball auch volley gespielt
Der Turnerbund bevorzugte lange Jahre das Ballspiel entweder mit der Hand oder mit dem Schläger. Natürlich wurden vereinzelt in TBR-Übungsstunden auch Faustball, Völkerball, Prellball oder Volleyball gespielt. Eine Volleyballmannschaft beim Turnerbund entwickelte sich dann mehr zufällig aus einer Freizeit-Seniorengruppe. Am 12.11.1969 wird in einer Ausschuss-Sitzung des Vereins förmlich beschlossen, eine Mannschaft zu Rundenspielen innerhalb des Turngaus Backnang anzumelden. Gleich im ersten Jahr errang das Team sensationell den Gaumeistertitel. Ein mehr als verheißungsvoller Anfang.
Im Jahre 1971 wurde Erhard Kimmel der erste offizielle Abteilungsleiter und gleichzeitig Trainer der aktiven Herrenmannschaft. Immer mehr Jugendliche schlossen sich der neuen Einheit an. In der Saison 1973/1974 konnten daher sogar drei Mannschaften zum Spielbetrieb gemeldet werden. Den ersten Meistertitel auf Verbandsebene erreichte 1976 die 2. Mannschaft in der B-Klasse und stieg somit in die A-Klasse auf.
Die Meistermannschaft (1976/1977) – stehend von links: Hermann Jenner, Martin Holzwarth, Wolfgang Regner, Günther Schmidt; kniend: Erhard Kimmel, Ulrich Burkert, Siegfried Uhlmann und Rainer Holzwarth.
Im Jahr 1978 wurde eine erste Damenmannschaft zur Punktspielrunde angemeldet. Der Volleyballsport erfreute sich eines immer größeren Zulaufs, so dass in den folgenden Jahren zwei Herren- und zwei Damenmannschaften am aktiven Spielbetrieb teilnahmen. Es waren sportlich gesehen die erfolgreichsten Jahre der Rielingshäuser Volleyballer, die sich jahrelang in der A-Klasse gut etablieren konnten. Die Abteilung Volleyball beim TBR hatte sich mit Mitgliederzahlen von über 100 zu einer festen Größe im Verein entwickelt, die auch jeweils aktiv die traditionellen Pfingstturniere, Bürgerfeste oder sonstigen Sportfeste mitgestaltete. Ausflüge und auswärtige Turnierbesuche gehören zum jährlichen Pflichtprogramm.
Turnierspieler im benachbarten Kirchberg – hintere Reihe von links: Hermann Hild, Albert Epple, Rainer Holzwarth, Stefan Klaski, Bernd Holzwarth; vorne: Wolfgang Regner, Volker Hammer, Jörg Klaski
Erfolgreiches Frauen-Team (1982) – stehend von links: Beate Jost, Petra Bosshardt, Heide Siemsgluess, Christel Schmid, Gisela Rebstock, Ulrike N.; inmitten: Margit Büchele; kniend: Elke Schanz, Bärbel Däuber, Sabine Zimmermann, Gela Zimmermann, Gerda Klaski
Die Geselligkeit untereinander kam nie zu kurz: Mit den TBR-Handballern wurden früher gemeinsame Kameradschaftsabende gefeiert, offene Binokel-Turniere wurden organsiert und erfreuten sich großer Beliebtheit. Neujahrskegeln in der „Traube“ von Großaspach wurde genauso zur Tradition wie regelmäßige Skiausfahrten nach Bizau im Bregenzer Wald, abwechslungsreiche Wanderungen rund um Balderschwang oder lustige Weihnachtsturniere mit anschließender Feier. Und nicht zu vergessen, der geheime Mix der hoch gelobten Feuerzangenbowle von Charly (Karl Wildermuth) auf dem Weihnachtsmarkt in Rielingshausen. Ein Turnier der besonderen Art bietet seit ungefähr 15 Jahren der sogenannte „Spittel-Cup“ auf dem „Galgen“ in Marbach. Dieser vereint den Sport und die Freiluft-Party für die Volleyballfamilien des TBR als beste und angenehme Unterhaltung.
Charly, der Meister der Feuerzangenbowle (2016)
Anfang der 1990er-Jahre reduzierte sich die Anzahl der aktiven Mannschaften, während im Freizeitbereich großer Andrang herrschte. Schließlich führte zu dieser Zeit der Volleyball-Landesverband Württemberg (VLW) eine Freizeit-Mixed-Runde ein, gespielt mit zwei Damen und vier Herren pro Team (2 + 4), die bis heute seine Attraktivität nicht verloren hat. Die TBR-Formationen kämpften sich im Laufe der Jahre in der Gruppe Nord des VLW von der D-Klasse bis zur A-Klasse nach oben.
Die neunziger Jahre waren auch geprägt von einer Ära Holzwarth. Für Rielingshausen und den TBR ja nicht unüblich. Zunächst erschien 1992 Vorstand Werner Holzwarth auf der Hardtwald-Bühne und erläuterte in eindringlich markigen Worten der verdutzen Damenmannschaft, wie Energiesparmaßnahmen in der neuen Sporthalle mit weniger Strom aussehen müssten. Die darauffolgende Reaktion der Damen war dann weniger einleuchtend. Sie ließen das Licht völlig ausgehen und traten geschlossen aus dem Verein aus. Damit waren erneut Aufbauarbeit und Motivation in der Abteilung notwendig. Drei andere Personen namens Holzwarth nahmen sich der Sache erfolgreich an: Martin übernahm die Abteilungsleitung, Bernd war für den Spielbetrieb zuständig und Rainer trainierte die neu formierten Mixed-Teams.
Die Freizeit-Mixed-Runde ist seit dreißig Jahren ununterbrochen der Wettbewerb, an dem TBR-Volleyballerinen und Volleyballer zumindest mit einem Team teilgenommen haben. Ganz bewusst liegt der Fokus der Abteilung im sogenannten Freizeit-Volleyball. Das hat sich über die Jahre bewährt und bietet trotzdem ambitionierten Sportlern attraktives Volleyballspiel. An qualifizierten Übungsleitern mangelt es im Grunde nicht, so hat beispielsweise Wieland Moos bis zuletzt mit viel Engagement über 15 Jahre erfolgreich als Trainer gewirkt und das Team geformt. Auch junge Nachwuchsspieler haben immer wieder für Belebung in den Formationen gesorgt.
Jugendteam beim Turnier in Steinheim (2005/2006) – hintere Reihe von links: Maurice
Kaufmann, Dustin Dietz, Simon Russ, Alexander Krüger; vordere Reihe: Katharina Stirm,
Tim Wildermuth, Birte Holzwarth, Frauke Holzwarth, Luci Holzwarth und Trainer Wieland Moos
Volleyball beim Turnerbund hat ein stabiles Gerüst und sichert mit einem ansehnlichen Altersquerschnitt einen dauerhaft gelingenden Spielbetrieb. Ein rasanter Leistungsanstieg erfolgte ab der Saison 2015/2016 mit dem Durchmarsch von der D- bis zur A-Klasse. Das Mixed-Team konnte diese Klasse leider nicht halten, dann bremste „Corona“ die motivierte Truppe kurzfristig aus. Aber schon im Mai 2022, ein Jahr vor dem großen TBR-Jubiläum, war wiederum der Aufstieg in die höchste Mixed-Klasse perfekt.
Das Mixed-Team als strahlender Aufsteiger (2022) – hintere Reihe von links: Nadine Bechtle, Simon Waldenmaier, Tim Wildermuth, Florian Schweizer, Tobias Lämmle, Christoph Gülden, Matthias Hörger, Resi Nägele; vorne: Jutta Lämmle
In den vergangenen über 50 Jahren hat sich der Volleyballsport beim TBR zu einem anspruchsvollen Wettkampf- und sehr beliebten Breitensport entwickelt. Darauf kann die Abteilung mit Fug und Recht stolz sein. Mehr als die Hälfte aller TBR-Jahre hat der Volleyballsport dann diesen Verein in Rielingshausen mitgeprägt.
Heute: Tennis vor Ort: Spiel, Satz und Sieg!
Lange bevor Steffi Graf und Boris Becker Mitte der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts in Deutschland wahre Begeisterungsstürme für Tennis entfachten, entdeckten Rielingshäuser Cracks den Sport mit der weißen, später gelben Filzkugel für sich. Natürlich in Abhängigkeit zu den Möglichkeiten das rasante Spiel auch ausüben zu können. Eine Sporthalle dafür gab es in Rielingshausen nicht, also nutzte der TBR sein Gelände rund um Sportplatz und Vereinsheim zusätzlich und zukunftsorientiert für den Bau eines Kleinspielfeldes, auf dem Handball, Volleyball und eben auch auf zwei Feldern Tennis gespielt werden konnte. Zunächst nur hart auf Bitumenuntergrund, später modernisiert und auch erweitert. Im September 1971 wurde die Anlage offiziell eingeweiht und seiner Bestimmung übergeben. Viele TBR-Mitglieder und auch externe Interessierte wollten sofort und am besten zeitgleich den kleinen Ball in freier Natur über das gespannte Netz schlagen. Das erforderte eine Menge an Organisationsaufwand und Abstimmung. Zeit und Anlass genug, eine neue Abteilung im Turnerbund entstehen zu lassen. Noch im selben Monat gründete sich die neue Einheit unter der Leitung von Wolfgang Eisele. Die Aufnahmegebühren wurden damals wie folgt festgelegt: 120 DM für das Einzelmitglied, 180 DM für Ehepaare, 40 DM für Jugendliche (Nichtmitglieder 180/270/100).
Drei Jahre später im Jahre 1974 war statt Spiel auf hartem Asphaltuntergrund nun ein harter Aufschlag auf neuem Untergrund erforderlich. Ein moderner Kunststoffbelag verbesserte die Bedingungen erheblich. Tennis spielen wurde immer beliebter. Die Abteilung Tennis, in jenen Jahren der jüngste Spross der TBR-Familie, hatte damals stattliche 120 Mitglieder. Das entsprach knapp über 25% der Gesamtanzahl an Mitgliedern im Verein. Daher war es nicht verwunderlich, dass parallel bereits zusätzliche Tennisfelder in konkreter Planung waren.
Tennis in Rielingshausen wurde selbst bei Kindern und Jugendlichen immer attraktiver, weswegen 1974 eine Jugendabteilung ins Leben gerufen wurde. Über den Winter konnte in der Tennishalle im benachbarten Erdmannhausen trainiert werden. Die individuellen Leistungen verbesserten sich durch den Einsatz einer Tennis-Ballmaschine, die eine gezielte Förderung der Fähigkeiten ermöglichte. Schon ab Mitte der siebziger Jahre konnten Mannschaften sowohl bei den Herren als auch bei den Damen zu den Verbandsspielen des Württembergischen Tennisbundes (WTB) angemeldet werden. Die Damen spielten sogar in der Kreisklasse I.
Obligatorisch waren die abteilungsinternen Herbstturniere, die jeweils immer ein großes und unterhaltsames Familienfest waren. Spiel und Spaß standen im Vordergrund. Aber auch Pokale galt es sportlich erfolgreich zu erringen. Sogar internationale Tennis-Asse standen in Rielingshausen auf dem Center Court. Im Jahre 1975 gewann bei den Senioren der Spanier Josè Esteban Munnàriz das Turnier vor dem ehemaligen TBR-Vorstand Albert Mattheis und Tennis-Urgestein Erwin Maurer. Warum ist dieses Ereignis besonders erwähnenswert? Senior Munnàriz war seinerzeit katholischer Pfarrer in der Kirchengemeinde St. Michael im Nachbarort Kirchberg. Den Ton seiner Lieder in den sonntäglichen Messen traf er gekonnt, genauso technisch brillant setzte er seine Bälle unter der Woche über das Tennisnetz. Ein Geistlicher als die Nummer eins. Da passt doch der sinnige Spruch eines Boris Becker bestens: „Wenn man schon mal die Nummer eins war, ist es nicht mehr ganz so wichtig, aber ich würde trotzdem gerne mal wieder Höhenluft schnuppern.“ Wenngleich die Aussage mit der Luft im Jahre 2022 aus einem englischen Gefängnis eine neue Dimension erfährt.
Die sportlichen Aktivitäten der Tennisabteilung rund um den gelben kleinen Ball wurden beispielsweise auch durch jährlich stattfindende Orientierungsfahrten ergänzt. Über Jahre zur Tradition geworden, verlangten die abwechslungsreichen Anforderungen dieser Fahrten quer durch die Region den Teilnehmern alles ab. Geschicklichkeit, Flexibilität und Orientierungssinn waren Voraussetzung. Unterwegs galt es, allerlei knifflige Fragestellungen zu lösen. Und ankommen sollte man am Ende auch. Ein Beifahrer verfasste einmal einen Erlebnisbericht dieser nicht nur für ihn aufregenden und anspruchsvollen Veranstaltung „Rallye Monte Rielingshausen“. Nur das Lesen seines „Gebetbuches“ (üblicher Aufschrieb im Rallye-Sport) lässt einen schwindelig werden.
Tennis beim TBR wollte sich im Laufe der Zeit mehr und mehr auf eigene Füße stellen, sowohl sportlich als auch inhaltlich. Das umfasste in starkem Maße das Sportstättenangebot und die Finanzen. Auf Beschluss der TBR-Generalversammlung im Jahre 1978 wurde im Juni 1979 eine Satzungsänderung (§ 7 Mitgliederbeiträge) vollzogen, wonach die Abteilung Tennis berechtigt wurde, separate Abteilungsbeiträge zu erheben. Spezifischer Anlass war die Finanzierung weiterer Tennisfelder auf dem Sportgelände am Hardtwald. Die konkrete und rechtswirksame Umsetzung in den Modalitäten geriet zum Streit zwischen Hauptverein und Abteilung. Die Zeichen standen danach frühzeitig auf Trennung. Die Zweckgemeinschaft hatte ausgespielt.
Durch die Querelen um Finanzen und Entlastung der Funktionäre wurde die Abteilung Tennis erst in der Hauptversammlung im März 1981 offiziell aufgelöst, obwohl sich die Einheit schon ab dem Jahre 1979 oder früher parallel mit einer Eigenständigkeit beschäftigte. Am 31.05.1980 war es dann soweit. Der Rielingshäuser Tennisclub Marbach (RTC) wurde im Gasthaus „Rößle“ gegründet, 24 Gründungsmitglieder riefen einen neuen Verein ins Leben. Gründungsvorstand wurde Erwin Maurer. Bereits im Oktober des Gründungsjahres genehmigte der Ortschafts- und Stadtrat den Bau von Tennisfeldern östlich der Gemeindehalle auf städtischem Gelände. 1982 war dann Baubeginn und im gleichen Jahr die Einweihung von zwei neuen Plätzen. Der Tennisclub entwickelte sich rasant. Fast zeitgleich mit der TBR-Sporthalle am Hardtwald wurde im Jahre 1990 eine neue Tennishalle samt Vereinsheim eingeweiht. Der RTC besteht im Jubiläumsjahr des TBR nunmehr 43 Jahre und hat aktuell zirka 250 Mitglieder, davon zirka 100 Jugendliche. Damit stellt er eine feste Größe im Vereinsleben von Rielingshausen und Marbach dar.
Heute: Karate aus Rielingshausen in aller Welt (Teil 1)
„Hart und weich, Spannung und Entspannung, langsam und schnell, alles in Verbindung mit der richtigen Atmung.“ So lautet eine der goldenen Regeln im Karatesport und mit ähnlichen Eigenschaften gelang es Marcus Kaspar und Klaus Weber, den Karatesport von Ludwigsburg, dort waren die beiden vorher aktiv, 1990 zum TBR nach Rielingshausen zu bringen. Den TBR-Verantwortlichen konnten sie jedenfalls schnell mit der richtigen Atmung und überzeugenden Worten die Gründung einer neuen Sportart im Verein näherbringen. Marcus Kaspar übernahm die Verantwortung als erster Leiter der Abteilung. Rielingshausen wurde zum “Dojo” (jap. Trainingsort) der Stilrichtung „Hayashi-Ha-Shitoryu-Kai“, benannt nach dem Stilgründer Teruo Hayashi (10. Dan) aus Japan. Über seinen Europa-Cheftrainer Seinosuke Mitsuya (9. Dan) und dem Deutschland-Cheftrainer Mimmo Vermiglio (7. Dan) sind die TBR-Karate-Sportler in direkter Linie mit diesem japanischen Großmeister verbunden. Jedes Jahr werden gemeinsam mit Karateka benachbarter Dojos Lehrgänge besucht, um von den Großmeistern dieser Kampfkunst immer weiter zu lernen.
Als 1990 die japanische Kampfkunst der „leeren Hand“ (so heiß Karate übersetzt) ins Dorf nach Rielingshausen einzog, konnte noch keiner wissen, dass genau diese Sportart und ihre Ausübenden in den nächsten Jahrzehnten fast in die ganze Welt auszogen. Internationale Veranstaltungen und Lehrgänge haben schon immer Karateka weltweit verbunden und viele unvergessliche Verbindungen ermöglicht. Die TBR-Einheit reiste mit Abordnungen zum Beispiel nach Schweden, Finnland, Ungarn, Belgien, Spanien, Schweiz, Italien und nicht zuletzt zu den Partnerstädten von Marbach nach L’Isle-Adam in Frankreich und Tongling in China. Auch die Platzierungen und Ergebnisse im internationalen Vergleich konnten sich mehr als sehen lassen. Ausdruck dieser enorm starken Wettbewerbsfähigkeit erreichte 1995 Klaus Weber, als er anlässlich des World Cup zu einem Lehrgang des Nationalkaders nach Frankfurt eingeladen wurde. Trotzdem gilt grundsätzlich beim Karate-Do (Do = Weg) nicht der Sieg über andere als das wichtigste Ziel, sondern der Sieg über sich selbst.
Die Mitgliederzahlen in der Abteilung stiegen über die Jahre stetig, sowohl bei den Erwachsenen als auch bei den Jugendlichen. Karate in Rielingshausen erwarb sich einen sehr guten Ruf in der Region und darüber hinaus. Internationale Karate-Sommercamps erfreuten sich regional großer Beliebtheit und wurden immer mehr nachgefragt. Viele dieser Camps wurden von den umliegenden Vereinen organisiert und durchgeführt, aber auch der TBR war in den Jahren 1999, 2005, 2010 und 2017 bereits viermal Gastgeber und Ausrichter dieser gut besuchten Veranstaltungen. So konnten im heimischen Dojo sogar Gäste aus Venezuela, Kanada, Frankreich und China begrüßt werden.
Internationales Flair in der Sporthalle am Hardtwald (2010) – der Gastgeber gibt den Takt vor und alle ziehen mit einem Fauststoß nach.
Sommercamp beim TBR (2010) – stehend von links: Timo Piesch, Raimund Schleicher, Gabi Lang, Mimmo Vermiglio, Philip Fitzek, Seinosuke Mitsuya, Gerd Esslinger, Klaus Weber, Uli Hähl; kniend: Ruth Stirm, Katrin Scheibner, Gitta Lauterwasser
Im Jahre 2003 nahmen neun Karateka des TBR als Teil der deutschen Mannschaft erfolgreich an der Hayashi-Ha Weltmeisterschaft in Schweden teil. Die verschiedenen Platzierungen der Rielingshäuser fanden international große Beachtung: Unter anderem belegten, aus dem heutigen Trainerteam, Holger Bollinger den dritten und Johannes Enge den zweiten Platz im Kumite (Freikampf) in ihren Gewichtsklassen.
Das erfolgreiche TBR-Team bei den Weltmeisterschaften in Karlstad/Schweden (2003) – hintere Reihe von links: Raimund Schleicher, Gerd Esslinger, Johannes Enge, Uwe Esslinger, Holger Bollinger, Eva Enge; kniend: Sebastian Rikker, Sebastian Enge und Robin Lorenz
Im Jahre 2004 war der TBR gemeinsam mit dem Dojo Großbottwar (dort war inzwischen der Rielingshäuser Marcus Kaspar gelandet) Veranstalter der ersten sogenannten “Jugend-Kampftage”
und begründete damit die spätere Turnierliga des Verbandes in der Stilrichtung „Hayashi“. Zu Anfang noch unregelmäßig, später aber regelmäßig, traten Athleten in den Disziplinen Kata (Formen), Kumite (Freikampf) und Kobudo (Waffen) aller Altersklassen in bis zu vier Turnieren im Jahr gegeneinander an, abgeschlossen durch jährliche Meisterschaften aller Dojos der Stilrichtung in Deutschland. Rielingshäuser Karateka standen und stehen dabei regelmäßig auf dem Siegertreppchen und sind zudem in die Organisation des Ligabetriebs eingebunden oder stellen Kampfrichter zur sicheren Turnierdurchführung (Teil 2 dann nächste Woche).
Heute: Karate aus Rielingshausen in aller Welt (Teil 2)
Im Jahre 2004 verstarb der Stilgründer Teruo Hayashi. Sein engster Schüler führt seither seinen Stil mit den Sportlern aus Rielingshausen gemeinsam weiter. Seither nennt sich die praktizierte Schule „Mitsuya-Kai International“. Ein jährliches Highlight für die TBR-Karateka ist auch immer wieder der internationale „Mitsuya-Kai Lehrgang“ in Palermo, der Heimat des Großmeisters Mitsuya.
Vielschichtiges TBR-Stufenmodell „Palermo 2011“ zur Förderung des Karatesports – von vorne nach hinten, von links nach rechts: Katrin Scheibner, Saskia Scheurer; Timo Piesch, Eva Enge, Gitta Lauterwasser; Johannes Enge mit Julia, Raimund Schleicher, Klaus Weber, Simone Lorenz und Mimmo Vermiglio]
Das 20-jährige Jubiläum des Verbandes fand in Freiberg/N. mit dem „International Mitsuya-Kai-Cup“ statt und war der Jahreshöhepunkt in 2007. Bei diesem international besetzten Turnier waren, wie schon oft, TBRler in der Organisation als Kampfrichter und natürlich als Athleten beteiligt. Für den TBR gewannen Philipp Fitzek und Johannes Enge in ihren Kumite Disziplinen. Klaus Weber siegte grandios in der Disziplin Kata in seinem letzten aktiven Wettbewerb, ein krönender Abschluss seiner beispiellosen Entwicklung und Karriere in dieser asiatischen Kampfkunst.
Klaus Weber mit stilgerechtem Abgang von der Wettkampfbühne in Freiberg/N. (2007)
Die Feier zum 25-jährigen Bestehen der Abteilung Karate im Jahre 2015 stellte in der Sporthalle am Hardtwald interessanten Sport und unterhaltsame Geselligkeit in den Vordergrund – zum Jubiläum quasi ein Querschnitt von Karate beim TBR. Besonders freuten sich die Rielingshäuser Karateka über den Besuch und die Teilnahme von Kampfkunst-Pionier Albrecht Pflüger (8. Dan im Shotokan), mit dem das Dojo Rielingshausen schon über Jahre einen vertrauensvollen und freundschaftlichen Trainingskontakt pflegte. Und natürlich war die Feier auch eine Demonstration des Könnens – zu was alles sind die Kämpfer aus Rielingshausen fähig? Unter anderem zeigten die älteren Schüler, neben traditionellen Formen und Übungsformen (sogenannte „Katas“), auch Kampf- und Waffenübungen. Speziell die Aufführungen mit dem „Bo“ (Langstock) und der „Tonfa“ (Schlagstock mit Quergriff) begeisterten, obwohl es dabei ordentlich zur Sache ging. Vor allem der Kontrolle und Präzision der Kämpfer war es zu verdanken, dass bei den rasanten Übungen niemand zu Schaden kam. Das gelang zum Ausklang des Festabends ebenso gekonnt bei der Verköstigung am Grill. Alle Sportlerinnen/Sportler und Gäste durften sich bei leckeren Speisen und Getränken schadlos halten.
Unterstützt wurde die sehr gelungene Veranstaltung durch die Schwester-Dojo aus dem Nachbarort Kirchberg/M. Überhaupt ist die regional kameradschaftliche Vernetzung mit Marbach, Erdmannhausen und eben Kirchberg ein großes Plus in der Unterstützung und Ergänzung von Aktivitäten, egal ob sportlich oder organisatorisch.
Karate in Rielingshausen bietet nun schon seit 33 Jahren eine bewundernswerte und kreative Vielfalt an Angeboten, regelmäßiges Training und speziell abgestimmte Kurse für Erwachsene (weiblich wie männlich), Jugendliche und Kinder. In waffenloser Selbstverteidigung und mit einem gesunden Selbstbewusstsein wird diese Abteilung auch im Jubiläumsjahr des TBR ihre immense Kampfkunst nicht verlieren und gestärkt die Zukunft bestreiten. Karate aus dem kleinen Stadtteil von Marbach bleibt das internationale Aushängeschild des TBR, mit sportlichen Aktivitäten und Besuchen in aller Welt. Ganz nach der 8. Goldenen Karate-Regel: „Denke nicht, dass Karate nur im Dojo stattfindet.“
Heute: Die ganze Welt ist ein Theater –
dann erst recht beim TBR
Seit Gründung des Turnerbundes im Jahre 1923 wurde regelmäßig und stetig Theater gespielt. In den ersten Jahrzehnten bei den traditionellen Weihnachtsfeiern im „Rößle“, später auf der Bühne der Gemeindehalle in Rielingshausen. Die aktiven Schauspielerinnen und Schauspieler trafen sich damals im sogenannten „Theater-Kränzle“. Das war offiziell aber keine Abteilung, vermutlich weil nicht als Sportart im Verein anerkannt. Trotzdem wurden die Mitwirkenden vom Verein jeweils einmal im Jahr als Dankeschön zu einem gemütlichen Abend eingeladen. Das Essen und zwei Viertele waren frei. Das reichte für ausgiebige Feierlichkeiten bis 2.30 Uhr in der Frühe (so ein Protokollvermerk). Die Theaterleiter und Darsteller wechselten, von 1951 bis 1955 wurde mehrfach Hermann Holzwarth als Verantwortlicher genannt. 1955 hatte sich der einzige Frisör im Ort angeboten, die Laienspieler gratis zu schminken. Der Haarschnitt und die Formgebung nach einem Frisörbesuch waren den Rielingshäuser Kunden wohl bekannt, aber nicht die Künste des Frisörs und TBR-Ehrenmitglieds als Maskenbildner. Ob das Angebot jemand angenommen hatte, ist nicht aktenkundig.
In der Generalversammlung am 18.01.1964 in der „Krone“ hatten sich dann die Bühnenkünste als Bestandteil des Vereins etabliert. Eine Abteilung „Theater“ wurde offiziell gegründet und bestand zumindest bis zum Jahr 1968, danach erfolgte keine Erwähnung mehr. Walter Fickel übernahm die Verantwortung und hatte diese Funktion inne, bis er 1969 Leiter des Wirtschaftsausschusses im Verein wurde. Vermutlich diente diese Theaterzeit als Vorbereitung und Eignungstest für seine künftige Aufgabe. Es ist überliefert, dass er sowohl gekonnt textsicher Theater weiterspielte, als auch in der Leitung des Wirtschaftsausschusses die richtigen Worte zum Wohle des Vereins fand.
Als die TBR-Jahresfeiern in den achtziger Jahren ihre Auszeit nahmen, wurde zumindest auf der Bühne der Gemeindehalle kein Theaterstück mehr gespielt. Eine liebgewonnene Tradition im Verein erlebte ihren Müßiggang. Und diese Wegstrecke nahm immerhin fast 30 Jahre ein.
Am 28.03.2013 erlebte die Abteilung „Theater“ eine Wiedergeburt, sie wurde offiziell neu gegründet. Bereits im Jahre 2012 machte eine Gruppe begeisterungsfähiger Talente mit der Aufführung von Sketchen auf sich aufmerksam und erntete erste Lorbeeren und Motivation für eine Fortsetzung ihrer Schauspielkünste. Initiator und „Theatermacher“ Reinhardt Giebel übernahm sofort die Regie und formte mit seiner Truppe im Lauf der Jahre eine respektable Bühnenleistung. Sehr erfolgreiche Auftritte in ausverkauften Lokalitäten von Rielingshausen und Marbach beweisen das Jahr für Jahr.
Die „Wei’Schtengl“ (2022)
Besonders pikant zeigt sich die Namensgebung der Theaterleute, nennen sie sich doch nach einer alten Spezialität aus dem Heimatort des Vereins. Früher haben „Wei’Schtengl“ als Gebäck zum Wein Rielingshausen erobert (Quelle: Heimatbuch Rielingshausen von 1973, Seite 258 mit Rezept), heutzutage begeistern sie auf der Bühne und finden dabei genau den Geschmack des Publikums.
Der erste öffentliche Auftritt der damals noch kleinen Theater-Crew erfolgte am 27.10.2012 beim Kameradschaftsabend der TBR-Senioren im Vereinsheim – gleich ein voller Erfolg und damit Startschuss für die vielfältigen Veranstaltungen der folgenden Jahre. Die Abteilung organisierte 2015 erfolgreich eine erste Frühlingsnacht, weitere Frühlingsnächte folgten Jahr für Jahr, bis „Corona“ im Jahre 2020 nicht nur für eine Nacht die Bühnenbretter der Gemeindehalle von Rielingshausen belegte.
Nach zwei Jahren Pause konnte im Jahre 2022 endlich „Aber, aber … Herr Pfarrer“ uraufgeführt werden. Eine Posse über einen „falschen“ Pfarrer, der mit seinem eigenwilligen Verhalten und seinen „geistig“ angehauchten Predigten mehr interessierte Kirchenbesucher erreichte als manch „richtiger“ Pastor. Staunend begeistert zeigte sich das Publikum in Rielingshausen über die kurzweilig humorvolle Geschichte und über die herausragenden Schauspielkünste der TBR-Darstellerinnen und Darsteller auf der Bühne. Der obdachlose Berater des Pfaffen glänzte beispielsweise mit promille-getränkten Unbekannten und Variablen aus der höheren Mathematik (sogenannte 3/8-B-Theorie). Kein Wunder, dass die Gemeindehalle viermal fast bis auf den letzten Platz gefüllt war.
Grandioses Spiel im Pfarrhaus – die Künstler übertreffen sich selbst! (2022)
Egal wie die Theaterstücke auch heißen – von „Der taube Michel“ über den „Bankraub mit Rollator“ bis zur „Aaaattacke im Glockenspiel“ – sie haben immer zumindest einen Teilbezug zur direkten regionalen Umgebung. Also jede Menge Lokalkolorit. Das macht die Aufführungen mit ihren Botschaften besonders spannend, interessant und unterhaltsam. Schon vor hundert Jahren beim ersten Theaterstück des Vereins im „Rößle“ muss das so gewesen sein. Damals war der Fingerzeig mit dem verwegen dringlichen Stück „Herr Lehrer, ich muss mal raus!“ mehr erzieherisch ausgelegt.
Anspannung am Stammtisch im „Schwarzen Adler“ (2018)
„Showdown am Stammtisch“ (2018) – Ute Singer und Sigrid Schmiedt beim Kraftsport
„Raus und rauf auf die Bühne“, das könnte sich zum Motto der Theater-Akteure in Rielingshausen entwickeln, nicht nur im Jubiläumsjahr. Mit seiner Theaterabteilung ist der TBR auf dem besten Wege zur kulturellen Hochburg im Ort zu werden.
Lassen Sie sich daher auf keinen Fall den nächsten Höhepunkt der „Wei’Schtengl“ im März 2024 entgehen, wenn der „Ochsen“ den Superstar sucht. Sichern Sie sich Kartenrechtzeitig im Vorverkauf, sonst verpassen Sie die Auswahl des Superstars von Rielingshausen.
Falls noch jemand Zweifel an der Spiellust der Bühnenhelden hat, möge sich an William Shakespeare erinnern: „Und wenn du den Eindruck hast, dass das Leben Theater ist, dann such dir eine Rolle aus, die dir so richtig Spaß macht.“ In diesem Sinne.
Heute: Interview mit der TBR-Zeitzeugin
Anneliese Eisele (geb. 14.05.1942)
seit: 1966 Mitglied in der Abteilung Freizeitsport/Gymnastik
1976 Trainerin Frauengymnastik mit kurzfristigen Unterbrechungen bis heute
1998 Silberne Ehrennadel Turngau Neckar-Enz
2019 Ehrenmitglied TBR
Das Interview führte Matthias Forch am 18.02.2022
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- Anneliese, wie und wann bist Du beim TBR gelandet?
Ich bin im Jahre 1966 wegen und mit meinem Mann Jörg in Rielingshausen angekommen. Sofort habe ich mich nach einem Verein umgeschaut. Wichtige Aspekte für mich waren sportliche Betätigung und natürlich, um Leute in neuer Umgebung kennenzulernen. Das gelang beim TBR dermaßen erfolgreich, dass ich bis heute dabeigeblieben bin. Glückliche Fügung dabei war, dass kurz zuvor Rielingshausen eine neue Sporthalle einweihen konnte und zudem im Verein eine Frauenabteilung gegründet wurde. Das passte bestens, jeden Montagabend war Gymnastik angesagt. Nicht umsonst heißen wir bis heute die „Montags-Gruppe“. Die Beteiligung war einzigartig gut, oft waren wir über 30 bis 40 aktive Frauen. Eleonora Hilt aus Erbstetten war in dieser Zeit unsere kompetente Trainerin.
- Stichwort „Trainerin“: Schon bald hast Du selbst Verantwortung in der Anleitung der Gruppe übernommen. Wie kam das?
Eigentlich liegt das naheliegend in meiner beruflichen Qualifikation begründet. Als ausgebildete Gymnastiklehrerin war ich im Schuldienst zuvor schon in Göppingen tätig, später dann auch in Affalterbach, Rielingshausen und vor allem in Kirchberg. So durfte ich gleich von Anfang an dann aushelfen, wenn die jeweils verantwortliche Trainerin am Montag fehlte. Irgendwann wurde es dann zur Dauereinrichtung. Ich habe das gerne übernommen, es macht mir bis heute Freude und solange die Gesundheit mitspielt, werde ich selbst im Jubiläumsjahr das unentgeltliche Ehrenamt noch ausfüllen. Allerdings ist die Überalterung der Gruppe nicht zu verleugnen.
- 57 Jahre jeden Montagabend Gymnastik. Wird das nicht mit der Zeit mehr als langweilig?
Überhaupt nicht. Die körperlichen Betätigungen und Bewegungen sind wichtig, aber ganz besonders die Disziplin, dieses auch wirklich zu tun. Das beherzigen wir fast jede Woche, außer in den Ferienzeiten. Und zudem gibt es so viele interessante und kurzweilige Erlebnisse in und mit dieser bunten Gemeinschaft, die wir keineswegs missen wollen und dauerhaft in Erinnerung bleiben.
- Was waren oder sind das für zusätzliche Aktivitäten?
Wir haben früher, als es noch Weihnachts- beziehungsweise Jahresfeiern des Vereins gab, jeweils mit eigenen Programmpunkten, sowohl heiter als auch sportlich, aufgewartet. Ähnlich auf den Bühnen der vielen Bürgerfeste. Wir haben regelmäßig die Weiberfastnacht nicht am obligatorischen Donnerstag, sondern am Rosenmontag gefeiert. Manch eine/r wird sich eher nebulös an Girlanden verhangene Festabende im Vereinsheim erinnern. Lustige Feiern, schließlich war ja Montag unser Trainingstag. Darüber hinaus gab es fast regelmäßig einen Jahresausflug, der uns in die nahe und weite Umgebung Süddeutschlands führte.
Die Gymnastik-Frauen erobern per Ausflug das südliche Oberschwaben (2002)
- Aber so richtiger Wettkampfsport waren diese Gymnastikübungen nicht? Oder doch?
Immer Wettkampf und Messung mit sich selbst. Auch das ist förderlich und spornt zur Leistung an. Sichtbare Erfolge mit Jubelschreien sind eher selten, wenngleich ich mich spontan an einen großen Siegestaumel erinnere. Im Rahmen eines Sportfestes Mitte der 1970er-Jahre traten wir Gymnastik-Frauen auf dem Rasenkleinspielfeld gegen eine Auswahl der aktiven TBR-Handballerinnen an und gewannen doch tatsächlich. Noch heute sehe ich die heulenden Handballdamen in ihren Umkleidekabinen sitzen. Kurze Zeit später löste sich der Frauenhandball in Rielingshausen für längere Zeit auf, bestimmt aber aus anderen Gründen. Und im Jahre 1985 spielten wir sogar bei dem sogenannten „Rällingswetz“ Fußball. Auch das konnten wir ansehnlich.
Vielseitige Damenriege – auch Fußball beim „Rällingswetz“ (1985)
- Wie siehst Du aktuell die Aktivitäten und Angebote des Vereins? Ist der Verein für die Zukunft richtig aufgestellt?
Der Verein bietet eine bunte Vielfalt an Möglichkeiten, das gefällt mir gut und wirkt aus meiner Bewertung stabil. Die optionalen Kursangebote, gerade für die Frauen, sind wichtig und werden gut angenommen. Aber sie könnten auch den Zerfall von Gruppen und Vereins-Abteilungen bedeuten, weil immer weniger Wert auf eine Zugehörigkeit und eine ehrenamtliche Beteiligung im klassischen Verein gelegt wird. Lieber begleicht der moderne Mensch von heute 50 € mehr für einen Kurs oder ein kurzfristiges Projekt, als sich für irgendwelche Vereinsarbeiten stetig und auf Dauer zu verpflichten. Die Bewältigung der Zukunftsherausforderungen sind für das Vorstandsgremium nicht leicht. Vorteil dabei ist, die drei verantwortlichen Vorstände vertreten die jüngeren Generationen. Das stimmt mich zuversichtlich. Die verschiedenen Interessenlagen der Gruppen und Abteilungen unter einen „Vereinshut“ zu bringen ist eine Herkulesaufgabe. Irgendwie kocht doch jede Abteilung ihr eigenes Süppchen oder kocht gar nicht mehr. Viele Köche verderben bekanntlich den Brei. Trotzdem bleiben die Geschmäcker verschieden, also muss das Speiseangebot des TBR-Gasthauses vielfältig, hochwertig und geschmackvoll sein. Dann wird es umso mehr Gäste erreichen, um in der Gastronomiesprache zu bleiben.
- Was fehlt dem TBR, um erfolgreicher zu sein?
In meinem fortgeschrittenen Alter ist der Maßstab möglicherweise falsch justiert. Mir scheint, dass der Verein zu wenig Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit einnimmt. Ich lese kaum etwas im hiesigen Mitteilungsblatt, geschweige denn in der Marbacher- oder Ludwigsburger Zeitung. Der Internetauftritt ist wohl ganz ordentlich, ob der Verein in den sozialen Medien vorkommt, kann ich nicht beurteilen. Ein Verein lebt von dem Gefühl der Zusammengehörigkeit und dem aktiven Miteinander und natürlich davon, dass sich die Menschen in dieser Gemeinschaft wohlfühlen. Ein solches Gefühl sollte der Verein auch in Zukunft erzeugen. Mir war die Gemeinschaft seit Jahrzehnten wichtig, ich möchte diese nicht missen.
Die „Montags-Gruppe“ im Zeitensprung von 30 Jahren: Bild 1 (1998) und
Bild 2 (2017) – stehend von links: Ruth Holzwarth, Emma Lauterwasser, Irene Neff, Gertraud Schaupp, Irene Holzwarth, Elfriede Fickel, Edith Schnepple, Lore Fütterling; kniend/sitzend: Doris Binder und Leiterin Anneliese Eisele
Heute: Interview mit der TBR-Zeitzeugen
Wolfgang Binder (geb. 23.04.1938)
seit: 1948 Mitglied in den Abteilungen Turnen und Freizeit
1958 Kinderturnwart und Übungsleiter Kinderturnen (bis 1992)
1971 Turnwart (bis 1990)
1971 Abteilungsleiter Turnen (bis 1990)
1982 Leiter der Sportgruppe „Zweiter Weg“
1990 Goldene Ehrennadel Schwäbischer Turnerbund
1998 Ehrennadel Deutscher Turnerbund
1998 Ehrenmitglied TBR
2023 Ehrenurkunde für Übungsleiter Turngau Neckar-Enz und
Schwäbischer Turnerbund
1971 Gemeinderat Rielingshausen (bis 1972)
1972 Ortschaftsrat Rielingshausen (bis 1994)
Datum: 03.08.2021 – das Interview führte Rainer Holzwarth
Datum: 26.07.2022 – ein weiteres Interview führte Matthias Forch
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- Mit welcher Sportart hattest Du Deinen Start beim Turnerbund und wann genau war das?
Im Alter von zehn Jahren kam ich zum Turnen, weil es mir Spaß machte und es damals nichts anderes gab.
- Welche Personen und Ereignisse waren damals für Dich von Bedeutung und hatten Einfluss auf Deine Entwicklung?
Mein erster Übungsleiter war der noch junge Kinder-Turnwart Günter Trefz. Die meisten Übungseinheiten wurden im Freien auf dem Keltervorplatz absolviert, einige Zeit danach konnte dann unter Emil Gärtig in der Kelter trainiert werden. Der damalige Vorstand Rudolf Maier meinte, dass in mir ein Talent schlummerte, das es zu fördern galt. Fortan besuchte ich mehrere Lehrgänge als Vorturner (heute Übungsleiter) und übernahm dann 34 Jahre lang das Kinderturnen. Mit dem Bau und der Einweihung der Gemeindehalle im Jahr 1964 gab es dann für uns Turner optimale Bedingungen.
Wolfgang Binder mit besten Ergebnissen am Seitpferd – in der A- und B-Note top (1963)
- Was waren für Dich die größten sportlichen Ereignisse und Erfolge?
Seit 1959 war ich bei allen Landesturnfesten dabei. Mit einer dreimaligen aktiven Beteiligung an den Landesturnfesten in Heilbronn (1959, 1989 und 2012) hätte ich 2012 einen Rekord schaffen können. 53 Jahre nach der ersten Teilnahme. Leider kam meine Hüftoperation dazwischen. Ich war zwar dabei, aber nur auf Krücken. Nicht unbedingt das optimale Turngerät. 1968 besuchte ich erstmals das Deutsche Turnfest in Berlin. Zusammen mit den Turnkameraden aus Backnang ging es per Bus über die damalige „Zonengrenze“ in die Hauptstadt. Weitere Besuche von Deutschen Turnfesten folgten wie zum Beispiel in Frankfurt, München, Leipzig oder erneut Berlin (zuletzt 2017). Grundsätzlich waren die Teilnahmen an den TBR-Turnfesten und die überregionalen Begegnungen immer sportliche Höhepunkte. Beim letzten Landesturnfest 2022 in Lahr war ich wieder dabei. Ich konnte in meiner Altersklasse eine Auszeichnung erhalten, darauf kann ich mit meinen inzwischen 84 Jahren stolz sein. Natürlich sind in meiner Kategorie nicht mehr viele Teilnehmer am Start. Solange ich kann, bin ich dabei. Auch beim nächsten Mal.
- Welche Bedeutung hat der Verein für Dich persönlich?
Der Turnerbund war für unsere Familie immer ein gesellschaftlicher Mittelpunkt. Zusammen mit meiner Frau Helga organisierten und besuchten wir viele Kinderturnfeste, auch die jährlichen Kinderweihnachtsfeiern (ab 1964) des Turnerbundes wurden von unserer Familie vorbereitet und durchgeführt. Eigentlich ist jeder in unserer Familie auf unterschiedliche Weise und in verschiedenen Funktionen auf Dauer mit dem Turnsport verbunden. Zusammen mit der TBR-Turnerfamilie feierten wir Mitte der 1960er-Jahre die erste Sonnwendfeier, damals im Sulzbachtal in den Pfarrwiesen. Es wurde zur Tradition in Rielingshausen.
Sohn und Vater Binder: TBR-Ehrenvorstand Marc mit seinem „Turnvater“ Wolfgang beim Turn-Jugendcamp in Rielingshausen (2016)
- Sind bleibende Freundschaften entstanden oder geblieben?
Noch heute haben wir Verbindungen zum Sportkreis Backnang und inzwischen auch nach Ludwigsburg. Seit über 40 Jahren bin ich Leiter des sogenannten „Zweiten Wegs“, einer Sportgruppe von ehemaligen aktiven Mitstreiterinnen und Mitstreitern. Wir treffen uns heute noch regelmäßig jeden Mittwoch in den Räumen der Gemeindehalle zu schonender altersgerechter Gymnastik. In der Ferienzeit organisieren wir Spaziergänge in die Umgebung.
- Wie hat sich das Vereinsleben seit Deiner Jugend bis heute verändert?
Ich habe schon immer viel Wert auf Aktivitäten in der Gemeinschaft gelegt, die in heutiger Zeit etwas zu kurz kommen. Meiner Meinung nach war früher der Zusammenhalt besser, zum Beispiel wurden bei Kinderturnfesten die Kinder von den gastgebenden Vereinen zum Essen mit nach Hause genommen. Zuletzt in Rielingshausen beim Kinderturnfest 1969.
- Welche Bedeutung hat das Ehrenamt für Dich?
Es macht mir einfach Freude, freiwillig ein Amt auszuüben und meine Kenntnisse und Erfahrungen an die jüngere Generation weiterzugeben. Ich würde mir wünschen, dass gerade die jungen Leute sich mehr engagieren, da sie dadurch auch fürs Leben lernen können.
- Was sollte aus Deiner Sicht zukünftig im Verein mehr gefördert werden?
Naheliegend sind die Aktivitäten inzwischen stark abteilungsbezogen und dort auch gut organisiert. Übergreifendes findet allerdings kaum mehr statt. Vermutlich passt es nicht mehr in die Zeit. Die geselligen Angebote haben jedenfalls stark nachgelassen, was ich sehr schade finde. Es sollte auch mehr Angebote für Ältere geben, zum Beispiel ein bunter und locker organisierter Nachmittag.
- Wie schätzt Du die Zukunft des TBR ein?
Die Zukunft hängt von den Angeboten und den handelnden Personen ab. Sollten sich keine ehrenamtlichen Übungsleiter oder Funktionäre mehr finden lassen, muss man sich überlegen, ob der Verein auch mit hauptamtlichen Kräften arbeitet und damit mehr an Überlebensfähigkeit gewinnt. Solche alternativen Modelle sollten die Verantwortlichen zumindest beraten und diskutieren.
- Was würdest Du verändern, wenn du im TBR-Vorstand sitzen würdest?
Informationen für ältere Mitglieder möglichst noch persönlich übermitteln, nicht nur über die modernen Kommunikationsmedien. Eine persönliche Mitteilung im Briefkasten ist für die älteren Mitglieder immer noch eine Wertschätzung. Mir ist aber schon bewusst, dass ein solcher Wunsch nicht einer der aktuellen Hauptsorgen des TBR-Vorstandes ist. Mein Hauptanliegen ist einfach formuliert: Möge die Abteilung Turnen weit über das 100-jährige Jubiläum hinaus auch künftig Bestand haben.
Mit 81 Jahren glänzt Turner Wolfgang mit Bestweiten beim Steinstoßen im Rahmen der Highland Games (2019)
Heute: Interview mit der TBR-Zeitzeugen
Günter Trefz (14.03.1928 – 20.05.2022)
seit: 1938 Mitglied in den Abteilungen Turnen, Handball, Leichtathletik,
Freizeit und Volleyball
1946 Jugendturnwart und Turnwart über viele Jahre
1957 Technischer Leiter (bis 1964)
1960 Schriftführer (bis 1961)
1965 Beirat (bis 1971)
1968 Kassenrevisor (bis 1976)
1988 Ehrenmitglied
1976 1. Vorsitzender (OSM) Schützenverein Rielingshausen (bis 1992)
1963 Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Rielingshausen
(bis 1978), Ehrenkommandant
1988 Träger der Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg
Datum: 21.11.2021 – das Interview führten Roland Stickel und Harald Orthwein sechs Monate vor dem Tod von Günter Trefz. Das Jubiläumsjahr zu erleben, war ihm nicht vergönnt.
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- Günter, wann bist Du dem TBR beigetreten?
Im Jahr 1938 bin ich zum Turnerbund durch meine älteren Brüder Werner, Helmut und Gerhard gekommen, zuerst war ich in der Turnabteilung. Auf dem Bild zum 15-jährigen Jubiläum des Vereins, ein riesiges Turnfest auf dem Sportplatz, bin ich schon abgebildet.
Die Gebrüder Trefz 1931 – außer Günter alle im Zweiten Weltkrieg gefallen
- Was sind Deine ersten Erinnerungen an den Turnerbund?
Als kleiner Jüngling ist mir irgendwie im Gedächtnis geblieben, wie der „Eisenbahner“ nach Rielingshausen kam, der ausrangierte Waggon als erste Umkleidemöglichkeit für die Sportler. Er wurde mit einem LKW durch den Ort zum Sportplatz gebracht. Möglicherweise deshalb in Erinnerung, weil die Eisenbahn ausnahmsweise mal auf der Straße fuhr.
- In der Kelter brachten Karbidlampen Licht in den dunklen Trainingsraum. Wie konnte eine notwendige Stromversorgung hergestellt werden?
Kuriose Geschichte: Durch Rielingshausen führte ein Telefonkabel der Amerikaner, welches abgeschnitten wurde. Bis die merkten, dass die Verbindung unterbrochen war, lag das Kabel längst in einem Rielinghäuser Keller gut versteckt. Sie durchsuchten zwar Rielingshausen, doch die Kabel fanden sie nie. Quasi ein unbeabsichtigtes Hilfspaket der Amerikaner nach dem Zweiten Weltkrieg für den Verein. Als dann etwas Gras über die Sache gewachsen war, wurde das Kabel von der ehemaligen Gärtnerei Wahl zur Kelter fachmännisch verlegt. Nun konnte auch am Abend richtig mit Licht trainiert werden.
- Welche Sportarten hast Du eigentlich betrieben?
An erter Stelle stand natürlich Handball. Besonderes mit Kurt und Martin Holzwarth sowie dem Sammet (Hermann) war ich eng verbunden. Der größte Förderer des Handballs in Rielingshausen war Werner Holzwarth. Und irgendwann standen sich Handball und Turnen leider fast unversöhnlich gegenüber.
- Wie hast Du dich damals verhalten?
Eigentlich war ich gegen den Sturz von Rudolf Maier als damaligen Vorsitzenden. Ich meinte: „Das könnt ihr nicht machen!“ Es kam aber 1960 zur Abwahl von Rudolf, Hans Wahl übernahm übergangsweise den Vorsitz, ein Jahr später wurde Werner Holzwarth als neuer Vorstand gewählt. Die Handballfraktion hatte sich durchgesetzt, vielleicht aber auch war die Erwartungshaltung der Mitglieder maßgebend, jetzt einem jüngeren Kandidaten die Verantwortung zuzutrauen.
- Du warst ja auch ein Mitbegründer der Leichtathletikabteilung innerhalb des TBR. Auch beim Freizeitsport warst Du aktiv. Wie kam es dazu?
Die Ursprünge der Abteilung Leichtathletik lagen eigentlich schon in den Kriegsjahren. Der Lehrer Wilhelm Schupp hat diese Disziplinen in Rielingshausen eingeführt. Der Sportunterricht fand auf dem Sportplatz statt. Wir übten schon damals den Mehrkampf. Neben Laufen gehörten auch technische Disziplinen wie Kugelstoßen und Diskuswerfen zum Unterricht. Anfang der 1960er-Jahre waren Martin Holzwarth und ich verstärkt Treiber in den Disziplinen der Leichtathletik. Es gab regelmäßig Vereinsmeisterschaften und Vergleichswettkämpfe mit dem TV Marbach. Zusammen mit Martin und Gerhard Holzwarth waren wir zudem im sogenannten „Turnen für Jedermann“, dem Freizeitsportangebot beim TBR, aktiv.
Günter Trefz und Hans Wahl ganz apart in Turn-Röckchen (1955)
- Welche Disziplinen als Leichtathlet hast Du bevorzugt?
Eigentlich mochte ich alles, aber eine Disziplin lag mir besonders gut. Dies war der Stabhochsprung. Hier ist im Besonderen Schnelligkeit im Anlauf und Geschicklichkeit beim Überqueren der Latte gefordert. Gesprungen wurde damals noch mit einen Bambusstab. Das hat richtig Spaß gemacht. Und das konnte auch nicht jeder.
Stabhochspringer Günter auf dem Sportplatz in Rielingshausen
- Welchen Stellenwert hatte der TBR nach Deiner Sicht in Rielingshausen?
Rielingshausen war und ist eine sehr ländliche Gemeinde. Der Großteil der Bevölkerung arbeitete in der Landwirtschaft. Die Bauern waren vom Sport nicht so begeistert, sie meinten, man sollte lieber auf dem Acker schaffen anstatt Sport zu treiben. Aber Arbeit und Sport schließen sich nicht aus. Ganz im Gegenteil.
- Du warst bekanntlich nicht nur beim TBR aktiv? Was waren Deine
weiteren Felder in der nicht sportbegeisterten ländlichen Gegend?
Viele Jahre war ich Kommandant der örtlichen Feuerwehr. In dieser Zeit wurde unter anderem das Gerätehaus gebaut. An die großen Jubiläen 100 Jahre und 110 Jahre erinnere ich mich sehr gerne. Der TBR darf ja ebenso bald auf seine 100 Jahre stolz sein. Dann war ich über viele Jahre erster Vorsitzender des hiesigen Schützenvereins. Über die vielen Jahre und Jahrzehnte an Aufgaben genug. Die aktiven Zeiten sind lange vorbei. Jetzt ist eher die Möglichkeit gegeben, auf die schönen Jahre von früher zurückzublicken.
Heute: Interview mit der TBR-Zeitzeugen
Hans Wahl (03.04.1929 – 16.04.2022)
seit: 1943 Mitglied in den Abteilungen Turnen, Handball und Freizeit
1945 Turnwart (aushilfsweise am Kriegsende)
1955 Pressewart und Schriftführer (bis 1958)
1960 1. Vorstand TBR (bis 1961)
1961 Schriftführer (bis 1972), 14 Jahre Kassier
1989 Ehrenmitglied
1965 Ortschaftsrat in Rielingshausen (bis 1994)
1972 Stadtrat in Marbach (bis 1994)
1972 Ortsvorsteher im Stadtteil Rielingshausen (bis 1994)
1989 Träger Bundesverdienstkreuz am Bande
1994 Bürgermedaille der Stadt Marbach/N.
Datum: 03.08.2021 – das Interview führte Matthias Forch acht Monate vor dem Tod von Hans Wahl. Das Jubiläumsjahr zu erleben, war ihm nicht vergönnt, genauso wenig wie das seltene Fest der Gnadenhochzeit im Jahre 2022 (siehe auch Fragen 1 und 5).
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- Hans, Du bist im Jubiläumsjahr dann 80 Jahre Mitglied im Turnerbund – was waren für Dich die Höhepunkte im Vereinsleben?
Es waren immer die Begegnungen mit den Kameraden, es war die Möglichkeit, schon früh einen Sport auszuüben und Spaß daran zu haben. Selbst wenn wir oft keine besonderen Erfolge auf Wettbewerbsebene erzielen konnten – eine Goldmedaille habe ich nicht gewonnen – so war der Ehrgeiz im Wettkampf immer vorhanden. Er hat uns angetrieben noch mehr zu üben, um uns dadurch zu verbessern. Und der Zusammenhalt im Verein war in den Anfangsjahren riesig groß, trotz unterschiedlicher Interessen der einzelnen Abteilungen. Sonst wären die vielen freiwilligen Arbeitsstunden zur Errichtung von notwendigen Sportstätten im Lauf der Jahrzehnte nicht möglich geworden. Eine überragende Leistung der Gemeinschaft. Für mich auch prägend als junger Turner und Handballer.
- Du warst als 14-jähriger Jüngling schon im Verein. Was waren eigentlich Deine ersten Aktivitäten im Turnerbund?
Unsere möglichen Betätigungsfelder waren der Sportplatz mit dem legendären „Eisenbahner-Waggon“ als Umkleideraum und die Kelter. Wir bewegten uns dort bei den Sportstunden in einer Art Turnhalle, die in die Kelter integriert war. Die Beleuchtung in diesem Raum bestand zu Anfang nur aus einer Karbidlampe. Unmittelbar nach Kriegsende haben wir dann bei der amerikanischen Armee Telefonkabel geklaut und damit von meinem Elternhaus zur Kelter eine Lichtleitung gelegt. Derjenige, der zuerst zur Sportstunde ging, musste bei der Familie Wahl das Lichtkabel einstecken lassen.
Geräteturnen auf dem Keltervorplatz – akrobatisch schön (1949)
- An was im Vereinsleben erinnerst Du Dich heute noch gerne?
Die Antwort fällt mir leicht. Es waren die Weihnachtsfeiern im Gasthaus „Rößle“. Es war zwar die Zeit vor Weihnachten, aber eigentlich waren es, unabhängig der vorweihnachtlichen Stimmung, richtig fröhliche Vereinsfeste. Es wurde geturnt, es wurde Theater gespielt, es wurde gesungen und musiziert. Und danach „geschwoft“, oft bis zum Morgengrauen. Es war beste Unterhaltung für alle, die dabei waren. Wir freuten uns schon immer auf das nächste Jahr.
In der Rückbesinnung fallen einem natürlich auch die Sommerfeste auf dem Sportplatz ein, später dann die Bürgerfeste. Überhaupt sind die Zusammenkünfte mit Gleichgesinnten immer eine Freude gewesen. Und für einen Verein mit unterschiedlichen Abteilungen geradezu überlebenswichtig. Wo sonst soll man denn als Mitglied einer Abteilung mit Mitgliedern einer anderen Abteilung zusammenkommen? Bei der Sportausübung selbst naheliegend weniger. Der Handballer turnt meistens nicht und der Turner spielt nicht Handball. Obwohl in den Anfangszeiten des Vereins in den 1930er-Jahren die strenge Voraussetzung galt: Nur wer auch turnt, darf auch Handball spielen. Heute unvorstellbar.
Hans Wahl mit seinem Schwager Günther Trefz am Barren beim Sportfest (1953)
- Fehlen dem Verein heute solche Treffen, solche gemeinsame Feste?
Als Senior im hohen Alter kann ich das nicht so richtig beantworten. Seniorenfeiern sind in den letzten Jahren sicher rar geworden. Als Albert Baust unser Kulturwart im Verein war, wurde gerade für die Älteren einiges geboten. Die wieder neu gegründete Theatergruppe bietet Schauspielabende. Ich habe gehört, das kommt sehr gut an. Jede Aufführung sei ausverkauft. Vielleicht sollte man abteilungsübergreifend mehr an Initiativen entwickeln. In welchem Format möge die jüngere Generation entscheiden. Muss ja keine Weihnachtsfeier sein.
Gebrüder Hans und Werner Wahl – Rock oder Höschen? (1955)
- Deine Frau Marianne war beim Turnen aktiv. Habt Ihr Euch im Verein kennengelernt, quasi eine TBR-Ehe?
Nicht wirklich. Wir haben uns auch außerhalb des Vereinsgeschehens schon gekannt. Aber natürlich gab es zudem viele Begegnungen im Verein. Schon früh nach dem Kriegsende gründete der TBR eine Damenabteilung. Meine Frau Marianne war von Anfang an dabei. Käthe Laber leitete damals von 1948 bis 1951 die Turn- und Gymnastikübungen der Frauen und Mädchen überaus kompetent. Das zeigen Bilder der sportlich anspruchsvollen und ideenreichen Vorführungen bei den Sportfesten mehrfach. Und zudem trat die Damenriege in attraktiv kurzen Höschen auf. Die Rielingshäuser Bauern staunten beim Anblick nicht schlecht, aber nicht nur die. 1952 haben Marianne und ich dann geheiratet. Wenn die Gesundheit mitspielt, begehen wir im Jahre 1922 zusammen die sogenannte „Gnadenhochzeit“. Mit dem TBR bin ich im Jubiläumsjahr 1923 dann 80 Jahre „verheiratet“. Die Zeit vergeht!
- Kritische Stimmen außerhalb und innerhalb des Vereins beschreiben den TBR als „Bauverein“ und weniger als „Sportverein“. Ist da was dran?
Das ist eine völlig verkehrte Sicht und Bewertung. Natürlich wurde viel gebaut und „gewerkelt“. Oft bis an die Grenzen der Belastbarkeit vieler Mitglieder. Die Bereitschaft zur Mithilfe und Unterstützung ließ allerdings mit der Zeit nach oder sorgte bei manchem sogar für Unmut. Aber ohne Gemeindehalle, Sportplatz, Vereinsheim, Spielfelder und Sporthalle wäre eine Ausübung von Sport in einem kleinen Dorf wie Rielingshausen auf Dauer illusorisch geworden. Den Sporthallenbau am Hardtwald 1989/1990, eine Herkulesaufgabe für den Verein, sah ich in vielen Punkten überaus kritisch, damals war ich zudem als Ortsvorsteher in der Verantwortung. Im Nachhinein muss ich eingestehen, es war die richtige Entscheidung von unserem „Macher“ Werner Holzwarth. Die Stadt Marbach hätte uns keine Halle gebaut, also bauten wir sie selber. Natürlich auch ein finanzieller Kraftakt für den Verein. Aber der wurde ebenso gemeistert.
- Gab es eigentlich sportliche und organisatorische Probleme im Verein?
Du warst ja immer nah dran, ein Jahr sogar als 1. Vorstand des TBR.
Ohne Zweifel, die gab es. Vermutlich auch heute noch, aber eben andere. Der TBR begann mit Turnen, später kamen andere Sportarten dazu und damit begannen die Rivalitäten in sportlicher Hinsicht, dadurch folgend auch interessengesteuert organisatorisch. Rudolf Maier als langjähriger Vorstand stand für Turnen, Werner Holzwarth später für Handball. Doch auch andere Sportarten wollten zu ihren Rechten kommen. Oft sehr schwierig, die Gemeinsamkeiten als Wert hoch zu halten. Das war und ist die hohe Kunst der Vereinsführung. Nicht immer gelang das vorbildlich oder gar ohne Reibungen. Ganz im Gegenteil. Abteilungen wie Tischtennis und Tennis verließen den TBR und machten sich selbstständig.
Wichtig bei aller Unterschiedlichkeit ist auch die rechtzeitige Übergabe an Verantwortung in jüngere Hände. Nur so stellen wir Inhalte und Strukturen auf den Prüfstand und eine Zukunftsfähigkeit unter Beweis. Das eine Jahr meiner Vorstandschaft war der eingeleitete Übergang von alt auf jung. Das war richtig so. Und der TBR hat im Laufe seiner Jahre diese Anforderung sehr gut bewältigt. Dafür steht der aktuelle und „junge“ Vorstand des Vereins. Ich habe daher keine Sorge, dass der Verein auch über das hundertjährige Jubiläum hinaus bestehen wird.
- Stell Dir vor, Du bist Teil im aktuellen TBR-Vorstands-Gremium. Welche Hinweise und Ratschläge würdest Du formulieren und einbringen?
Keine! Das wäre völlig vermessen und ungebührend. Natürlich ist man von den Erfahrungen und Eindrücken der Vergangenheit geprägt. Die können auch helfen, müssen es aber nicht. Man kann möglicherweise mit Einschätzungen und daraus abgeleiteten Maßnahmen in heutiger Zeit total daneben liegen. In meinem Alter bin ich nicht mehr aktiver Teil des Vereins, ich bin langjähriges Mitglied des Vereins – und dieses gerne – aber gestalte nicht mehr mit. Das dürfen andere tun, und sie tun es besser.
Heute: Interview mit dem TBR-Zeitzeugen
Gerhard Schaupp (18.05.1942 – 25.03.2022)
seit: 1958 Mitglied in den Abteilungen Tischtennis und Handball
1964 Trainertätigkeiten im Handball bei den Aktiven und
insbesondere in der Jugendarbeit (bis 2016)
Koordinator Kooperation Schule/Verein
1998 Treuenadel des Handballverbandes Württemberg (HVW)
2002 Hausmeister Sporthalle am Hardtwald (bis 2017)
2003 Ehrenmitglied TBR
Datum: 20.01.2022 – das Interview führte Matthias Forch zwei Monate vor Gerhard Schaupps Tod. Das Jubiläumsjahr zu erleben, war ihm nicht vergönnt (siehe auch Frage 3)
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- Als 16-jähriger Jüngling hast Du Dich dem TBR angeschlossen. Was waren Deine ersten Schritte im Verein?
Als Jugendlicher war der Drang nach Freiheit und Bewegung groß. Egal in welche Richtung. Meine ersten Aktivitäten waren aber gar nicht beim TBR, sondern beim Rad- und Kraftfahrerverein, der damals in Rielingshausen sehr populär war. Als sogenannte „Reigen-Fahrer“ versuchten wir uns an Übungen mit dem Kunstrad, entweder in der Kelter oder auf der Straße. Das Interesse hielt aber nicht lange an. Eberhard Wildermuth animierte uns Jugendliche zum Tischtennisspiel. Auch mich. Wir trainierten an einer einzigen Platte im Festsaal (Obergeschoss) des Gasthauses „Sonne“. Heutzutage unvorstellbar und abenteuerlich. Aber schon kurz danach begann ich mit dem Handballspiel. Eine erste jugendliche Formation, neben den Aktiven, bildete sich Ende der 1950er-Jahre und diese nahm auch gelegentlich am Spielbetrieb teil. Beim Handball blieb ich dann auch, eigentlich ein ganzes Leben lang. Jahrzehntelang entweder als aktiver Spieler oder Trainer, zuletzt nur noch als Zuschauer.
Gerhard mit verwegen trockenem Wurf in den „Sumpfwiesen“ beim 40-jährigen TBR-Jubiläum (1963)
- Schon mit 22 Jahren hast Du mit der Trainerarbeit begonnen. Was waren für Dich die Beweggründe sich auf diesem Feld zu engagieren?
Anfang der 1960er-Jahre begann so richtig die Ära der Gebrüder Siegfried und Werner Holzwarth, die für neue Aufbruchstimmung im Handball innerhalb des Vereins sorgten. Auch was die Qualifikation in der Jugendarbeit anbelangte. Ich habe mich damals für die Übungsleiterausbildung entschieden, sofort gleich begonnen und praktiziert. Das habe ich auch nie bereut. Ganz im Gegenteil, die Trainingsstunden machten Spaß und viel Freude. 1977 konnte ich erfolgreich die Trainer-B-Lizenz im Deutschen Handball-Bund ablegen (zweithöchste Trainer-Lizenz) und trainierte daraufhin auch einige Jahre aktive Mannschaften außerhalb des heimischen TBR. Gleichwohl wertvolle und wichtige Erfahrungen. Meine Lieblingsbeschäftigung auf Dauer, und dies bis ins hohe Alter, blieb die Zusammenarbeit mit jungen lernwilligen Kindern und Heranwachsenden. In dieser Altersgruppe wird Handballspiel tatsächlich spielerisch gelebt, ohne Zwang und mit viel Begeisterung ausgeübt. Diese Entwicklung zu begleiten war mir immer ein sehr großes Anliegen.
- Gerhard, Du bist im Jubiläumsjahr dann über 65 Jahre Mitglied im Turnerbund. An was im Vereinsleben erinnerst Du Dich heute noch gerne?
Natürlich an die sportlichen Höhepunkte unserer Mannschaft im Großfeld. Feldhandball habe ich gerne gespielt. Wir schafften Mitte der 1960er-Jahre den Durchmarsch von der Kreisklasse 3 bis 1. Im Jahre 1969 waren wir Meister der Kreisklasse 1 und gleichzeitig Kreispokalsieger. Unser Aufstiegsspiel in Brenz bei Heidenheim war Spannung pur und voller Dramatik. Bei Halbzeit noch klar vorne, hatten wir am Schluss mit einem Tor das Nachsehen. Bitter für uns, weil wir eine riesige Chance endlich mal auf Verbandsebene zu spielen, vertan hatten.
Meister in der Kreisklasse 2 (1965) – stehend von links: Werner Gall, Kurt Sperlich, Waldemar Ruff, Walter Laitenberger, Großfeldkönig Gerhard Schaupp, Kurt Gall, Paul Mix; kniend: Rolf Holzwarth, Werner Holzwarth, Horst Wildermuth, Eberhard Holzwarth, Werner Schmiedt, Walter Fickel, Dieter Gall
In Erinnerung bleiben zweifelslos die jahrzehntelange Kameradschaft mit dieser tollen Truppe, zuletzt bei den vielen Hütten-Ausflügen der „Alten Herren“, die jährlichen Himmelfahrtswanderungen, die ich oft organisiert habe, die TBR-Jubiläen, die Bürgerfeste, die Sportfeste, meine Trainerstationen und nicht zuletzt die Jahresfeiern insbesondere im stets überfüllten Saal des Gasthauses „Rößle“. Sagenumwobene Veranstaltungen der besonderen Art mit viel Theater, Musik, Sport und Feierlaune.
- Der Saal im „Rößle“ ist ja für den Verein geschichtsträchtig, fand doch dort am 28. Januar 1923 die Gründung des TBR statt.
Auch für mich ist der Ort Teil meiner persönlichen Geschichte. Als meine Mutter, mein Bruder Karl und ich in Rielingshausen gelandet sind, waren wir für etwa drei Jahre ab 1951 im Dachgeschoss des Gebäudes der Hauptstr. 48, also dem „Rößle“, untergebracht. Eine kleine, primitive und ungemütliche Behausung, aber eben erschwinglich für die alleinerziehende Witwe mit zwei Söhnen. Die Dachabdeckung war mehr als lückenhaft, zumindest was die Tauglichkeit für einen sicheren Schutz von oben für die Zimmer anbelangte. Ich brauchte am Abend keine Nachttischlampe, der Mond schien durch die Ritzen der Dachziegel hell genug. Genauso war möglich, dass bei Schnee und entsprechendem Wind Schneeflocken auf meiner Bettdecke sich niederließen. Klingt wie im Märchen, aber wahr.
- Deine unermüdliche Tätigkeit für den Verein war im Grunde nur einmal richtig unterbrochen. Der Anlass war schwerwiegend, trotzdem hast Du die Kraft und die Motivation für einen Neubeginn aufgebracht. Wie war das möglich?
Der Schock, sich mit 48 Jahren einer schwerwiegenden Operation zu unterziehen und nicht zu wissen, wie der Körper so etwas verkraftet, war schon groß. Aber Hoffnung und Zuversicht waren nie verloren, was bleibt einem auch anderes übrig. Der operative Eingriff war gut gelungen und die Veränderungen im Hinblick auf Ernährung und Verhalten schnell verinnerlicht. Mein fester Wille war, möglichst so weitermachen, wie es zuvor war. Privat, beruflich wie genauso in der Freizeit. Nach einer Pause von lediglich zwei Jahren begann ich wieder mit der Trainertätigkeit im Jugendbereich beim TBR bzw. dann schon bei der HSG. Das funktionierte alles sehr gut, damit war ich zufrieden. Der Verein hoffentlich ebenso. Jugendtrainer war ich fast weitere zwanzig Jahre. Bei der Kooperation Schule/Verein habe ich zusätzlich mitgewirkt. Und damit einem im hohen Lebensalter nicht langweilig wird, spielte ich bis vor wenigen Jahren noch „Mädchen für alles“ im Verein, sprich Hausmeister für die Sportanlagen am Hardtwald. Alles hat seine Zeit, und alles an Aktivitäten habe ich mit Freude und Einsatz für den Verein ausgeführt. Jetzt schaue ich lieber altersmilde dem Vereinsgeschehen zu.
Der Trainer mit seiner Vorzeige-B-Jugend (2000) – stehend von links: Christoph Magg, Till Fernow, Daniel Rappoldt, Paul Bärenstecher, Stefan Holzwarth, „Schleifer“ Gerhard Schaupp; kniend: Sebastian Forch, Benjamin Kühn, Steffen Pfannkuch, Johannes Räder, Peter Sondermeyer
- Hat so ein altersmildes „TBR-Urgestein“ Ratschläge an die heutigen Verantwortlichen im Verein?
Jeder Ratschlag könnte als Besserwisserei ausgelegt werden. Die Zeiten, in denen ich meine Erfahrungen sammeln konnte, waren völlig andere. Grundsätzlich bin ich vom Ehrgeiz geprägt, bei den Vereinsoberen habe ich ab und an den absoluten Willen zum Erfolg im sportlichen Wettbewerb vermisst. Zugegebenermaßen in einem kleinen Verein wie dem TBR oder der HSG schwer abzuwägen, ob die Angebote des Vereins sich auf Freizeitangebote beschränken sollten oder ob mehr ein Leistungssport angestrebt wird. Auf Sicht sind unsere ohne Zweifel vorhandenen Talente nur zu halten, wenn wir sportlich ehrgeizige und ambitionierte Ziele verfolgen. All diese Zukunftsfragen werden von den TBR-Vorständen und Abteilungsleitern bestens beantwortet werden. In diese Personen, zumal die meisten jung an Jahren, habe ich mein volles Vertrauen. Sie werden es richten.
Mit diesem Zeitzeugen-Interview endet die einjährige Berichterstattung im Mitteilungsblatt zum 100-jährigen TBR-Jubiläum. Jede Woche war ein Ausschnitt aus der Festschrift den Interessierten mit Bildern und Geschichten angeboten. Wer nicht alles betrachten und lesen konnte oder eher ein gesammeltes Werk bevorzugt, dem sei die einzigartige Festschrift „100 Jahre TBR“ empfohlen. Exemplare sind im Rathaus erhältlich oder bei Harald Orthwein (h-orthwein@t-online.de). Sichern Sie sich dieses Dokument der Zeitgeschichte des größten Vereins im Ort, der zum Ende des Kalenderjahres 2023 die 700er-Marke an Mitgliedern rasant übersprungen hat.